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Ist eine verantwortliche Elektrofachkraft einer bestimmten Abteilung bzw. Stabstelle zuzuordnen?
KomNet Dialog 44051
Stand: 05.12.2024
Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Beauftragte / Bestellte > Elektrofachkraft
Frage:
Ist eine verantwortliche Elektrofachkraft einer bestimmten Abteilung bzw. Stabstelle zuzuordnen oder kann sie in allen möglichen Abteilungen integriert werden, sofern die fachliche Weisungsfreiheit gewährleistet ist?
Antwort:
Nein, die Entscheidung der Zuordnung obliegt dem Arbeitgeber.
Die grundsätzlichen Anforderungen an ein betriebliches Arbeitsschutzsystem sind im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) geregelt. Analoge Regelungen finden sich in den DGUV Vorschriften, u. a. der DGUV Vorschrift 1 und der DGUV Regel 100-001.
Nach dem ArbSchG hat der Arbeitgeber für eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu sorgen. Dazu gehören auch alle Beauftragungen, die im Arbeitsschutzrecht vorgesehen sind. Wichtig ist bei der Aufgabenübertragung immer die Auswahlverantwortung: Ist die Person befähigt, die Aufgabe wahrzunehmen? Hat sie die notwendige Ausbildung und ist sie von ihrer Persönlichkeit her in der Lage, der Aufgabe gerecht zu werden? Hat sie die mit der Aufgabe verbundenen Kompetenzen und Befugnisse mit übertragen bekommen? Welche Fortbildungen/Qualifikationen sind erforderlich oder sinnvoll?
Die Verantwortung für die Beauftragungen hat erst einmal der Arbeitgeber. Weiter verantwortlich sind nach § 13 ArbSchG sein gesetzlicher Vertreter und z. B. andere Personen, die mit der Leitung des Unternehmens oder des Betriebes beauftragt sind. Daneben kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich mit einzelnen Aufgaben beauftragen, die ihm als Arbeitgeber obliegen.
Der Gesetzgeber hat hierfür keine einheitliche Vorgaben gemacht. Es bleibt also bei der Festlegung, welche Beauftragungen es in einem Betrieb/einem Unternehmen gibt - wie sie realisiert werden, liegt in der Entscheidung vor Ort.
Der Arbeitgeber hat nach dem Arbeitsschutzgesetz für eine geeignete Organisation zu sorgen. Ist dies nicht geregelt, bleibt die komplette Verantwortung beim Arbeitgeber.
In den Vorschriften des Arbeitsschutzes wird "Verantwortliche Elektrofachkraft" nicht als eigenständiger Begriff definiert. Die arbeitsschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten einer Elektrofachkraft ergeben sich aus den vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben und sind von der Organisationsstruktur des Betriebes und den dort getroffenen Festlegungen abhängig.
In der DGUV Information 203-002 "Elektrofachkräfte" ist im Abschnitt 4 "Im Bereich Elektrotechnik tätige Personen" zu einer verantwortlichen Elektrofachkraft nachzulesen:
"Verantwortliche Elektrofachkraft
Für die verantwortliche fachliche Leitung eines elektrotechnischen Betriebes oder Betriebsteiles ist nach VDE 1000-10 eine verantwortliche Elektrofachkraft erforderlich, welche als Elektrofachkraft grundsätzlich eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker/zur staatlich geprüften Technikerin, zum Industriemeister/zur Industriemeisterin, zum Handwerksmeister/zur Handwerksmeisterin, zum Diplomingenieur/zur Diplomingenieurin, Bachelor oder Master absolviert hat. Eine verantwortliche Elektrofachkraft übernimmt zusätzlich zur Fachverantwortung die Aufsichtsverantwortung.
Dies wird notwendig, wenn neben den Arbeiten vor Ort im Zusammenhang mit den elektrotechnischen Arbeiten zusätzlich Aufgaben erforderlich sind, wie
• Planen, Projektieren, Konstruieren,
• Organisieren der Arbeiten,
• Festlegen der Arbeitsverfahren,
• Auswählen der geeigneten Arbeits- und Aufsichtskräfte, Bekanntgeben und Erläutern der einschlägigen Sicherheitsfestlegungen,
• Festlegen der zu verwendenden Werkzeuge und Hilfsmittel,
• Durchführen notwendiger Schulungsmaßnahmen und
• Kontrolle von Arbeitsabläufen durch Stichproben oder Erfolgskontrollen.
Eine verantwortliche Elektrofachkraft unterliegt hinsichtlich der Einhaltung der elektrotechnischen Sicherheitsmaßnahmen keinen fachlichen Weisungen. Für die elektrische Sicherheit sind nur die verantwortlichen Elektrofachkräfte und nicht die ausschließlich disziplinarischen Vorgesetzten verantwortlich.
Sie müssen vom Unternehmer im Rahmen der Pflichtenübertragung schriftlich bestellt werden. Ein mögliches Bestellschreiben ist beispielhaft für verschiedene Aufgaben als Muster im Anhang 2 angefügt."
Eine Aussage, ob die Position der verantwortlichen Elektrofachkraft auch extern vergeben werden kann, findet sich hier nicht. Dies hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich, mit Unterstützung der Fachkraft für Arbeitssicherheit, festzulegen.
Da es sich hierbei um das Satzungsrecht der Unfallversicherungsträger handelt, kann von uns keine verbindliche Aussage getroffen werden. Wir können nur allgemeine Hinweise geben. Für eine verbindliche Aussage empfehlen wir Ihnen, die Frage direkt mit Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder dem entsprechenden Sachgebiet der DGUV zu klären.
