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Wann ist während der Schwangerschaft ärztlicherseits ein Beschäftigungsverbot und wann eine Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen?

KomNet Dialog 6174

Stand: 11.09.2018

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Bin in der 31. Woche schwanger und nun schon seit einigen Wochen krankgeschrieben. Da seit einer gynäkologischen Operation vor einigen Jahren ein Frühgeburtsrisiko besteht, soll ich mich schonen, d.h. viel liegen, nicht viel rumlaufen, schwer heben etc. Nun habe ich meine Ärztin gebeten, mir ein Beschäftigungsverbot statt der Krankmeldung auszustellen, da ja sonst die Lohnfortzahlung reduziert wird und es noch vier Wochen bis zum Mutterschutz sind! Sie meint allerdings, mein Zustand erfordere nur eine klassische Krankmeldung und will mir das Attest nicht ausstellen. Ich kann die Begründung weder nachvollziehen noch verstehen. Wie verhält es sich tatsächlich und welche Möglichkeiten habe ich?

Antwort:

Nach den mutterschutzrechtlichen Vorschriften besteht keine "freie Auswahl" zwischen Arbeitsunfähigkeit und individuellem Beschäftigungsverbot. Eine Arbeitsunfähigkeit geht dabei einem individuellen Beschäftigungsverbot stets vor. 


Ein individuelles ärztliches Beschäftigungsverbot darf Ihre Ärztin nach Wortlaut des § 16 Mutterschutzgesetz (MuSchG) nur dann aussprechen, wenn bei Fortdauer der Beschäftigung die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet ist. Die Tätigkeit kann ganz oder teilweise (partiell) untersagt oder dem Arbeitgeber bestimmte Auflagen erteilt werden, unter welchen Voraussetzungen eine Beschäftigung der Schwangeren medizinisch noch vertretbar ist.


Zur Unterscheidung:


Ärztliches Beschäftigungsverbot: Fortsetzen der Tätigkeit (Tätigkeitsbezug) ist alleinige Ursache für Gesundheitsgefährung aufgrund anfälligerer individueller körperlicher Konstitution der Schwangeren.


Arbeitsunfähigkeit: unabhängig von der Tätigkeit (kein Tätigkeitsbezug); grundsätzlich könnte jede Arbeitnehmerin betroffen sein.


Die Ärztin/der Arzt muss hierbei eigenverantwortlich und sorgfältig entscheiden, welche der beiden Alternativen vorliegt, wobei hinsichtlich einer Schwangerschaft immer auch Grenzfälle auftreten können, in denen zu entscheiden ist, ob es sich um eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (schließt Beschäftigungsverbot aus) oder ein individuelles Beschäftigungsverbot handelt.

Ihre Ärztin sollte Ihnen verständlich erläutern können, warum Sie sich für eine Arbeitsunfähigkeit und nicht für ein Beschäftigungsverbot entschieden hat.


Um finale Klarheit zu erhalten, sollten Sie die Diagnose eines oder ggf. mehrerer weiterer Frauenärzte einholen.