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Wie ist bei gegensätzlichen Aussagen von Betriebsarzt und Hausarzt zu verfahren?

KomNet Dialog 5615

Stand: 04.05.2014

Kategorie: Gesundheitsschutz > Arbeitsmedizinische Vorsorge > Konsequenzen aus Befunden

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Frage:

Nach Feststehen der Untersuchungsergebnisse nach dem Untersuchungsgrundsatz G 42 (Umgang mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut) wurden durch den Betriebsarzt dauernde medizinische Bedenken bescheinigt und ein Arbeitsplatzwechsel für die betroffene Arbeitnehmerin empfohlen. Dieser wurde auch durch die Personalabteilung eingeleitet. Die Betroffene lehnt einen solchen Arbeitsplatzwechsel jedoch ab und legte daraufhin ein Gutachten ihres Hausarztes vor, der bescheinigte, dass eine Arbeit im Archiv auch unter Berücksichtigung schon vorhandener Vorerkrankungen des selben Themenkreises, unbedingt möglich ist. Wie kann in eineme solchen Fall - auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherren - weiter verfahren werden ?

Antwort:

Entsprechend der Biostoffverordnung - BioStoffV (§ 12) hat der Arbeitgeber die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge durch Beauftragung eines Arztes sicherzustellen.  Er darf nur Ärzte beauftragen, die Fachärzte für Arbeitsmedizin sind, oder die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin führen. Vgl. auch die Anforderungen der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

Der Hausarzt der Beschäftigten ist nicht vom Arbeitgeber im Sinne der BioStoffV oder im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) bestellt und hat zumeist auch nicht die geforderte Qualifikation (Arbeitsmediziner oder Zusatzbezeichung Betriebsmedizin) sowie nicht die nötigen Arbeitsplatzkenntnisse.
Auch bei der Durchführung allgemeiner arbeitsmedizinischer Vorsorgemaßnahmen im Sinne des Arbeitsschutz- bzw. Arbeitssicherheitsgesetzes ist der Betriebsarzt mit der Wahrnehmung der arbeitsmedizinischen Maßnahmen zu beauftragen, nicht der Hausarzt.

Das Arbeitssicherheitsgesetz § 4 regelt die Anforderungen an den durch den Arbeitgeber zu bestellenden Betriebsarzt (hier ist die arbeitsmedizinische Fachkunde notwendig).
Zusammenfassend ist bei der Beurteilung von arbeitsmedizinischen Vorsorgemaßnahmen das Urteil bzw. die Empfehlung des hiermit beauftragten Betriebsarztes ausschlaggebend, welcher über die Kenntnis des Arbeitsplatzes verfügen sollte.

Dennoch ist es empfehlenswert, bei Vorliegen einer Stellungnahme durch den Hausarzt diese dem Betriebsarzt (durch die Mitarbeiterin) zur Kenntnis zu geben und evtl. kann dieser (nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch die Beschäftigte!) mit dem Hausarzt Kontakt aufnehmen und sich dessen Beweggründe darlegen lassen. Es empfiehlt sich also ein weiteres Gespräch der Beschäftigten mit dem Betriebsarzt.

Ausschlaggebende Empfehlung bei der arbeitsmedizinischen Beurteilung ist jedoch die Stellungnahme des Betriebsarztes, der auch in die Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz der Beschäftigten miteingebunden werden sollte.
Darüber hinaus handelt es sich bei der genannten Vorsorgeuntersuchung wahrscheinlich nicht um eine Untersuchung nach G 42 (siehe hierzu Punkt 7 der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 240), welche auf eine Infektionsgefährdung und nicht auf eine Sensibilisierung (Schimmelpilze) abgestellt ist, sondern eher um eine Angebotsuntersuchung im Sinne des § 11 Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit § 3 Arbeitssicherheitsgesetz bzw. eine Untersuchung nach G 26 (Atemschutz), sofern diese notwendig ist.

Dennoch sollten die Empfehlungen des Betriebsarztes nach Besprechung der hausärztlichen Stellungnahme berücksichtigt werden, um eine Gefährdung der Mitarbeiterin zu vermeiden.

Grundsätzlich hat der Beschäftigte bei Anzweifeln des Untersuchungsergebnisses einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung das Recht, Widerspruch bei der zuständigen Bezirksregierung einzulegen. Jedoch sollten sich nach nochmaliger Klärung und Beratung des Sachverhaltes zwischen Beschäftigter, Betriebsarzt und Hausarzt die Zweifel der Beschäftigten zugunsten ihrer Gesundheit ausräumen lassen.