Hinweis:
Für DIN-Vorschriften gibt das Deutsche Institut für Normung eine Erläuterung bezüglich der Rechtsverbindlichkeit von Normen:
"Die Anwendung von Normen ist grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen. Rechtsverbindlichkeit erlangen Normen, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen wie zum Beispiel EU-Richtlinien auf sie verweisen. Daneben können Vertragspartner die Anwendung von Normen auch in Vereinbarungen verbindlich festlegen.
In Fällen, in denen DIN-Normen weder von den Vertragsparteien zum Inhalt eines Vertrages gemacht worden sind, noch durch den Gesetzgeber verbindlich vorgeschrieben werden, dienen sie im Streitfall dennoch als Entscheidungshilfe, beispielsweise in Haftungsprozessen. Gerichte ziehen Normen und technische Regeln in Verfahren auf dem Gebiet des Mängelgewährleistungsrechts sowie des Delikts- und Produkthaftungsrechts heran, um zu beurteilen, ob der Hersteller die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet und somit die verkehrsübliche Sorgfalt eingehalten hat.
Normen sind damit in der Regel Empfehlungen, deren Einhaltung für Unternehmer im Hinblick auf mögliche Haftungsfälle eine gewisse Rechtssicherheit darstellt."
Folgende Informationen der BG ETEM haben wir noch für Sie zusammengestellt. Hier ist nachzulesen, dass die VDE 1000-10 zur Konkretisierung der betrieblichen Organisation herangezogen werden kann, rechtlich jedoch nicht bindend ist.
In dem von der BG ETEM herausgegebenen Magazin "ETEM" Ausgabe 1/2013 wird in dem Artikel "Auf Sicherheit schalten" u. a. auch auf die verantwortliche Elektrofachkraft näher eingegangen. Hier kann u. a. Folgendes nachgelesen werden:
"Die Fachverantwortung – auch Handlungsverantwortung genannt – obliegt jedem, der durch Arbeits- oder Dienstvertrag oder Ernennung für bestimmte Bereiche, Aufgaben oder Personen zuständig ist. Im Rahmen einer arbeitsplatzbezogenen Aufgabenstellung, Verantwortung, Einflussmöglichkeit und Ressourcenautonomie spricht man auch von Bereichsverantwortung – besonders dann, wenn zu diesem Verantwortungsbereich weisungsgebundene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen.
Die Fachverantwortung, die aus dem Verständnis der BGV A3 gesehen, im Begriff „Elektrofachkraft“ zusammengefasst ist, kann einzig und allein durch den Unternehmer oder Vorgesetzten mit entsprechender elektrotechnischer Qualifikation im eigenen Betrieb übertragen werden und bedarf in der Regel keiner besonderen Verfügung oder Beauftragung. Allerdings findet sich der Hinweis auf die schriftliche Beauftragung von zuverlässigen und fachkundigen Personen in § 13 (2) ArbSchG.
Die „geeigneten“ Mitarbeiter nehmen die ihnen übertragenen Aufgaben „in eigener Verantwortung“ wahr (§ 13 Abs. 2 ArbSchG). Das hebt die generelle Verantwortung der höheren Leitungsebene nicht auf, sondern präzisiert im Hinblick auf die Herstellung sicherer Zustände für die Beschäftigten eine organisierbare und finanzierbare Verantwortungsstruktur.
Darüber hinaus können Führungskräfte und Bereichsverantwortliche weitergehende Aufgaben delegieren, z. B. im Rahmen der Verantwortlichkeit für ein bestimmtes Projekt oder eine bestimmte, zeitlich befristete Aufgabe (z. B. Umbaumaßnahme).
Auch hier ist die schriftliche Form geboten. Im Zuge der betrieblichen Aufbauorganisation, d. h. Festlegung von Führungsebenen, kann der Unternehmer ihm obliegende Aufgaben zur Durchführung in eigener Verantwortung auf andere Personen übertragen (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 ArbSchG, § 13 BGVA1). Das erfolgt vorzugsweise schriftlich. Mit der Delegation dieser Aufgaben (Unternehmerpflichten) auf andere (Führungs-) Personen wird auch die Weisungsbefugnis übertragen, da sonst keine Personalführung möglich ist.
Zur Sicherstellung dieser übertragenen Fachverantwortung spricht die BGVA3 „nur“ von der Elektrofachkraft (EF). Doch schon die Ausübung von Leitung und Aufsicht gegenüber Personen ohne Kenntnisse und Erfahrungen einer Elektrofachkraft, z.B. elektrotechnisch unterwiesene Personen oder Laien, bedingt neben der Fachverantwortung auch die Übernahme von Führungsverantwortung. Zur Erfüllung der Anforderungen wird gerne auch immer wieder auf die DIN VDE 1000-10 und den dort festgelegten Begriff „Verantwortliche Elektrofachkraft“ verwiesen. Aus ihr ergibt sich aber nicht zwangsläufig eine Weisungsbefugnis im Sinne eines Gesetzes (BGB, ArbSchG, OWiG, UVV).
Die VDE-Bestimmung DIN VDE 1000-10 kann bei der Konkretisierung der betrieblichen Organisation herangezogen werden, ist rechtlich jedoch nicht bindend. Sie ist eine technische Regel. Darüber hinaus gibt diese Norm in der Anmerkung zum Abschnitt 5.3 die Möglichkeit, auch Personen anderer Ausbildungsgänge als die eines Technikers, Meisters oder Ingenieurs als „Verantwortliche Elektrofachkraft“ einzusetzen. Ein erfahrener Geselle mit Führungsqualitäten kann auch als „Technische Führungskraft“ benannt werden. Die hierfür notwendige Qualifikation ist gesondert nachzuweisen. Deren Überprüfung kann durch den Unternehmer oder eine von ihm beauftragte Person (EF) erfolgen."