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Wie müssen Maschinen mit Konformität nach Maschinenrichtlinie, aber ohne ATEX-Konformität geprüft werden?

KomNet Dialog 44168

Stand: 02.08.2025

Kategorie: Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Explosionsschutz, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen > Prüfungen (1.4.3)

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Frage:

Es gibt Maschinen, die NICHT in einem explosionsgefährdeten Bereich stehen und auch keinen außerhalb der Maschine erzeugen. Für die Gesamtmaschine gibt es entsprechend eine Konformitätserklärung nach Maschinenrichtlinie. Innerhalb der Maschine werden aber brennbare Stäube oder Lösemittel verarbeitet, die innerhalb der Maschine z.B. eine Zone 1 oder 21 erzeugen. Innerhalb dieser Zone in der Maschine sind vom Hersteller ATEX-Geräte, z.B. Druck- oder Temperatursensoren verbaut. Für die Gesamtmaschine gibt es nur die Konformitätserklärung nach Maschinenrichtlinie - NICHT nach ATEX.Wie müssen diese Maschinen geprüft werden?

Antwort:

Der Hersteller handelt hier völlig rechtskonform, da es im Innern von Maschinen keine explosionsgefährdeten Bereiche gibt. Die Brand- und Explosionssicherheit von Maschinen ist ausschließlich in der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) bzw. der Maschinenverordnung (2023/1230) geregelt. Hiernach sind Maschinen(-Produkte) nach Anhang I bzw. neu nach Anhang III einer Risikobeurteilung für das Bereitstellen auf dem Markt zu unterziehen. Nach Abschnitt 1.5.6. und 1.5.7. (Anhang I 2006/42/EG bzw). Anhang III 2023/1230/EU müssen Maschinen brand- und explosionssicher ausgeführt sein. Ebenso dürfen sie keine gefährlichen Emissionen freisetzen 1.5.13.

Explosionsgefährdete Bereiche beschreiben Bereiche, in denen gefährliche explosionsfähige Atmosphäre (geA) auftreten kann. Die Voraussetzungen für gefährliche explosionsfähige Atmosphäre sind Umgebungstemperaturintervalle von -20 °C bis +60 °C und Umgebungsdruckintervalle von 800 mbar bis 1.100 mbar. Andere Umgebungsdruckverhältnisse werden nicht vom Begriff ATEX (franz.: "Atmosphères Explosibles") abgedeckt und fallen infolgedessen auch nicht unter den hierfür geltenden Rechtsrahmen der (ATEX 114 - 2014/34/EU bzw. ATEX 153 - 1999/92/EG).

Die ATEX-Eignung eines Produkts bezieht sich also ausschließlich auf die Umgebung von Maschinenprodukten. Das gilt insbesondere deshalb, weil im Innern von Maschinen selten gefährliche explosionsfähige Atmosphäre anzutreffen ist (Beispiel: Verbrennungskraftmaschinen). Diese Maschinen haben im Innern "gefährliche explosionsfähige Gemische", jedoch keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre. Also gelten automatisch die grundlegenden Sicherheitsbestimmungen der Binnenmarktrichtlinie 2006/42/EG bzw. der neuen EU-Verordnung 2023/1230 über Maschinen als sogenannte herstellerseits stets zu beachtende Querschnittsnormen.

Wie im Betrieb diese Maschine zu prüfen ist, ist festgelegt durch die Bedienungsanleitung herstellerseits und die darin implementierte Definition der bestimmungsgemäßen Verwendung. Hierin hat der Hersteller sich zu Inspektion, Wartung, Instandhaltung und Verbesserung zu äußern. Der Einbau von ATEX-Komponenten ist generell zulässig und im Rahmen der technischen Dokumentation auch festzuhalten, unter Beifügung der entsprechenden EU-Konformitätserklärungen im Sinne von 2014/34/EU und der zugehörigen technischen Dokumentation. Die EG- bzw. EU-Konformitätserklärung im Sinne der Richtlinie 2006/42/EG bzw. der EU-Verordnung 2023/1230 beinhaltet dann ausschließlich die Erklärung der Konformität nach EG-Maschinenrichtlinie bzw. EU-Maschinenverordnung.

Man kann am Beispiel der Verbrennungskraftmaschinen schnell erkennen, dass die Explosionsfestigkeit des Kurbelgehäuses und den anderen Teilen gegeben ist, da diese ansonsten nicht bestimmungsgemäß arbeiten würden. Gleichwohl sind diese Maschinenprodukte nicht geeignet für die bestimmungsgemäße Verwendung in gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre (geA).

Vergleiche hierzu: EU-Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, Industrieller Wandel und moderne Wertschöpfungsketten - Fortgeschrittene Ingenieurstechnik- und Fertigungssysteme: Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Auflage 2.3 – April 2024 (Aktualisierung der 2. Auflage)


"§ 91 Spezielle EU-Rechtsvorschriften, die bei bestimmten Gefährdungen statt der Maschinenrichtlinie für Maschinen gelten können"

"Es ist zu beachten, dass die ATEX-Richtlinie nicht für Bereiche innerhalb von Maschinen gilt, bei denen möglicherweise eine explosionsfähige Atmosphäre existiert, und auch nicht für Explosionsgefährdungen, unter nicht atmosphärischen Bedingungen. Die Explosionsgefährdung, die von der Maschine selbst ausgeht oder innerhalb dieser vorhanden ist oder durch Gase, Flüssigkeiten, Staub, Dämpfe oder andere von der Maschine freigesetzte oder von dieser verwendete Stoffe hervorgerufen wird, wird durch die Maschinenrichtlinie abgedeckt. (...) Ein Maschinenhersteller kann bereits nach der ATEX-Richtlinie in Verkehr gebrachte Geräte, Schutzsysteme oder Komponenten zur Vermeidung von Explosionsgefährdungen in bestimmten Bereichen innerhalb der Maschine einbauen. In diesem Fall sollte die EG-Konformitätserklärung der Maschine nicht auf die ATEX-Richtlinie verweisen. Die EG-Konformitätserklärung der ATEX-Geräte, Schutzsysteme oder Komponenten, die in der Maschine eingebaut wurden, müssen jedoch den technischen Unterlagen des Maschinenherstellers beigefügt werden (...)"


Ansonsten hat der Betreiber von Arbeitsmitteln im Rahmen seiner Grundpflichten im Sinne von §§ 4...8 ArbSchG in Verbindung auch festzulegen, welche zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind, um nach den besonderen Betriebsspezifika die bestimmungsgemäße Verwendung der Arbeitsmittel sicherzustellen.