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Ist eine tägliche Arbeitszeit von 6:00 bis ca. 18:00 Uhr für Fahrer eines Tankzuges zulässig?

KomNet Dialog 6969

Stand: 15.04.2019

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Sozialvorschriften im Straßenverkehr > Arbeitszeit von Kraftfahrern

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Frage:

Als Kraftfahrer eines 40 t. Tank-Gliederzuges (Gefahrgut) habe ich eine tägliche Arbeitszeit von 6:00 bis ca. 18:00 Uhr. Lenkzeiten werden nicht überschritten. Da derzeit zwischen 10 - 16 Kunden mit Heizöl beliefert werden, ist eine Pause nicht möglich. Wie sind hier die gesetzlichen Ruhezeiten? Welche Folgen habe ich zu tragen, wenn ich diese nicht einhalte?

Antwort:

Ruhepausen nach dem Arbeitszeitgesetz - ArbZG

Beim Verteilen von Waren oder Gütern gleich welcher Art, kommt es aufgrund der Vielzahl der Entladestellen vor, dass eine tatsächliche Lenkzeit von 4,5 Stunden während einer Arbeitsschicht von 8 bzw. 10 Stunden vom Fahrer nicht erreicht wird. Dies bedeutet, dass der Fahrer keine Fahrtunterbrechung nach den Vorschriften der EG VO Nr. 561/2006 einlegen muss, sondern nach den nationalen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes.

Länger als 6 Stunden hintereinander darf ein Fahrer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden bis 9 Stunden ist die Arbeit für mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden für mindestens 45 Minuten zu unterbrechen (§ 4 ArbZG).


Tägliche Ruhezeit

Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit muss der Fahrer eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben.

- Die regelmäßige tägliche Ruhezeit beträgt grundsätzlich mindestens 11 Stunden.

- Die regelmäßige tägliche Ruhezeit kann auch in zwei teilen genommen werden.

Dann ist allerdings zwingend vorgeschrieben, dass der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens drei Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens neun Stunden umfassen muss.



Tägliche Lenkzeit

Die tägliche Lenkzeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

Die wöchentliche Lenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen, dass die in § 21a des Arbeitszeitgesetzes festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden überschritten wird.

Höchstzulässige Arbeitszeit in der Woche 60 Stunden

Höchstzulässige Lenkzeit in der Woche 56 Stunden



Anwendungsbereich § 21a des Arbeitszeitgesetzes

§ 21a des Arbeitszeitgesetzes gilt für das Fahrpersonal, welches im Sinne der EG VO Nr. 561/2006 tätig ist. Es sind also die Fahrzeugkategorien betroffen, die unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen!


Unterschied zwischen Arbeitszeit und Lenkzeit

Der neu in das Arbeitszeitgesetz eingefügte § 21a bedarf bei der Bemessung der Einsatzzeiten des Fahrpersonals im Hinblick auf die zulässige Lenk- und Arbeitszeiten einer besonderen Beachtung:

Zu unterscheiden ist zwischen Arbeitszeit und Lenkzeit!

Als Arbeitszeit gelten insbesondere folgende Tätigkeiten:

- der reine Dienst am Steuer (Lenkzeit)

- Be- und Entladen

- Reinigung und technische Wartung

- Reparaturarbeiten, Vor- und Abschlussarbeiten

- Sonstige Arbeitszeiten, z.B. solche die dazu dienen, die Sicherheit des Fahrzeugs und der Ladung zu gewährleisten


Bereitschaftszeiten § 21a Abs. 3 ArbZG

Bei der Disposition der Einsatzzeiten des Fahrpersonals wird neben den Lenkzeiten und anderen Arbeiten auch die Bereitschaftszeit maßgeblich im Tourenverlauf sein. Die Bereitschaftszeit zählt nicht zur Arbeitszeit, gleichwohl aber zu den betrieblichen Anwesenheitszeiten (wichtig für die Einlegung der Ruhezeiten!).

Der Fahrer muss sich bereithalten, um seine Tätigkeit aufzunehmen, wobei ihm der Zeitraum, z.B. die Wartezeit und deren voraussichtliche Dauer im Voraus, spätestens unmittelbar vor Beginn des betreffenden Zeitraums, bekann ist. Nur unter dieser Voraussetzung sind die drei Arten der Bereitschaftszeiten rechtskonform:

1. Die Zeit, während derer sich ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz bereithalten muss, um seine Tätigkeit aufzunehmen.

2. Die Zeit, während derer sich ein Arbeitnehmer bereithalten muss, um seine Tätigkeit auf Anweisung aufnehmen zu können, ohne sich an seinem Arbeitsplatz aufhalten zu müssen.

3. Für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit.


Hinweis:

Bereitschaftszeiten sind weder Arbeitszeiten noch Ruhezeiten und grundsätzlich auch keine Ruhepause.


Beispiel eines zulässigen Tagesarbeitszeitplans:

Lenkzeit 7 Stunden und 45 Minuten

Arbeitszeit 2 Stunden und 15 Minuten

Bereitschaftszeit (geplant) 3 Stunden und 45 Minuten

Pausen insgesamt 1 Stunde und 15 Minuten


Gesamtarbeitszeit (LZ + ArbZ) 10 Stunden

„Schichtzeit“ 15 Stunden


Die tägliche Ruhezeit hat nach dem Ende der sogenannten „Schichtzeit“ zu erfolgen. Dies wäre im vorliegenden Beispiel eine reduzierte Tagesruhezeit von 9 Stunden, (innerhalb eines 24 Stunden Zeitraums).


Zur Fragestellung:

Für eine konkrete Beantwortung der Fragestellung ist zunächst festzustellen in welchem Umfang Arbeits-, Lenk-, Bereitschafts- und Pausenzeiten während einer Tagesschicht anfallen.

Wir empfehlen, dass Sie zur Erörterung des Einzelfalls eine entsprechende Fragestellung direkt an die für Sie zuständige Arbeitsschutzbehörde (in Nordrhein-Westfalen sind dies Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierungen und in Hamburg das Amt für Arbeitsschutz) richten. 

Ordnungswidrig handelt, wer als Unternehmer oder Fahrer gegen die Bestimmungen der EG VO Nr. 561/2006 verstößt.


Quellen:

EG VO Nr. 561/2006 Artikel 6, Artikel 8

Arbeitszeitgesetz § 4, § 21a

Fahrpersonalgesetz § 8a


Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz und Fahrpersonalrecht können Sie abrufen unter: https://www.mags.nrw/service-rechtsvorschriften-und-datenbanken ,www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16032 oder https://www.bag.bund.de/DE/Navigation/Rechtsvorschriften/rechtsvorschriften_node.html.