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Wie kann ein individuelles Beschäftigungsverbot zur Reduzierung der Arbeitszeit bei zwei Arbeitgebern umgesetzt werden?

KomNet Dialog 9174

Stand: 20.05.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Ich arbeite auf zwei halben Stellen bei zwei verschiedenen Arbeitgebern. Meine Frauenärztin hat mir eine Reduzierung meiner Arbeitszeit im Rahmen eines partiellen individuellen Beschäftigungsverbotes ans Herz gelegt. Nun meine Frage: Wie würde das partielle individuelle Beschäftigungsverbot bei beiden Stellen umgesetzt? Würde sich meine wöchentliche Arbeitszeit pro Arbeitgeber um 10 Stunden reduzieren, wenn ich nur noch 20 Stunden pro Woche arbeiten darf?

Antwort:

Ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot richtet sich stets an den Arbeitgeber als Verantwortlichen für dessen Einhaltung. Dies gilt auch für ein von der Frauenärztin ausgesprochenes ärztliches Beschäftigungsverbot.


Für ein ärztlichesBeschäftigungsverbot gemäß § 16 Mutterschutzgesetz (MuSchG) sind folgende Voraussetzungen zu beachten:


1. Fortdauer der Beschäftigung ist für Mutter und/oder Kind gesundheitsgefährdend (die konkreten Arbeitsbedingungen oder der Arbeitsplatz an sich hingegen nicht)

2. Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse der Schwangeren, z. B. Konstitution, Gesundheitszustand etc.

3. Krankhafte Schwangerschaftsverläufe fallen grundsätzlich nicht hierunter.

Vielmehr handelt es sich um „gesunde“ Schwangere mit besonders ausgeprägten Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit, Rückenschmerzen etc. (ebenso bei Risikoschwangerschaft, Neigung zur Fehlgeburt, drohender Eklampsie u. Ä.)

Das ärztliche Zeugnis muss klar abgefasst sein und die entsprechende Rechtsgrundlage (§ 16 Abs. 1 MuSchG) berücksichtigen.

Die Art, der Umfang und die Dauer des Beschäftigungsverbots müssen dabei klar formuliert sein.


A. Umfang des individuellen Beschäftigungsverbots

Es besteht die Möglichkeit, ein totales (jede Tätigkeit ist untersagt bis zum Eintritt der gesetzlichen Schutzfristen) oder ein partielles (nur bestimmte Tätigkeiten oder Zeiten) Beschäftigungsverbot zu attestieren. Beispiele für ein partielles Beschäftigungsverbot sind: Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 4 Stunden oder Begrenzung der Arbeit auf ausschließlich sitzende Tätigkeit.


B. Die Art der Gefährdung muss möglichst genau und verständlich beschrieben werden, z. B.: die Schwangere reagiert überempfindlich auf bestimmte Gerüche. Oder es besteht eine Gefährdung durch psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Es dürfen keine Angaben zum Gesundheitszustand oder Verlauf der Schwangerschaft gemacht werden. Patientenbezogene medizinische Daten (z. B. Impfstatus oder Immunitätslücken) und sogar Diagnosen dürfen nicht an den Arbeitgeber weitergegeben werden.


C. Die Dauer des individuellen Beschäftigungsverbots muss deutlich definiert werden, z.B. "ab sofort bis zur 35. SSW" oder "bis zum Eintreten der gesetzlichen Schutzfristen".


Die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt ist hier gefordert eine Prognose darüber abzugeben, ob eine gesundheitliche Gefährdung für die Mutter und/oder das Kind bei Fortdauer der Beschäftigung eintreten könnte. Dabei muss ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (Gefahr) bestehen. Es ist dringend anzuraten, sich bei der Entscheidungsfindung nicht nur auf die Anamnese (krankheitliche Vorgeschichte) und den Untersuchungsbefund zu stützen, sondern die für den Betrieb zuständige Betriebsärztin/den zuständigen Betriebsarzt zu konsultieren!


In Ihrem Fall, mit mehreren Arbeitgebern, muss das individuelle Beschäftigungsverbot von der Frauenärztin so abgefasst sein, dass jeder Arbeitgeber über Art, Umfang und Dauer des individuellen Beschäftigungsverbots zweifelsfrei informiert ist. Bereits bei dessen Abfassen ist Ihre Tätigkeit an zwei Teilzeitstellen von der Frauenärztin zu berücksichtigen. Dies gilt auch im Hinblick auf eine für erforderlich gehaltene Reduzierung der täglichen Arbeitszeit (partielles individuelles Beschäftigungsverbot).