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KomNet-Wissensdatenbank

Müssen Arztbesuche während der Schwangerschaft nachgearbeitet werden?

KomNet Dialog 4471

Stand: 04.02.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Arbeitszeit- und Ruhepausenregelung

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Frage:

Ich bin in der 17. Schwangerschaftwoche. In der 12. SW-Woche wurde von meinem Hausarzt eine beginnende Schilddrüsenüberfunktion festgestellt, die wohl durch die Schwangerschaft entstanden ist. Vor der Schwangerschaft wurde meine Schilddrüse getestet und meine Schilddrüsenfunktion war noch in Ordnung! Nun muss ich zwecks Kontrolle und Tabletteneinstellung ca. alle 3 Wochen morgens nüchtern zur Blutabnahme erscheinen. Mein Arbeitgeber hat mich für die ersten beiden Termine freigestellt und die Zeit auf dem Zeitkonto gutgeschrieben. Nach einem erneuten Termin wurde mir aber schriftlich mitgeteilt, dass es aufgrund unserer Gleitzeit möglich wäre, den Dienst später anzutreten und somit kein Anrecht auf Gutschreibung der Untersuchungszeit besteht. Zitat meines Arbeitgebers: Arzttermine - sowie jegliche andere Termine privater Art - liegen grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit, da die Arbeitszeit auf Grund nicht vorhandener Arbeitsbeginn- und -endefestlegungen erst dann beginnt, wenn Sie sich am Zeiterfassungsterminal einbuchen. Ist dies rechtlich wirklich so und IM SINNE DES MUTTERSCHUTZGESETZES? Ist es ZUMUTBAR als Schwangere die Zeit VOR- bzw. NACHZUARBEITEN, damit die 38,5 h/Woche erbracht wird? Unser Arbeitszeitmodell: Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit, aber eine Rahmenarbeitszeit zur Aufgabenerledigung (07:00 bis 18:30 Uhr) und eine Servicezeit (08:00 bis 17:00 Uhr), in der mindestens ein Mitarbeiter aus einem Team anwesend und erreichbar sein muss.

Antwort:

Die Freistellung für Untersuchungen, die bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich ist, wird in § 7 Mutterschutzgesetz/MuSchG geregelt. Der zeitliche Abstand und der Umfang von Untersuchungen ist in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen festgelegt. Für diese Untersuchungen muss der Arbeitgeber einer werdenden Mutter grundsätzlich bezahlte Freizeit gewähren. Für andere krankheitsbedingte Untersuchungen und Behandlungen greift § 7 MuSchG jedoch nicht.

Bei der Vereinbarung eines schwangerschaftsbedingten Untersuchungstermins mit dem Arzt muss die Arbeitnehmerin aber, soweit dieses möglich ist, auf die Belange des Betriebes Rücksicht nehmen. Kann sie den Arzt oder die Hebamme ohne Schwierigkeiten auch außerhalb der Arbeitszeit aufsuchen, dann braucht ihr der Arbeitgeber aufgrund des § 7 MuSchG eine Arbeitsbefreiung nicht zu erteilen.

Legt der Arzt den Untersuchungstermin in die Arbeitszeit, dann hat eine werdende Mutter auch grundsätzlich Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die dafür nötige Zeit. Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass eine werdende Mutter zu ihrem Schutz und dem des Kindes angebotene und notwendige Untersuchungstermine wahrnimmt.

Die in der Frage beschriebene Arbeitszeit ist eine Form der flexiblen Arbeitszeitgestaltung (gleitende Arbeitszeit ohne Kernarbeitszeit) mit Gleitzeit zwischen 7.00 Uhr und 18.30 Uhr. Es sind hier keine gerichtlichen Entscheidungen bekannt, die sich mit der Freistellung von der Arbeit für Untersuchungen im Rahmen einer Schwangerschaft bei gleitender Arbeitszeit befassen. Wir können auch nicht bestätigen, dass auf Grund der im konkreten Fall bestehenden Gleitzeitregelungen ein Rechtsanspruch auf Freistellung aus § 7 MuSchG abgeleitet werden kann.

Zu empfehlen ist, vom Arzt klären bzw. bestätigen zu lassen, dass die nötigen Behandlungen und Untersuchungen mutterschaftlich bedingt sind.

Für Klarheit dürfte der Arbeitsvertrag und die Gleitzeitvereinbarung sorgen. Wir bitten um Verständnis, dass KomNet keine Beratung zu arbeits- bzw. tarifrechtlichen Aspekten ("Gleitzeit") leisten darf. Wir empfehlen diesbzgl., den Betriebsrat einzuschalten oder Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen.


Hinweis:

Weitere Informationen zu mutterschutzrechtlichen Angelegenheiten bietet die Arbeitsschutzverwaltung NRW im Internet unter www.mags.nrw/mutterschutz.