Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Was ist bei einer werdenden Mutter bei Tätigkeiten in der ambulanten Pflege zu beachten?

KomNet Dialog 1224

Stand: 04.02.2024

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

Favorit

Frage:

Ich arbeite Vollzeit im Bereich der ambulanten Krankenpflege (kleinerer Betrieb) und bin in der 13. SSW. Meine Frage ist nun, wie mein Arbeitsplatz auszusehen hätte, da es mir teilweise noch nicht einmal möglich ist, auf die Toilette zu gehen. Von einer Pausenregelung ist bisher auch noch nie die Rede gewesen. Noch sehe ich hierbei keine grösseren Probleme. - Aber da ich jeden Tag viel am Steuer sitze, frage ich mich natürlich schon, wie lange mir das noch möglich sein wird, vorallem deswegen, weil kein Mensch mich vertreten könnte im Falle eines Notfalls. - Was mache ich, wenn ein Patient gestürzt ist, - ich kann ihm doch nicht akurat helfen bzw. ihm aufhelfen. Frage hierbei: Wer stellt ein Beschäftigungsverbot aus? Kann dies nur der Arzt, oder auch der Arbeitgeber? Und was muss geschehen, dass ein solches ausgestellt werden kann/darf? Muss man erst richtig krank werden oder muss etwas schlimmes passiert sein? Gilt ein Beförderungsverbot nur für Taxifahrer,Busfahrer etc.? Bis zum wievielten Monat darf ich in dieser Berufssparte überhaupt beschäftigt werden?

Antwort:

1. Gefährdungsbeurteilung nach Bekanntgabe der Schwangerschaft

Nach § 10 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet für die Tätigkeiten einer schwangeren oder stillenden Frau eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.

Diese sollte personen- und tätigkeitsbezogen sein, um effektive Schutzmaßnahmen ergreifen zu können.

Die unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für schwangere Frauen finden sich in § 11 MuSchG (s.u.). Dort ist u. a. konkretisiert, dass hinsichtlich des Hebens und Tragens von Lasten (mehr als 5 kg regelmäßig oder 10 kg gelegentlich per Hand) ein generelles Beschäftigungsverbot besteht.

Weitere Gefährdungen bezüglich schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerinnen in ambulanten Pflegediensten bestehen durch schwere körperliche Arbeiten mit Zwangshaltungen (z. B. beim Lagern von Patienten) und mögliche Infektionen mit Krankheitserregern. Bei der Infektionsgefährdung ist zusätzlich zu der Gefährdungsbeurteilung der aktuelle Immunstatus der Schwangeren zu überprüfen. Eine ausreichende Immunität schützt vor Infektionen.

Liegt der Immunisierungsnachweis nicht vor, ist eine sofortige Umsetzung an einen Arbeitsplatz in einem geeigneten Tätigkeitsbereich zu veranlassen..


2. Arten von Beschäftigungsverboten für werdende Mütter

Nach dem Mutterschutzgesetz gibt es zwei Arten von Beschäftigungsverboten:

Die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen ergeben sich ebenfalls aus dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Nach § 2 Abs. 3 S. 1 MuSchG sind sie geregelt in den §§ 3 bis 6, 10 Abs. 3, 13 Abs. 1 Nr. 3 und 16.

Hierbei wird zwischen generellen Beschäftigungsverboten (gelten für alle werdenden bzw. stillenden Mütter) und individuellem (per ärztlichem Attest) Beschäftigungsverbot unterschieden:

Generelle Beschäftigungsverbote

Generelle Beschäftigungsverbote gelten für alle werdenden und stillenden Mütter unabhängig von individuellen Verhältnissen und finden sich in den §§ 3 bis 6, 10 Abs. 3 und 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG. Sie sind mit Mitteilung der Schwangerschaft sofort wirksam (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 MuSchG). Der Arbeitgeber ist verpflichtet sie umzusetzen.

