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KomNet-Wissensdatenbank

Können E-Learning Module zur Unfallverhütung neben den mündlichen Unterweisungen genutzt werden? Wie erfolgt die Dokumentation?

KomNet Dialog 5784

Stand: 27.09.2018

Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsschutzmanagement > Einweisung, Unterweisung

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Frage:

Wir planen derzeit, einen Teil unserer Unterweisungen aus dem Arbeitssicherheitsbereich auf E-Learning mit interaktiven Folien, Fragen und Qualifizierung/Zertifizierung der Mitarbeiter umzustellen. Im Vorfeld haben wir festgestellt, dass Unterweisungen nach GenTSV, Biostoffverordnung und Gefahrstoffverordnung nicht über E-Learning abbildbar sind, da hier in den jeweiligen Rechtstexten explizit eine mündliche Unterweisung gefordert wird. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns nun auf Unterweisungen in anderen Bereichen und hätten dazu spezielle Fragen. Konkret möchten wir die Erstunterweisungen und Folgeunterweisungen nach Arbeitsschutzgesetz und BGV A1 auf E-Learning umstellen. In diesen Unterweisungen werden bei uns inhaltlich allgemein die Grundinformationen zur Arbeitsschutzorganisation, zum Unterweisungswesen und Ansprechpartnern, zu Sicherheitsaushängen, zum Verhalten bei Brand und Unfall, zum Unfallversicherungsschutz, zur Elektrosicherheit, zu Gefahrstoff- und Maschinenbetriebsanweisungen, zum Arbeiten am Bildschirm, zum Umgang mit Leitern und Tritten, u.a. geschult. Diesen Teil würden wir gern online anbieten. In Kombination damit soll es unterstützend zur Erstunterweisung - wie bislang - auch eine dokumentierte persönliche Einweisung durch den jeweiligen Vorgesetzten vor Ort am Arbeitsplatz geben. Im Bereich der jährlichen Folgeunterweisungen möchten wir den in Zukunft online angebotenen allgemeinen Teil durch Präsenzveranstaltungen für die Mitarbeiter mit jährlichen Schwerpunktthemen aus ihrem direkten Arbeitsumfeld ergänzen. Meine erste Frage ist nun, ob die geschilderte Einbindung eines E-Learning Moduls in das Unterweisungssystem von der Seite des Arbeitsschutzes zulässig ist? Meine zweite Frage bezieht sich auf die rechtssichere Dokumentation der Durchführung einer online-Schulung durch die Mitarbeiter. Reicht die Anmeldung von Mitarbeitern im Intranet mit Name und Kennwort für den Nachweis einer rechtsverbindlichen Teilnahme an der Unterweisung aus? Unter welchen Bedingungen kann ein solches System als ausreichend sicher vor Mißbrauch angesehen werden (der Kollege hilft unter den Zugangsdaten des Mitarbeiters bei der Durchführung des Qualifizierungstests)?

Antwort:

Unterweisung ist die auf den konkreten Arbeitsplatz oder Aufgabenbereich ausgerichtete Erläuterung und Anweisung des Arbeitgebers (Vorgesetzten) für ein sicherheitsgerechtes Verhalten der Beschäftigten, die durch praktische Übungen ergänzt werden kann. Anlässe für eine Unterweisung sind z. B. Einstellung oder Versetzung, Veränderungen im Aufgabenbereich, Veränderungen in den Arbeitsabläufen, Veränderungen der Arbeitsmittel bzw. der Arbeitsstoffe, Ergebnisse von Betriebsbesichtigungen, Unfälle, Beinaheunfälle und sonstige Schadensereignisse. Bei gleichbleibenden Gefährdungen ist die Unterweisung mindestens jährlich (bzw. halbjährlich bei Jugendlichen) zu wiederholen, um die Unterweisungsinhalte den Beschäftigten wieder in Erinnerung zu rufen und aufzufrischen oder zu vertiefen. D. h. eine regelmäßig wiederkehrende Unterweisung ist notwendig, allerdings sollten die Unterweisungsinhalte auch bei fortschreitender Erfahrung der Unterwiesenen (Kontrolle des Lernstoffes notwendig) auf der vorigen Unterweisung aufbauen bzw. neue Themen aufgreifen.


