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Wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn eine Jahresunterweisung mit einer Vielzahl von Themen an einem Tag im Jahr mit acht Stunden Dauer abgehalten wird?

KomNet Dialog 43932

Stand: 23.04.2024

Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsschutzmanagement > Einweisung, Unterweisung

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Frage:

Nach Arbeitsschutzgesetz §12 ist der Arbeitgeber verpflichtet seine Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen über Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen zu unterweisen. In der DGUV Vorschrift 1, § 4 (1) hat der Unternehmer insbesondere über die mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und Maßnahmen zu unterweisen. Mindestens aber einmal jährlich. Nach DGUV Information 211-005 soll die Unterweisungsdauer von 30 Minuten nicht wesentlich überschritten werden. Wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn eine Jahresunterweisung mit einer Vielzahl von Themen an einem Tag im Jahr mit acht Stunden Dauer abgehalten wird?

Antwort:

Der Arbeitgeber muss den erforderlichen Umfang der Unterweisung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermitteln und festlegen.

 

Nach § 12 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hat der Arbeitgeber die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden. Ein ähnlicher Wortlaut findet sich auch in der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

Dies wird auch durch die Informationen der DGUV Regel 100-001 bestätigt. Unter der Ziffer 2.3.1 ist dort u. a. Folgendes nachzulesen:

"Damit Versicherte Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen erkennen und entsprechend den vorgesehenen Maßnahmen auch handeln können, müssen sie auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen bekommen. Die Unterweisung ist ein wichtiges Instrument, um Versicherten zu ermöglichen, sich sicherheits- und gesundheitsgerecht zu verhalten. Ein ausschließliches Selbststudium der Versicherten ist zur Unterweisung in der Regel nicht ausreichend. Die mündliche Unterweisung hat in verständlicher Form und Sprache stattzufinden.

Bedeutung der Unterweisung

Mit der Unterweisung gibt der Unternehmer den Versicherten konkrete auf den Arbeitsplatz oder die Arbeitsaufgabe ausgerichtete Erläuterung und Anweisung bezüglich der sicheren und gesundheitsgerechten Ausführung ihrer Tätigkeiten.

Die Unterweisung bezweckt, dass die Versicherten die vorgesehenen Maßnahmen kennen und anwenden können, die der Unternehmer im Zuge seiner Gefährdungsbeurteilung ermittelt hat, um die mit den Tätigkeiten verbundenen Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit zu kompensieren. Daraus wird deutlich, dass die Versicherten auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen bekommen müssen. Art und Weise sowie der Umfang einer Unterweisung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur vorhandenen Gefährdungssituation und der Qualifikation der Versicherten stehen.

(...)

Unterweisungsinhalte

Die Unterweisung hat mindestens zu umfassen

• die konkreten, arbeitsplatz- und arbeitsaufgabenbezogenen Gefährdungen,

• die dagegen getroffenen und zu beachtenden Schutzmaßnahmen,

• die vorgesehenen sicherheits- und gesundheitsgerechten Handlungsweisen (das Verhalten),

• die Notfallmaßnahmen,

• die einschlägigen Inhalte der Vorschriften und Regeln.

Als Grundlage für die Unterweisungsinhalte müssen z. B. berücksichtigt werden

• Betriebsanleitungen von einzusetzenden Arbeitsmitteln, insbesondere Maschinen,

• sonstige Betriebsanweisungen,

• die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung.

(...)


Unterweisung mit elektronischen Hilfsmitteln

Grundsätzlich sind persönliche Unterweisungen durchzuführen; als Hilfsmittel sind elektronische Medien einsetzbar. Bei Unterweisungen mit Hilfe elektronischer Medien ist allerdings darauf zu achten, dass

• diese Unterweisungsinhalte arbeitsplatzspezifisch aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden,

• eine Verständnisprüfung stattfindet und ein Gespräch zwischen Versicherten und Unterweisenden jederzeit möglich ist."

Relevant ist weiterhin die Ziffer 2.3.2. Dort heißt es:

"Die Inhalte sind so zu vermitteln, dass sie von den Versicherten verstanden werden. Ist eine sprachliche Verständigung nicht ausreichend, sind andere geeignete Kommunikationsmittel, z. B. Skizzen, Fotos, Videos, einzusetzen. Ein Aushändigen der Vorschriften oder Regeln reicht nicht aus. Der Unternehmer hat sich zu vergewissern, dass die Versicherten die Inhalte verstanden haben.

