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Stimmt es, dass nur der Arbeitgeber ein Beschäftigungsverbot ausstellen kann?

KomNet Dialog 6230

Stand: 27.12.2023

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Stimmt es, dass mir nur der Arbeitgeber ein Beschäftigungsverbot ausstellen kann? Ich habe gerade mit Blutungen im Krankenhaus gelegen, die durch meine Arbeitstätigkeit (Heben von schweren Lasten) entstanden sind. Die Ärzte in der Klinik haben mir nahegelegt, nicht mehr arbeiten zu gehen, weil es die Schwangerschaft gefährdet. Mein Frauenarzt meint nun, dass nur der Arbeitgeber mich freistellen kann und nicht er.

Antwort:

Die Beschäftigungsverbote für schwangere Arbeitnehmerinnen ergeben sich aus § 13 und § 16 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Hierbei wird zwischen betrieblichen (gilt für alle werdende und stillende Mütter, § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG) und ärztlichen (per ärztlichem Attest, § 16 Abs. 1 MuSchG) Beschäftigungsverboten unterschieden:


1. Betriebliche Beschäftigungsverbote

gelten für alle werdenden und stillenden Mütter unabhängig von deren individuellen Verhältnissen.

Die betrieblichen Beschäftigungsverbote sind mit der Bekanntgabe der Schwangerschaft sofort wirksam. Der Arbeitgeber ist verpflichtet diese umzusetzen. Zum Beispiel dürfen werdende und stillende Mütter nach § 11 Abs. 5 MuSchG nicht mit schweren und gesundheitsgefährdenden Arbeiten beschäftigt werden. Der Arbeitgeber hat mit der Beurteilung der Arbeitsbedingungen einer werdenden oder stillenden Mutter zu klären, ob ihre Arbeit unter die Beschäftigungsverbote fällt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu bestimmen.

Für die Umsetzung der betrieblichen Beschäftigungsverbote ist der Arbeitgeber zuständig; nicht die Gynäkologin/der Gynäkologe.

Die betrieblichen Beschäftigungsverbote bieten zwar bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf einen ausreichenden Schutz für Mutter und Kind, aber sie können die individuellen Gegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigen.

Darüber hinaus kann grundsätzlich auch die zuständige Aufsichtsbehörde ein Beschäftigungsverbot anordnen, z.B. wenn der Arbeitgeber die generellen Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote nicht umsetzt. 


2. Ärztliche Beschäftigungsverbote

berücksichtigen den individuellen Gesundheitszustand der Schwangeren. Sie sind in § 16 Abs. 1 MuSchG verankert und können nur von einer Ärztin/einem Arzt attestiert werden.

Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:

  1. Fortdauer der Beschäftigung ist für die Mutter oder das Kind gesundheitsgefährdend (die konkrete Arbeit oder derArbeitsplatz ist an sich nicht gesundheitsgefährdend).
  2. Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse der Schwangeren, z. B. Konstitution, Gesundheitszustand.
  3. Krankhafte Schwangerschaftsverläufe fallen nicht hierunter. Vielmehr handelt es sich um „gesunde“ Schwangere mit besonders ausgeprägten Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit, Rückenschmerzen,aber auch eine Risikoschwangerschaft, Neigung zur Fehlgeburt, drohende Eklampsie.

Das betriebliche Beschäftigungsverbot geht dabei dem ärztlichen Beschäftigungsverbot stets vor.


Fazit:

In Ihrem Fall hätte Ihr Arbeitgeber bereits ein Beschäftigungsverbot aussprechen bzw. die entsprechenden Schutzmaßnahmen umsetzen müssen, da das Heben schwerer Lasten unter das betriebliche Beschäftigungsverbot des Mutterschutzgesetzes (§ 11 Abs.5 MuSchG) fällt. Die vorsätzliche oder fahrlässige Falschbeurteilung der Gefährdung für die schwangere Arbeitnehmerin stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG dar und kann für den Arbeitgeber ein Bußgeld von bis zu 5.000 € zur Folge haben.