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Ist es zulässig, eine schwangere Physiotherapeutin bei Hausbesuchen einzusetzen?

KomNet Dialog 44127

Stand: 21.05.2025

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Ist es im Rahmen des Mutterschutzgesetzes zulässig, eine schwangere Physiotherapeutin bei Hausbesuchen einzusetzen? Es handelt sich um Privathaushalte sowie auch um Patienten in Pflegeeinrichtungen. Stellt dies eine Alleinarbeit dar? Zudem ist natürlich bei den Hausbesuchen keine Ausstattung wie z.B. höhenverstellbare Liegen verfügbar, und ich muss teilweise auf dem Boden knien, in die Schuhe bzw Stützstrümpfe helfen etc.

Antwort:

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt schwangere Frauen vor Gefährdungen am Arbeitsplatz, insbesondere vor Tätigkeiten, die ihre Gesundheit oder die des ungeborenen Kindes gefährden könnten. Die Tätigkeit einer Physiotherapeutin im Rahmen von Hausbesuchen ist aus mehreren Gründen kritisch zu betrachten:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine individuelle Gefährdungsbeurteilung für die schwangere Mitarbeiterin durchzuführen. Hierbei ist zu beachten, dass er die beratende Unterstützung seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztin/ dem Betriebsarzt nehmen sollte. Dabei sind die konkreten Arbeitsbedingungen zu bewerten, z. B.:

  • Arbeitswege (z. B. Tragen von Ausrüstung, Witterung)
  • Arbeitsumfeld (z. B. hygienische Bedingungen in Privathaushalten)
  • Körperhaltung (z. B. langes Knien, Bücken)
  • Infektionsrisiken in Pflegeeinrichtungen oder Haushalten mit Pflegebedürftigen
  • Fehlende ergonomische Ausstattung (z. B. keine höhenverstellbaren Liegen)

Nach dem Mutterschutzgesetz §11 gibt es bestimmte Tätigkeiten, die explizit untersagt sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Erhebliche körperliche Belastungen (z. B. häufiges Bücken, Heben, Tragen)
  • Arbeiten in Zwangshaltungen, z. B. längeres Knien oder Arbeiten auf dem Boden
  • Tätigkeiten mit Infektionsgefahr, insbesondere in medizinischen oder pflegerischen Kontexten, wenn keine ausreichenden Schutzmaßnahmen gegeben sind

Hausbesuche, bei denen die Schwangere in nicht kontrollierbare Umgebungen kommt (z. B. kein Desinfektionsmittel, kein Notrufsystem, körperlich schwere Tätigkeiten), sind in der Regel nicht mit dem Mutterschutzgesetz vereinbar, sofern keine Schutzmaßnahmen getroffen werden können.

 Ohne geeignete Schutzmaßnahmen (wie geeignete Hilfsmittel, Hygienestandards, Vermeidung körperlicher Belastung) ist der Einsatz einer schwangeren Physiotherapeutin bei Hausbesuchen oder in Pflegeeinrichtungen in der Regel unzulässig. Es müsste sonst ein anderweitiger Einsatz (z. B. Praxisbetrieb, Beratung, leichte Tätigkeiten) gefunden werden – oder ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden, wenn keine zumutbare Alternative existiert. Dies sollte der Arbeitgeber zusammen mit seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztin/dem Betriebsarzt entscheiden.

Zur Alleinarbeit wird in § 2 Abs. 4 MuSchG ausgeführt: "Alleinarbeit im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn der Arbeitgeber eine Frau an einem Arbeitsplatz in seinem räumlichen Verantwortungsbereich beschäftigt, ohne dass gewährleistet ist, dass sie jederzeit den Arbeitsplatz verlassen oder Hilfe erreichen kann."