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Muss Sonntagsarbeit beantragt werden?

KomNet Dialog 529

Stand: 04.07.2023

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > Sonn- und Feiertagsarbeit

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Frage:

Wir müssen demnächst sonntags arbeiten - müssen wir das beantragen? Wenn ja, dann wo?

Antwort:

Sonn- und Feiertagsarbeit (§§ 9 ff. Arbeitszeitgesetz - ArbZG):

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen von 00.00 bis 24.00 Uhr nicht beschäftigt werden. In Mehrschichtbetrieben mit regelmäßiger Tag und Nachtschicht kann die Ruhezeit an Sonn- und Feiertagen um bis zu 6 Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn der Betrieb für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden ruht.

 

Von diesem Beschäftigungsverbot gibt es jedoch Ausnahmen. Man unterscheidet: 

- Ausnahmen, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben (§ 10 Abs. 1 - 4, § 14 Abs. 1 ArbZG) 

- Ausnahmen, die bei der zuständigen Arbeitsschutzschutzbehörde (in NRW: Bezirksregierungen) beantragt werden müssen (§ 13 Abs. 3 - 5, § 15 Abs. 2 ArbZG).


Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 14 sind in Gewerbebetrieben Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten zulässig, die in der Woche nicht durchführt werden können. Auch sind Vorbereitungsarbeiten zur Wiederaufnahme des vollen werktäglichen Betriebs sowie Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen zulässig.


Nach § 10 Abs. 1 Nr. 15 dürfen Arbeitnehmer/innen mit Produktionsarbeiten an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, wenn aufgrund der Unterbrechung des Produktionsprozesses Rohstoffe verderben oder die Arbeitsergebnisse in erheblichem Umfang Fehler aufweisen würden, die ihre Verwendung ausschließen oder beeinträchtigen. Bezugsgröße hierzu ist eine Fehlerquote von fünf Prozent der wöchentlichen Produktion. Auch wenn durch das An- und Abfahren der Produktion am Wochenende mind. 7,2 Stunden (5 % der zul. wöchentlichen Produktionszeit von 144 Stunden) verloren gehen, darf an Sonn- und Feiertagen produziert werden.


Ausnahmen, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben:

Die Ausnahmen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1-13 ArbZG betreffen die Grundversorgung und den Dienstleistungsbereich, sofern diese Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Hierzu zählen z. B. Not- und Rettungsdienste, Feuerwehren, Krankenhäuser, Gaststätten, Theater, Rundfunkanstalten, Tagespresse, Verkehrs-, Versorgungs- und landwirtschaftliche Betriebe und das Bewachungsgewerbe.


Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass die allgemein gebräuchlichen und zumutbaren betriebstechnischen und organisatorischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Darüber hinaus dürfen Produktionsarbeiten durchgeführt werden, wenn die Produktionseinrichtungen bei einem Abschalten zerstört oder beschädigt würden. Dies gilt nicht, wenn z. B. durch eine zumutbare vorübergehende Senkung der Temperatur eine Beschädigung der Einrichtungen vermieden werden kann.


Der Arbeitgeber prüft eigenverantwortlich, ob die Voraussetzungen nach § 10 ArbZG erfüllt werden. Auf Antrag hin kann die zuständige Arbeitsschutzschutzbehörde den Sachverhalt prüfen und feststellen, ob die Arbeiten an Sonn- und Feiertagen zulässig sind.


Auf die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung (z.B. nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes/BetrVerfG) weisen wir hin.


Für Fälle, in denen ein besonderes Bedürfnis an Sonn- und Feiertagsarbeit besteht, wurde in Nordrhein-Westfalen die Bedarfsgewerbeverordnung erlassen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können danach z. B. in Blumengeschäften, Bestattungsunternehmen, Garagen und Parkhäusern beschäftigt werden.


Ausnahmen für einzelne Sonn- und Feiertage nach § 13 Abs. 3 ArbZG, die bei der Arbeitsschutzbehörde zu beantragen sind: 

- im Handelsgewerbe an bis zu zehn Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen (z.B. Haus- und Ordermessen), 

- bei besonderen Verhältnissen zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens an max. fünf Sonn- oder Feiertagen im Kalenderjahr, 

- zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur an einem Sonntag im Kalenderjahr.


Der Antrag kann formlos gestellt werden und sollte mindestens folgende Angaben enthalten:

- Zeit, Dauer und Ort der Beschäftigung,

- Art der Tätigkeit, 

- Zahl der betroffenen Arbeitnehmer/innen je Schicht und Anzahl der Schichten je Sonn- und Feiertag,

- ausführliche Begründung der Notwendigkeit, 

- Stellungnahme oder Zustimmung der Arbeitnehmervertretung.


Ausnahmen für weitere Sonn- und Feiertage oder für einen längeren Zeitraum durch die zuständige Arbeitsschutzbehörde.

Nach § 13 Abs. 4 ArbZG soll die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen bewilligt werden, wenn aus chemischen, biologischen, technischen oder physikalischen Gründen ein ununterbrochener Fortgang erforderlich ist. Die Arbeiten müssen arbeitstechnisch notwendig sein und nicht an Werktagen vorgenommen werden können.


Nach § 13 Abs. 5 ArbZG hat die Arbeitsschutzbehörde die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zu bewilligen,

- wenn in dem Betrieb bzw. Betriebsbereich die gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten von 144 Stunden weitgehend ausnutzt werden,

- Konkurrenzbetriebe im Ausland längere Betriebszeiten haben,

- dadurch die Konkurrenzfähigkeit des antragstellenden Betriebes beeinträchtigt wird

- und diese Beeinträchtigung unzumutbar ist und zu einer Gefährdung des gesamten Betriebes führen kann,

- durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden kann oder sogar neue Arbeitsplätze geschaffen werden.


Diese Voraussetzungen werden häufig bei kapitalintensiven Arbeitsplätzen und hartem internationalen Wettbewerb erfüllt.

Nach § 15 Abs. 2 ArbZG kann die Arbeitsschutzverwaltung weitergehende Ausnahmen im öffentlichen Interesse zulassen. Ein dringendes öffentliches Interesse liegt z. B. bei folgenden Voraussetzungen vor:

- Schaffung einer nennenswerten Zahl von zusätzlichen und Erhalt von bestehenden Arbeitsplätzen,

- dringender Bedarf für das Dienstleistungsangebot oder die Herstellung des Produkts, 

- herausragende strukturpolitische Bedeutung und

- besondere arbeitsmarktpolitische Problemlage.


Anträge an die zuständige Arbeitsschutzbehörde können formlos gestellt werden, sollten jedoch mindestens folgende Angaben enthalten:

- Zeit, Dauer und Ort der beantragten Beschäftigung

- Art der Tätigkeit,

- Zahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer je Schicht und Anzahl der Schichten je Sonn- und Feiertag

- Ausführliche Begründung der Notwendigkeit

- detaillierte Schichtplanung unter Berücksichtigung der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 

- Stellungnahme oder Zustimmung der Arbeitnehmervertretung


Information und Beratung:

Weitere Detailfragen können auch an die zuständige Arbeitsschutzbehörde gerichtet werden. In Nordrhein-Westfalen sind dies die Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierungen und in Hamburg das Amt für Arbeitsschutz.