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Was ist bei Kontrollgängen in einem Klärwerk zu beachten, die von einem Beschäftigten allein durchgeführt werden?

KomNet Dialog 7558

Stand: 04.11.2015

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Gestaltung von Arbeitsplätzen > Einzelarbeitsplätze, Alleinarbeit

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Frage:

Für eine Kläranlage ist zu prüfen, ob bei bestimmten Tätigkeiten Alleinarbeit zulässig ist. Generell gilt die BGR 126 bzw. GUV-R 126. Nun sollen dort die Beschäftigten Kontrollgänge in Pumpwerken evtl. allein durchführen. Es werden dabei keine Arbeiten im Sinne von Reparaturen oder Einstieg in Schächten durchgeführt. Es werden lediglich Zählerstände usw. abgelesen. Die Arbeiten führen (nach Beurteilung/Besichtigung vor Ort) zu keiner erhöhten Unfallgefahr. Die Gefährdung bei diesen Arbeiten ist als sehr gering einzuschätzen, aufgrund von Gasmessungen, Beurteilung der Arbeitsabläufe etc. Ist es möglich über eine Betriebsanweisung mit Verhaltensregeln von der BGR 126 abzuweichen, z. B. Intervallkontrollen, Mitführen von Gaswarngeräten, willensabhängiges Melde- und Alarmsystem, Alleinarbeit dort durchführen zu lassen?

Antwort:

Einzelarbeit ist aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht zulässig, wenn bestimmte Randbedingungen eingehalten werden. 
Mit § 8 (2) DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" wird der Arbeitgeber bei der Ausführung einer "gefährlichen Arbeit" in Alleinarbeit verpflichtet, über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu sorgen. Zur Bewertung und Festlegung von Maßnahmen bei der Alleinarbeit sind z. B. die Ausführungen der DGUV Regel 112-139 (bisher: BGR/GUV-R 139) "Personen-Notsignalanlagen", http://publikationen.dguv.de zu beachten. Für welche Arbeitsbereiche weitergehende Maßnahmen getroffen werden müssen, muss letztlich die Gefährdungsbeurteilung ergeben. Zur Konkretisierung der Gefährdungsbeurteilung, wann eine Gefährdung bzw. eine gefährliche Arbeit vorliegt, siehe die Ausführungen zum § 8 in der DGUV Regel 100-001.

Die von Ihnen angesprochene DGUV Regel 103-003 (bisher: BGR 126) trifft besondere Regelungen  bezüglich Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen. Gemäß Definition der DGUV Regel 103-003 sind "umschlossene Räume allseits oder überwiegend von festen Wandungen umgebene sowie luftaustauscharme Bereiche, in denen auf Grund ihrer räumlichen Enge oder der in ihnen befindlichen bzw. eingebrachten Stoffe, Zubereitungen, Verunreinigungen oder Einrichtungen besondere Gefährdungen bestehen oder entstehen können. Auch Bereiche, die nur teilweise von festen Wandungen umgeben sind, in denen aber auf Grund der örtlichen Gegebenheiten oder der Konstruktion Gefahren durch Stoffe entstehen können bzw. Sauerstoffmangel entstehen kann, sind umschlossene Räume im Sinne dieser DGUV Regel.

"Umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen im Sinne dieser BG-Regel sind z. B.:
Einsteigschächte in Abwasserableitungsanlagen (Ortsentwässerung) und Abwasserbehandlungsanlagen (Kläranlagen),
Kanäle von abwassertechnischen Anlagen,
sonstige Bauwerke von abwassertechnischen Anlagen, die in offener Verbindung mit dem Abwasser stehen,
Kontrollschächte und sonstige Schächte im Bereich von abwassertechnischen Anlagen, auch wenn sie nicht vom Abwasser durchflossen sind, z.B. Schächte mit Entwässerungseinrichtungen, Sickerschächte.
Sonstige Bauwerke von abwassertechnischen Anlagen, die in offener Verbindung mit dem Abwasser stehen, sind z.B.:
Becken (abgedeckt oder tief liegend, zeitweise leer stehend),
Absturzbauwerke (z.B. Kaskaden),
Schieberbauwerke,
Ein- und Auslaufbauwerke,
Pumpensümpfe,
tief liegende Bereiche von Rechenanlagen,
Schlammsilos,
Faulbehälter."

Der Arbeitgeber trifft die nötigen Schutzmaßnahmen auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung, die mit Unterstützung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes zu erstellen ist, eigenverantwortlich. Die DGUV Regel 103-003 fordert für Arbeiten in umschlossenen Räumen spezielle Schutzmaßnahmen. Stellt der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung fest, dass eine Betriebssituation mit entsprechender Gefährdung wie in der DGUV Regel 103-003 beschrieben nicht vorliegt, können die Maßnahmen des Arbeitsschutzes an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst werden.