Unterweisungen müssen vom Arbeitgeber oder von ihm schriftlich damit beauftragten fachkundigen Personen vorgenommen werden. Diese tragen auch die Verantwortung dafür, dass die nötigen Unterweisungen bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt werden (§ 12 Arbeitsschutzgesetz). Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepaßt sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden. Weitergehende Erläuterungen zur Durchführung von Unterweisungen bietet die DGUV Information 211-005 "Unterweisung - Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes" unter dem Punkt 8 an.


Sie führen aus, dass Sie die gesetzlich vorgeschriebenen mündlichen Unterweisungen, z. B. nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) oder Biostoffverordnung (BioStoffV), auch weiterhin mündlich durchführen wollen. Allerdings beschreiben Sie in ihrer Frage, dass Gefahrstoffbetriebsanweisungen Online angeboten werden sollen. Dies ist u. E. grundsätzlich nicht zu beanstanden; es darf allerdings die entsprechende mündliche Unterweisung anhand der Betriebsanweisungen im Sinne von § 14 Abs. 2 GefStoffV nicht aufgehoben werden. Ebenso muss die Dokumentation dieser Unterweisung nachvollziehbar sein. Hierzu fordert die Gefahrstoffverordnung eine schriftliche Dokumentation und Unterschrift des Unterwiesenen.

In der DGUV Regel 100-001 wird zur elektronischen Unterweisung ausgeführt:


"Grundsätzlich sind persönliche Unterweisungen durchzuführen; als Hilfsmittel sind elektronische Medien einsetzbar. Bei Unterweisungen mit Hilfe elektronischer Medien ist allerdings darauf zu achten, dass

• diese Unterweisungsinhalte arbeitsplatzspezifisch aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden,

• eine Verständnisprüfung stattfindet und ein Gespräch zwischen Versicherten und Unterweisenden jederzeit möglich ist."


Fazit:

Unterweisungen durch E-Learning Module sind sinnvoll und sollten da eingesetzt werden, wo der Beschäftigte sich mit einem Thema in angemessener Zeit, während der Arbeit, auseinander setzen kann. Gleichzeitig sollte ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Bei dem Thema sollte allerdings zwischen Unterweisungen und Schulungen unterschieden werden. Die Erfordernisse der Unterweisungen wurde zuvor ausgeführt und sind klassicherweise im Arbeitsschutzrecht zu finden. Die Schulung wird als eine Weiterbildung/Qualifizierung in einem Bereich verstanden, in dem schon Grundkenntnisse vorhanden sind. Schulungspflichten ergeben sich selten aus arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, sondern eher aus arbeitsrechtlichen Regelungen (z.B. in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen).

Der Gesetzgeber hat gewollt Unterweisungen als Bringschuld des Arbeitgebers in den Rechtsvorschriften definiert. Die Unterweisung/Schulung durch elektronische Medien darf die konkreten gesetzlichen Unterweisungsvorschriften nicht ablösen oder unvollständig umsetzen, d. h. Unterweisungen/Schulungen durch E-Learning können nur ein Zusatzangebot zu erforderlichen Unterweisungen sein.

Da in einigen Vorschriften konkrete Dokumentationspflichten benannt sind, ist eine Diskussion der rechtssicheren Dokumentation der Online-Schulung nicht zielführend. In der Praxis werden durchgeführte Schulungen meistens ebenfalls in separaten Dokumenten mittels Gegenzeichnung der Unterwiesenen dokumentiert.

Wir empfehlen Ihnen, die konkrete Ausgestaltung der E-learning Unterweisung / Schulung mit der zuständigen Arbeitsschutzbehörde oder Ihrem Unfallversicherungsträger zu besprechen.  


Hinweis:

Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.