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Welche Auswirkungen hat das Urteil des EuGH auf die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten von Berufskraftfahrern?
KomNet Dialog 44055
Stand: 13.12.2024
Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Sozialvorschriften im Straßenverkehr > Arbeitszeit von Kraftfahrern
Frage:
Der Europäischen Gerichtshof EuGH, urteilte im 02. März 2023, RS C-477/21, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei völlig unterschiedliche Rechte sind, die der Arbeitgeber getrennt voneinander gewähren muss. Arbeitnehmern ist grundsätzlich eine zusammenhängende Gesamtruhezeit von 35 Stunden (24 Stunden reduzierte wöchentliche Ruhezeit sowie 11 Stunden tägliche Ruhezeit) innerhalb eines Siebentageszeitraums zu gewähren. Wie ist es bei einer regelmäßigen wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden. Ist eine verkürzte tägliche Ruhezeit auch möglich ( 24+9 ) = 33 Std. Bezug auf Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 .
Antwort:
In dem vorgenannten Urteil wurde eine bereits bestehende gesetzliche Bestimmung aus dem Arbeitszeitgesetz durch das Europäische Gerichtshof verbindlich festgelegt und hat grundsätzlich gemäß § 21 a Arbeitszeitgesetz keine Relevanz zu den Ruhezeitenregelungen der Kraftfahrer.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 02.03.2023, Rechtssache C- 477/21) sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Arbeitnehmern eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums sowie eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden zu gewähren. Der Gerichtshof stellte fest, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit gemäß der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung zwei autonome Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die tägliche Ruhezeit ermöglicht es dem Arbeitnehmer, sich für eine bestimmte Anzahl von Stunden, die nicht nur zusammenhängen, sondern sich auch unmittelbar an eine Arbeitsperiode anschließen müssen, aus seiner Arbeitsumgebung zurückzuziehen.
Die wöchentliche Ruhezeit ermöglicht es dem Arbeitnehmer, sich pro Siebentageszeitraum auszuruhen. Folglich ist den Arbeitnehmern die tatsächliche Inanspruchnahme beider Rechte zu gewährleisten. Die kumulative Erholungszeit von 35 Stunden ist hierbei zwingend erforderlich. Eine Umsetzung dieser EuGH-Rechtsprechung ist durch die europarechtskonforme Auslegung von § 9 Absatz 1 i. V. m. § 11 Absatz 4 ArbZG gegeben.
Auch nach dem Arbeitszeitgesetz sind die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit zwei autonome Rechtsinstitute. § 5 Absatz 1 ArbZG regelt die tägliche ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden, die nach der Beendigung der täglichen Arbeit zu beginnen hat. Das Arbeitszeitgesetz enthält zudem eine Regelung für eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, indem dort geregelt ist, dass sonntags von 0 bis 24 Uhr in der Regel nicht gearbeitet werden darf (§ 9 Absatz 1 ArbZG) bzw. dass bei einer ausnahmsweise getätigten Sonntagsarbeit innerhalb von zwei Wochen ein Ersatzruhetag zu gewähren ist (§ 11 Absatz 3 ArbZG). Möglichkeiten der Kürzung von Ruhezeiten (auf 10 bzw. 9 Stunden) sind nach den normalen Regelungen möglich.
Die beschriebene Reduzierung der wöchentlichen Ruhezeit (mindestens 24 Stunden anstatt 45 Stunden) ist eine Regelung aus der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und ist nicht anwendbar auf die wöchentlichen Ruhezeitregelungen aus dem Arbeitszeitgesetz. Im Fahrpersonalrecht muss eine verkürzte wöchentliche Ruhezeit durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen werden, die zusammenhängend spätestens vor Ablauf der dritten Woche nach der betreffenden Woche nachgeholt und an eine Ruhezeit, die mindestens 9 Stunden beträgt, angehängt werden.