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Betrifft die Regelung der Aufschlagrichtung in Fluchtrichtung nur Fluchttüren?

KomNet Dialog 6246

Stand: 31.08.2022

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Notausgänge, Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen

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Frage:

In kleinen angemieteten Verkaufs- und Nebenräumen eines Einzelhandelsfilialisten sind z. T. Türen im Verlauf von Fluchtwegen nicht in Fluchtrichtung öffnend bzw. Türen, die nach außen führen. Betrifft die Regelung der Schlagrichtung in Fluchtrichtung ausschließlich nur Türen, die ausschließlich im Fluchtfall als Fluchttüren festgelegt sind (z. B. in Verkaufsstätten) oder jede Tür im Fluchtwegeverlauf, auch wenn diese z.B. nur als Personaleingang, Anlieferungstür etc. genutzt wird? Zu beachten ist hierbei auch, dass z. B. Außentüren bei Änderung dann in Richtung öffentlicher Wege schlagen würden. Besteht ein zwingendes Erfordernis, bestehende Türen in Fluchtrichtung zu ändern? Inwieweit kann eine Änderung entfallen, wenn regelmäßig nur eine sehr geringe Personenanzahl sich in den Räumlichkeiten befindet und somit das Panikgeschehen erwartungsgemäß gering ist? Diesbezüglich gab es in der Vergangenheit immer wieder auch bestätigende Stellungnahmen einzelner Überwachungsbehörden.

Antwort:

Zu der Fragestellung ist im Anhang der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) unter Nummer 2.3 Absatz 2 folgende Regelung getroffen:

"Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen

a) sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden,

b) in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.

Türen von Notausgängen müssen sich nach außen öffnen lassen. In Notausgängen, die ausschließlich für den Notfall konzipiert und ausschließlich im Notfall benutzt werden, sind Karussell- und Schiebetüren nicht zulässig."


Konkretisiert werden die Anforderungen der ArbStättV in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), hier insbesondere die ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge".

In den Begriffsbestimmungen der ASR A.2.3 finden sich u. a. folgende Erläuterungen:

"3.8 Türen im Verlauf von Fluchtwegen sind alle Türen, die vom Beginn des Fluchtweges bis ins Freie oder in einen gesicherten Bereich zu benutzen sind. Dazu gehören auch Türen von Notausgängen.

3.9 Ein Notausgang ist ein Ausgang im Verlauf eines Hauptfluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt."


In Abschnitt 7 (5) und (6) ist Folgendes nachzulesen:

"(5) Manuell betätigte Türen von Notausgängen müssen in Fluchtrichtung aufschlagen.

(6) Sonstige manuell betätigte Türen und Tore müssen in Fluchtrichtung aufschlagen, wenn eine erhöhte Gefährdung vorliegt. Eine erhöhte Gefährdung kann sich ergeben aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen oder aus der Arbeitsumgebung z. B.:

1. Arbeiten in gasgefährdeten Bereichen,

2. Umgang mit besonders gefährlichen Stoffen, z. B. in chemischen, physikalischen

oder medizinischen Laboratorien,

3. Bereiche von Einrichtungen, in denen gewalttätige Übergriffe nicht auszuschließen sind,

4. Arbeiten in beengten Räumen oder

5. bei Anwesenheit einer hohen Anzahl von Personen."


In den Ausführungen der LV 40 "Leitlinien zur Arbeitsstättenverordnung" des LASI wird unter der Nummer 18. Aufschlagrichtung von Notausgangstüren (Nummer 2.3 Absatz 2 des Anhangs) Folgendes aufgeführt:

"Frage:

Gemäß Arbeitsstättenverordnung müssen sich Türen von Notausgängen nach außen öffnen lassen. Was versteht man unter Notausgängen im Sinne der Arbeitsstättenverordnung?


Antwort:

Notausgänge gemäß Arbeitsstättenverordnung sind Ausgänge im Verlauf eines Fluchtweges, die direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führen (vgl. ASR A2.3 Punkt 3.6 Ausgabe: 08/2007 zuletzt geändert 2017). Ein gesicherter Bereich ist ein Bereich, in dem Personen vorübergehend vor einer unmittelbaren Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt sind. Als gesicherte Bereiche gelten z. B. benachbarte Brandabschnitte oder notwendige Treppenräume (vgl. ASR A2.3 Punkt 3.5).


Der Begriff „ins Freie“ ist im Arbeitsstättenrecht nicht legal definiert. Im Sinne der Schutzzielfestlegung ist „ins Freie“ ein Bereich außerhalb des Gebäudes, in dem Personen nicht durch die Notsituation gefährdet werden. Dies ist gegeben, wenn auf dem Betriebsgelände oder auf öffentlichen Verkehrsflächen ein sicherer Abstand erreicht werden kann. Als das freie Gelände gelten nicht Balkone, Dachflächen oder Innenhöfe, von denen keine Flucht (Selbstrettung) möglich ist.


Der Verordnungsgeber hat hier keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Öffnungsrichtung eingeräumt, sondern gibt als Aufschlagrichtung explizit „nach außen“ vor. Auch die Übergangsvorschriften für Arbeitsstätten nach § 8 ArbStättV ändern daran nichts, da die Aufschlagrichtung von Notausgangstüren nach außen bereits als Mindestvorschrift in Anhang II der Richtlinie 89/654/EWG (Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten in Arbeitsstätten) festgelegt wurde."


Der Arbeitgeber hat die Situation der Fluchtwege im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu betrachten und entsprechende Maßnahmen festzulegen. Hierbei kann er sich durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Betriebsärztin/den Betriebsarzt oder den Brandschutz-/Evakuierungsbeauftragten unterstützen lassen.


Hinweise:

Auf die Entscheidung zur Aufschlagrichtung von Fluchttüren, des Oberwaltungsgerichts NRW (8 A1648/16 vom 17.01.2018) und des Verwaltungsgerichts Münster (erstinstanzlich; 9 K 1985/15 vom 22.06.2016), weisen wir hin.


Die DGUV Information 205-033 - Alarmierung und Evakuierung bietet weiterführende Hinweise.


Weitere Regelungen können sich aus dem Baurecht ergeben. Hierzu bieten wir keine Beratung an. Eine entsprechende Anfrage richten Sie bitte direkt an die zuständige Baubehörde.