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Müssen manuell betätigte Türen in Notausgängen immer in Fluchtrichtung aufschlagen oder gibt es auch Ausnahmen?

KomNet Dialog 6591

Stand: 04.06.2024

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Notausgänge, Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen

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Frage:

Die Arbeitsstättenverordnung und die Technischen Regeln für Arbeitsstätten "Fluchtwege und Notausgänge" (ASR A2.3) schreiben unter Abschnitt 7 "Anforderungen an Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen" u. A. vor: "Manuell betätigte Türen in Notausgängen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen." Ein Einzelhandelsunternehmen hat überwiegend seine Filialen in angemieteten Objekten in altem Baubestand. Dadurch schlagen in mehreren Filialen die Notausgangstüren entgegen der Fluchtrichtung auf, zum Teil deswegen, weil nach außen aufschlagende Türen in den öffentlichen Verkehrsraum öffnen würden. Die betroffenen Objekte sind mit den nach innen aufschlagenden Notausgangstüren jeweils von den Baubehörden so abgenommen worden. Frage: Gilt die eingangs genannte Vorschrift `Manuell betätigte Türen in Notausgängen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen` ausnahmslos, oder sind Konstellationen (z. B. unbeanstandete Abnahme durch die Baubehörde, schlüssige Brandschutzkonzepte / Brandschutzgutachten, etc.) denkbar, in denen Ausnahmen von dieser Vorschrift möglich sind - falls ja, welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit hier Rechtssicherheit gegeben ist?

Antwort:

Türen von Notausgängen (in Arbeitsstätten) müssen sich nach außen öffnen lassen (Nr. 2.3 Abs. 2 Anhang zur Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)).

Nach Abschnitt 3 Nr. 3.6 der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A 2.3 ist ein Notausgang ein Ausgang im Verlauf eines Fluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt.


Manuell betätigte Türen von Notausgängen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen. (Abschnitt 7 Absatz 5 der ASR A2.3)

Absatz 6 führt weitergehend aus:

"Sonstige manuell betätigte Türen und Tore müssen in Fluchtrichtung aufschlagen, wenn eine erhöhte Gefährdung vorliegt. Eine erhöhte Gefährdung kann sich ergeben aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen oder aus der Arbeitsumgebung z.B.:

  1. Arbeiten in gasgefährdeten Bereichen,
  2. Umgang mit besonders gefährlichen Stoffen, z.B. in chemischen, physikalischen oder medizinischen Laboratorien,
  3. Bereiche von Einrichtungen, in denen gewalttätige Übergriffe nicht auszuschließen sind,
  4. Arbeiten in beengten Räumen oder
  5. bei Anwesenheit einer hohen Anzahl von Personen."


Der Bestandsschutz nach dem Baurecht der Länder hat keine Auswirkungen auf die Anwendung der Arbeitsstättenverordnung und/oder die Anwendung des Arbeitsschutzrechtes. Im § 8 Abs.1 der ArbStättV wird diesbezüglich ausgeführt:

"Soweit für Arbeitsstätten,

  1. die am 1. Mai 1976 eingerichtet waren oder mit deren Einrichtung vor diesem Zeitpunkt begonnen worden war oder
  2. die am 20. Dezember 1996 eingerichtet waren oder mit deren Einrichtung vor diesem Zeitpunkt begonnen worden war und für die zum Zeitpunkt der Einrichtung die Gewerbeordnung keine Anwendung fand,

in dieser Verordnung Anforderungen gestellt werden, die umfangreiche Änderungen der Arbeitsstätte, der Betriebseinrichtungen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe notwendig machen, gelten hierfür bis zum 31. Dezember 2020 mindestens die entsprechenden Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (ABl. EG Nr. L 393 S. 1)."

Unter Nr. 4.4 des Anhangs II der Richtlinie 89/654/EWG findet sich die Forderung "Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen".


Ein Abweichen von den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und dem Anhang ist nur durch eine Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörde auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers möglich (§ 3a Abs. 3 ArbStättV). In Bezug auf die Aufschlagrichtung der Notausgangstüren ist eine Ausnahme aber auf wenige Einzelfälle beschränkt.

Im Kommentar "Opfermann/Streit, Arbeitsstätten“ heißt es diesbezüglich: „[…] Dies dürfte sich aber nur auf wenige Einzelfälle beschränken, wie bei sehr kleinen Ladengeschäften mit einem nur geringen Personendurchsatz, deren einziger Ein- und Ausgang nicht nach außen geöffnet werden kann, z. B. aufgrund eines dieser Tür vorgelagerten öffentlichen Verkehrsbereichs.“