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Kann in diesem Fall trotzdem angenommen werden, dass eine geringe Brandgefährdung nach ASR besteht?
KomNet Dialog 44199
Stand: 10.11.2025
Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Rechts- und Auslegungsfragen, Sonstiges (8.5) > Technische Regeln
Frage:
In der Arztpraxis befindet sich eine Sauerstoffflasche in Verwendung sowie eine weitere Flasche als Reserve (Back-up) im Lager. Die Menge der vorhandenen oxidierenden Stoffe fällt unter die Kleinmengenregelung nach TRGS 510, sodass nach TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ und entsprechend der Definition „Normale Brandgefährdung liegt vor, wenn eingestufte brennbare oder oxidierende Gefahrstoffe in nur geringer Menge vorhanden sind [...]“ eine normale Brandgefährdung angenommen werden kann. Nach der ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ wird jedoch eine erhöhte Brandgefährdung festgestellt, da bereits das Vorhandensein von entzündbaren bzw. oxidierenden Stoffen oder Gemischen ausreicht, um diese Einstufung vorzunehmen. In der ASR wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die erhöhte Brandgefährdung im Sinne dieser Regelung die erhöhte und hohe Brandgefährdung nach TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ einschließt. Dies bedeutet lediglich, dass höhere Gefährdungen nach TRGS 800 automatisch als erhöhte Brandgefährdung nach ASR A2.2 eingestuft werden, nicht jedoch umgekehrt. Sollten sich diese Regel nicht wiedersprechen, da im Fall der TRGS oxidierende Stoffe vorhanden sein können, jedoch nach ASR diese strickt ausgeschlossen werden? Kann in diesem Fall trotzdem angenommen werden, dass eine geringe Brandgefährdung nach ASR besteht? Oder besteht in diesem Fall eine erhöhte Brandgefährdung nach ASR, aber eine normale Brandgefährdung nach TRGS?
Antwort:
Gerne zeigen wir nachstehend auf, warum sich die beiden Regelwerke nicht widersprechen, sondern unterschiedliche Betrachtungsebenen haben.
Definition und Einstufung
Nach ASR A2.2:
Eine „erhöhte Brandgefährdung“ wird angenommen, sobald brennbare oder oxidierende Stoffe überhaupt vorhanden sind, also niedrigerer Schwellenwert für die Einstufung als bei der TRGS 800. Die ASR A2.2 unterscheidet nicht nach Kleinmengen, sondern betrachtet das Potenzial einer Brandentstehung.
Nach TRGS 800:
Eine „normale Brandgefährdung“ liegt vor, wenn nur geringe Mengen brennbarer oder oxidierender Gefahrstoffe vorhanden sind, keine gefährlichen Reaktionen zu erwarten sind, und die allgemeinen Schutzmaßnahmen (TRGS 510, 800) eingehalten werden.
Beispiel: Eine Sauerstoffflasche in Benutzung + eine Reserveflasche fällt meist unter die Kleinmengenregelung nach TRGS 510, also „normale Brandgefährdung“.
Warum das kein Widerspruch ist:
Die ASR A2.2 arbeitet mit einem einheitlichen Schutzstufenkonzept für alle Arbeitsstätten — unabhängig von der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).
Die TRGS 800 dagegen ist eine spezielle Konkretisierung für Arbeitsplätze, an denen Gefahrstoffe (brennbar/oxidierend) vorkommen.
Das bedeutet:
Wenn nach TRGS 800 eine „normale Brandgefährdung“ festgestellt wird, kann nach ASR A2.2 trotzdem eine „erhöhte Brandgefährdung“ vorliegen weil die ASR A2.2 bereits das bloße Vorhandensein oxidierender Stoffe als Kriterium nennt.
Die Ansätze der beiden Richtlinien sind gänzlich unterschiedlich.
Während die ASR A2.2 den normalen angestrebten Zustand, also eine gefahrfreie Arbeitsumgebung, betrachtet, ist bei der TRGS 800 ja bereits auf Grund der Anwendbarkeit klar, dass ein unsicherer Arbeitsplatz vorliegt. Hier muss dann anhand anderer Bemessungsgrundlagen entschieden werden, wie die Gefahr einzustufen ist.
Es besteht also kein Widerspruch, sondern eine unterschiedliche Bewertungslogik:
ASR A2.2 bewertet die organisatorische Brandschutzsituation (praktisch-betrieblich).
TRGS 800 bewertet detailliert die stoffliche Brandgefahr (chemisch-technisch).
Ihre Situation:
- 1 Sauerstoffflasche in Verwendung
- 1 Reserveflasche im Lager
- Menge unter Kleinmengenregelung der TRGS 510
Beurteilung:
ASR A2.2: Erhöhte Brandgefährdung, da oxidierende Stoffe vorhanden sind und bereits demnach grundsätzlich schon ein erhöhter organisatorischer Brandschutz erforderlich (z. B. Unterweisung, Feuerlöscher, Fluchtwege) ist.
TRGS 800: Normale Brandgefährdung, da geringe Menge oxidierender Stoffe vorhanden sind, eine sichere Lagerung gewährleistet ist und und keine Wechselwirkungen zu erwarten sind.
Bitte immer beachten: Immer ist die höherwertige Schutzstufe umzusetzen!