Individuelles, ärztliches Beschäftigungsverbot

Das ärztliche Beschäftigungsverbot berücksichtigt den individuellen Gesundheitszustand der Schwangeren. Es ist in § 16 MuSchG geregelt und kann nur von einer Ärztin/einem Arzt attestiert werden, wobei folgende Voraussetzungen zu beachten sind:

  1. Die Fortdauer der Beschäftigung muss für Mutter oder Kind gesundheitsgefährdend sein (die konkrete Arbeit bzw. der Arbeitsplatz an sich sind indes nicht gesundheitsgefährdend)
  2. Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse der Schwangeren (d. h. Konstitution bzw. Gesundheitszustand)
  3. Krankhafte Schwangerschaftsverläufe fallen nicht hierunter. Vielmehr handelt es sich um „gesunde“ Schwangere mit besonders ausgeprägten Schwangerschaftsbeschwerden wie z. B. Übelkeit und Rückenschmerzen; gleiches gilt für die Risikoschwangerschaft, die Neigung zur Fehlgeburt, drohende Eklampsie u. Ä. Daher ist klar zwischen individuellem Beschäftigungsverbot und attestierter Arbeitsunfähigkeit (AU-Bescheinigung, "Krankschreibung") zu unterscheiden.

Das generelle Beschäftigungsverbot geht dem individuellen Beschäftigungsverbot dabei stets vor.


Falls ein generelles oder individuelles (durch ärztliches Zeugnis bescheinigtes) Beschäftigungsverbot besteht, darf der Arbeitgeber die werdende Mutter nicht weiterbeschäftigen, auch wenn sie in eine Weiterbeschäftigung wünscht. Dies gilt auch für den Zeitraum nach der Entbindung, der in der Regel acht Wochen (bei Früh- und Mehrlingsgeburten länger) beträgt.

Beschäftigungsverbote und -beschränkungen gelten unmittelbar, d. h. mit Bekanntwerden der Schwangerschaft bzw. mit Vorlage des ärztlichen Attestes muss der Arbeitgeber die Schwangere von den Tätigkeiten freistellen, die zu einer Gefährdung von Mutter und/oder Kind führen.

Beschäftigungsverbote führen dabei nicht zur Verdienstminderung. Für den Arbeitgeber besteht jedoch die Möglichkeit sich die Lohnkosten von den Krankenkassen im Rahmen des Umlageverfahrens "U2" erstatten zu lassen.

Nähere Auskünfte erteilen die Krankenkassen.


3. Führen eines Kraftfahrzeuges:

Nach dem neuen MuSchG darf eine schwangere Frau nicht auf Beförderungsmitteln eingesetzt werden, wenn dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.

§ 11 MuSchG "Unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für schwangere Frauen"

(5) Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau insbesondere keine Tätigkeiten ausüben lassen, bei denen […]

5. sie auf Beförderungsmitteln eingesetzt wird, wenn dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt […]

 

Rechtsbegriff der „unverantwortbaren Gefährdung“:

"Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist." (§ 9 Abs.2 MuSchG)

 

Mit dem Begriff „unverantwortbare Gefährdung“ soll also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gefährdung eintreten wird, in Bezug auf die Höhe des zu erwartenden Schadens ermittelt werden.

Bei der dafür erforderlichen Bewertung ist wie folgt zu unterscheiden:

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden eintritt, kann umso größer sein, je geringer der möglicherweise eintretende Gesundheitsschaden ist, und sie muss umso kleiner sein, je schwerer der etwaige Gesundheitsschaden wiegt.

Nach der alten Rechtslage bestand ein Beschäftigungsverbot für werdende Mütter auf Beförderungsmitteln nach Ablauf des dritten Monats der Schwangerschaft.

Hinweis:

Weitere Informationen werden vom MAGS NRW und im Leitfaden zum Mutterschutz des BMFSJ angeboten..