Dies kann z. B.

• durch das Stellen von Verständnisfragen an den Versicherten,

• durch Vorführenlassen des Handlungsablaufs durch den Versicherten,

• durch Beobachtung der Arbeitsweise des Versicherten

erfolgen."

Eine Vielzahl an Informationen finden Sie in der DGUV Information 211-005 "Unterweisung - Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes" (Diese befindet sich derzeit in der Überarbeitung, kann aber weiterhin als Erkenntnisquelle genutzt werden).

Besonders hervorzuheben, sind hier die Informationen zum Zeitpunkt und Zeitdauer einer Unterweisung unter Abschnitt 4.

Dort heißt es u. a.:

"Kurze (15- bis 30-minütige), inhaltlich nicht überfrachtete, dafür aber häufiger stattfindende und an den aktuellen Problemen orientierte Unterweisungen sind weitaus effektiver als einmal jährlich stattfindende Veranstaltungen von eineinhalb- oder zweistündiger Dauer."

In der FBORG-001 „Untersuchung von Methoden und Instrumenten zur nachhaltigen Verbesserung der betrieblichen Verhaltensprävention durch Unterweisung“ der DGUV wird unter der Nummer 2.4 ebenfalls auf die Dauer der Unterweisung eingegangen. Hier ist Folgendes nachzulesen:

"Insbesondere dann, wenn es um umfangreichere Unterweisungsinhalte geht, lassen die Aufmerksamkeit und die Lernfähigkeit mit zunehmender Länge der Unterweisung erheblich nach. Es ist daher häufig besser, mehrere kurze Unterweisungen von ca. 20 bis 30 Minuten Dauer durchzuführen, als eine sehr lange. Statt eine „Generalunterweisung“ einmal pro Jahr über alle zu unterweisenden Inhalte durchzuführen, sollten diese also besser auf mehrere kleinere Unterweisungseinheiten aufgeteilt werden. (...)"

In den staatlichen Vorschriften finden sich keine Aussagen darüber, wie lange eine Unterweisung dauern soll. Eine jährliche Unterweisung bedeutet hingegen auch nicht, dass dies alles an einem Tag geschehen muss. Wir halten die Durchführung von mehreren kurzen Unterweisungen für zielführender. Eine sehr lange "Generalunterweisung" ist hingegen nicht verboten. Letztendlich muss der Arbeitgeber den erforderlichen Umfang der Unterweisung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermitteln und festlegen.


Hinweis:

In der BGHW-Wissen W 54-1 "Unterweisungen Rechtliche Aspekte, Anlässe, Ablauf" ist unter Ablauf der Unterweisung noch nachzulesen:

"Eine Unterweisung ist dann gelungen, wenn Beschäftigte danach „wollen, was sie sollen“, das heißt, wenn die Unterweisung die Mitverantwortung der Beschäftigten für den Arbeitsschutz im Betrieb fördert. Im Idealfall halten Beschäftigte aus Überzeugung Vorschriften und Betriebsanweisungen ein.

Gelungene Unterweisungen beteiligen die Beschäftigten und haben weniger einen vermittelnden Charakter, sondern ermuntern sie, sich mit wichtigen Aspekten der eigenen Sicherheit und Gesundheit zu beschäftigen. Unterweisungen tragen somit positiv zu Motivation und Wertschätzung im Unternehmen bei.

Thematisch orientieren sich Unterweisungen an den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung. Der eigentliche Ablauf einer Unterweisung zu einem bestimmten Thema ist aber inhaltlich und methodisch nicht vorgegeben. Hier können grundsätzlich Schwerpunkte gesetzt werden, die sich beispielsweise am Unfallgeschehen im Unternehmen orientieren.

Es ist daher wichtig, eine Unterweisung gut zu planen, vorzubereiten und durchzuführen. Die Ziele einer Unterweisung können anhand der folgenden Fragen definiert werden:

  • Was sollen Beschäftigte im Anschluss an die Unterweisung wissen? Worüber sollen sie Kenntnisse und Verständnis erlangen?
  • Was sollen die Beschäftigten anschließend können, um sicher und gesund zu arbeiten? Welche Fertigkeiten und Arbeitsweisen sind dazu notwendig?
  • Wie erreiche ich es, dass Beschäftigte nach der Unterweisung sicher und gesund arbeiten wollen? Welche Aspekte wirken motivierend und tragen zu einer Sensibilisierung für das Thema bei?"