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Fällt eine einfache Kanalsanierung mittels Schlauchlinerverfahren inkl. Schachtanbindung unter die BaustellV und besteht damit das Erfordernis einen Koordinator gemäß BaustellV zu bestellen?
KomNet Dialog 44106
Stand: 24.04.2025
Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Beauftragte / Bestellte > Baustellenkoordinatoren
Frage:
Ist eine einfache Kanalsanierung mittels Schlauchlinerverfahren inkl. Schachtanbindung eine Baustelle nach BaustellV und besteht damit die Erfordernis einen Koordinator gemäß BaustellV zu bestellen? Die o.g. Schlauchlinermaßnahmen betreffen oftmals nur kurze Kanalabschnitte z.B. 200 m. Wenige zu koordinierende Firmen sind an den Maßnahmen, meistens nacheinander tätig (Verkehrssicherer, Fachbetrieb für Schlauchliner, ggf. Unternehmen zur Kanalspülung). Die Bauzeit beträgt wenige Tage bis Wochen. Es handelt sich um Renovierungstätigkeiten, bei denen der eingezogene Schlauch mittels UV-Licht ausgehärtet wird und mit dem Altrohr-Bodensystem einen Verbund darstellt. Weitere Nebenarbeiten sind das Fräsen von Hindernissen im Kanal mittels Roboter, die Schachtanbindung mittels GFK-Handlaminat und das Öffnen und Anbinden von Hausanschlüssen mittel Roboter.
Antwort:
Allein durch die Einordnung eines Bauvorhabens in den Anwendungsbereich der Baustellenverordnung (BaustellV) ergibt sich grundsätzlich noch keine Verpflichtung zur Bestellung eines Koordinators.
Die Verpflichtung zur Bestellung eines Koordinators gemäß BaustellV ergibt sich durch das Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber.
Grundsätzlich ist zunächst festzustellen, ob eine Baumaßnahme in den Anwendungsbereich der BaustellV fällt.
In § 1 Abs. 1 BaustellV werden die Begriffe "Baustelle" und "Bauvorhaben" wie folgt bestimmt:
"Baustelle im Sinne dieser Verordnung ist der Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird. Ein Bauvorhaben ist das Vorhaben, eine oder mehrere bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder abzubrechen."
In den RAB (Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen) 10 werden die Begriffe der BaustellV konkretisiert.
Unter Nummer 3 werden "bauliche Anlagen" folgendermaßen bestimmt:
"Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen (einschließlich Gebäudetechnik)1. [...]
1 Hierunter fallen z. B. auch Wohn-, Büro- und Sanitärcontainer sowie Leitungen, die der Versorgung mit Wasser, Gas, Elektrizität, Wärme, der Abwasserbeseitigung oder dem Fernmeldewesen dienen."
Die Änderung von baulichen Anlagen wird in der RAB 10 unter Nummer 4 wie folgt konkretisiert:
"Unter Änderung einer baulichen Anlage im Sinne der BaustellV wird deren nicht unerhebliche Umgestaltung verstanden.
Hierzu gehören insbesondere die Änderung des konstruktiven Gefüges sowie die Änderung oder Austausch wesentlicher Bauteile [...].
Änderungen baulicher Anlagen können auch im Rahmen von Instandhaltungs- einschließlich Instandsetzungsarbeiten erfolgen."
Eine Kanalsanierung (auch mittels Schlauchinlinerverfahren) entspricht demnach der Definition einer Baustelle und fällt somit in den Anwendungsbereich der BaustellV.
Die Verpflichtung zur Bestellung eines Koordinators (oder mehrerer Koordinatoren) ergibt sich gemäß § 3 BaustellV durch das Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber auf einer Baustelle.
In der RAB 10 wird hierzu unter Nummer 12 das "Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber" konkretisiert als:
"Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber liegt dann vor, wenn absehbar ist, dass Beschäftigte von mindestens zwei Arbeitgebern gleichzeitig oder nacheinander auf der Baustelle Arbeiten verrichten."
Hierzu werden jedoch in RAB 10 unter Nummer 12 auch folgende Einschränkungen gefasst:
"Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber liegt nicht vor, wenn der zeitliche Abstand zwischen dem Tätigwerden der Beschäftigten einzelner Arbeitgeber so groß ist, dass nach einer erfolgten Baustellenräumung eine erneute Einrichtung der Baustelle vorgenommen wird.
Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber liegt auch dann nicht vor, wenn neben den Beschäftigten eines Arbeitgebers die Beschäftigten weiterer Arbeitgeber:
- nur kurzzeitig tätig werden, wie zum Beispiel beim An- oder Abtransportieren und Abladen von Stoffen, Bauteilen oder Geräten, bei Prüfungen, Probennahmen und Vermessungsarbeiten,
- ausschließlich kontrollierende und/oder koordinierende Tätigkeiten ausführen."
Demnach ist für die Feststellung, ob die Verpflichtung zur Bestellung eines Koordinators besteht, zu betrachten, welche der zuvor genannten Bedingungen auf das jeweilige Bauvorhaben zutreffen.
Hinweis:
Abschließend noch die Hinweise, dass für jede Baustelle, bei der die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden oder der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet, eine Vorankündigung an die zuständige Behörde zu übermitteln ist.
Zudem sind für Baustellen für die eine Vorankündigung erforderlich ist oder auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erstellen, sofern besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II der BaustellV ausgeführt werden.