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KomNet-Wissensdatenbank

Dürfen Gabelstaplerfahrer mit angehobener Last fahren, um darunter durchschauen zu können?

KomNet Dialog 6667

Stand: 14.03.2019

Kategorie: Sicherer Transport > Innerbetrieblicher Transport > Flurförderzeuge, Gabelstapler

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Frage:

Wie verhält es sich, wenn in einem Lager die Gabelstaplerfahrer mit Ladung mit hochgestellter Gabel fahren, um darunter durchschauen zu können? Das heißt, die Ladung befindet sich in hochgefahrener Position und die Fahrer können dadurch frei unter der Ladung, auf die Strecke schauen. Ist das rechtens?

Antwort:

Die Anforderungen an die Bereitstellung und die Benutzung von Flurförderzeugen (Gabelstaplern) ergeben sich u. a. aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der DGUV Vorschrift 68 "Flurförderzeuge". Konkretisierungen können sie dem Anhang 1 Nummer 2 der BetrSichV und der TRBS 2111 Teil 1 "Mechanische Gefährdungen - Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen beim Verwenden von mobilen Arbeitsmitteln" entnehmen.


Speziell zum Fahren mit Last mit Flurförderzeugen ist § 12 Absätze 1 und 3 bis 5 der DGUV Vorschrift 68 heranzuziehen.

"(1) Flurförderzeuge dürfen nur verfahren werden, wenn der Fahrer ausreichende Sicht auf die Fahrbahn hat oder eingewiesen wird.

(...)

(3) Mit höher als bodenfrei angehobenem Lastaufnahmemittel oder höher als bodenfrei angehobener Last darf nur zum Aufnehmen und Absetzen der Last verfahren werden.

(4) Abweichend von Absatz 3 darf der Unternehmer Flurförderzeuge zum Verfahren mit höher als bodenfrei angehobener Last einsetzen, wenn

1. der Hersteller oder Lieferer dies als bestimmungsgemäße Verwendung vorgesehen hat und die Vorgaben für diese Art der Verwendung mit den örtlichen Betriebsbedingungen vereinbar sind oder

2. eine ausreichende Standsicherheit unter den örtlichen Betriebsbedingungen durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen ist.

(5) Abweichend von Absatz 3 dürfen Versicherte nur solche Flurförderzeuge mit höher als bodenfrei angehobener Last verfahren, die der Unternehmer hierfür bestimmt hat.

(...)"

Hinweis: Bodenfreies Heben ist ein Anheben der Last oder des Lastaufnahmemittels bis 0,50 m über Flur.


Die Durchführungsanweisung zu § 12 DGUV Vorschrift 68 erläutert weiter dazu:

"Die Forderung nach ausreichender Sicht auf die Fahrbahn ist z.B. erfüllt, wenn das Flurförderzeug so beladen wird, dass der Fahrer über die Last hinweg die Fahrbahn einsehen kann.

Bei nicht ausreichender Sicht sind Hilfsmittel nach Maßgabe des Herstellers, z.B. Spiegel, Kamera und Monitor, akustische und visuelle Warnhinweise, Sensoren zur Erkennung von Personen oder Gegenständen, erhöhter oder drehbarer Sitz, zulässig. Die Auswahl der Hilfsmittel muss nach ergonomischen Gesichtspunkten erfolgen.

Dürfen Flurförderzeuge mit höher als bodenfrei angehobener Last (nicht nur zum Aufnehmen und Absetzen der Last) verfahren werden, ist die Forderung nach ausreichender Sicht auf die Fahrbahn auch erfüllt, wenn der Fahrer unter der Last hindurch die Fahrbahn einsehen kann. Muss mit Frontgabelstaplern ausnahmsweise eine große Last, die die Sicht auf die Fahrbahn versperrt, aufgenommen und bewegt werden, soll der Fahrer hierbei rückwärts fahren. Da die Last bei der Rückwärtsfahrt nicht beobachtet werden kann, soll mit Lasten, die seitlich über den Gabelstapler hinausragen, nicht rückwärts gefahren werden. Häufiges Rückwärtsfahren ist zu vermeiden, da hierbei die Wirbelsäule des Fahrers durch Verdrehung – insbesondere in Verbindung mit Vibrationen – übermäßig belastet werden kann."

"Zu Flurförderzeugen, die für das Fahren mit angehobener Last gebaut sind, gehören z.B. Seiten- und Dreiseitenstapler sowie Flurförderzeuge mit hebbarem Fahrerplatz." (zu § 12 Abs. 4 Nr. 1 DGUV Vorschrift 68)


Hinweis:

Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.