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Ist bei einer potentiellen Ex-Schutz-Zone 2 eine Zonenreduzierung (keine Zone im Ergebnis) mittels Gaswarnanlage zulässig?

KomNet Dialog 44046

Stand: 19.12.2024

Kategorie: Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Explosionsschutz, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen > Sicherheitstechnische Anforderungen, Sicherheitseinrichtungen

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Frage:

Im Bereich eines neu zu erichtenden Heizwerks sollen BHKW-Module und Heizkessel mit Erdgas betrieben werden. Im Rahmen der tätigkeitsbezonenen Gefährdungsbeurteilung i.S.d. ArbSchG, BetrSichV und GefStoffV wird nun auch das Explosionsschutzdokument vor der Errichtung / Tätigkeitsaufnahme erstellt. Ab der Gasübergabe im Gebäude werden die Leitungen auf Dauer technisch dicht ausgeführt sein. Der Anschluss an die BHKW-Module und Heizkessel wird dagegen technisch dicht ausgeführt. Zur Vermeidung einer Zone 2 im Aufstellungsraum soll neben automatisierten Lüftungsanlagen auch eine Gaswarnanlage zur Zonenreduzierung eingesetzt werden. Ist bei einer potentiellen Zone 2 eine Zonenreduzierung (ergo keine Zone im Ergebnis) mittels Gaswarnanlage zulässig? Welche Anforderungen muss die Gaswarnanlage erfüllen? Welche automatisierten Reaktionen / Schaltungen (z.B. Lüftung, Gaszufuhr) müssen eingeplant werden, damit eine Zonenreduzierung mittels Gaswarnanlage zulässig ist?

Antwort:

Die Voraussetzungen für die Bildung eines gefährlichen explosionsfähigen Gemisches ist das Vorhanden sein von Gefahrstoffen im Sinne von § 3 Abs. (2) Nr. 1 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur im Intervall zwischen -20 und +60 °C; Umgebungsdruckintervall im Bereich von 800… 1.100 hPa) handelt es sich ggf. um den Spezialfall der explosionsfähigen Atmosphären. Die Richtlinie 1999/92/EG (ATEX 153) schreibt in den Vorbemerkungen zum Anhang I Nr. 1 Satz 2 (trivial aber ausdrücklich) vor:

„Ein Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphäre nicht in solchen Mengen zu erwarten ist, daß besondere Schutzmaßnahmen erforderlich werden, gilt als nichtexplosionsgefährdeter Bereich (vgl. auch § 2 Absatz (10) BetrSichV, Ausgabe 2002)“

Zur sachgerechten Beantwortung der Frage ist es erforderlich im Sinne von § 6 GefStoffV die vollständige Informationsermittlung zum Gefahrstoff vorzunehmen. Hierzu gehören alle erforderliche Daten und Eigenschaften, also auch der Grenzwerte (hier z. B. auch des AGW gemäß TRGS 900).

Der § 7 GefStoffV schreibt die „Rangfolge der Schutzmaßnahmen“ beim Umgang mit Gefahrstoffen verbindlich vor. Hierbei ist generell zu beachten, dass der „Stand der Technik“ im Sinne von § 2 Abs. (15) GefStoffV zu realisieren ist. Das bedeutet auch, dass Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung nachrangig gegenüber den Maßnahmen zur Vermeidung gefährlicher explosionsfähiger Gemische sind.

Hinweis: Anlagen eines BHKW sind nicht geeignet für den Einsatz in explosionsfähiger Atmosphäre im Sinne der 2014/34/EU. Infolgedessen dürfen auch in dem Kessel- oder Motorenraum keine explosionsgefährdeten Bereiche (Zonen) vorhanden sein.

Eine Zoneneinteilung im Kesselhaus würde bedeuten, dass das Kesselhaus in seinen Bestandteilen inklusive der Gebäudehülle zur „überwachungsbedürftigen Anlage“ im Sinne von § 34 Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen (ÜAnlG) in Verbindung mit § 2 Nr. 30 lit. f) Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) in der Fassung vom 19. Juni 2020 wird.

Das würde dann auch den statischen Nachweis nach Eurocode 1 (DIN EN 1991-1-7: 2028-1) erfordern, dass das Gebäude dem zu erwartenden Explosionsdruck in seiner tragenden Struktur standhält.

Generell ist es jedoch verboten, eine Explosion in Arbeitsstätten zuzulassen, weil hier durch Leben und Gesundheit von Beschäftigten und Dritten konkret gefährdet sind.

Der Betreiber hat (in Ermangelung eines AGW für Methan oder Erdgas) also folglich dafür zu sorgen, dass im BHKW der Arbeitsplatzgrenzwert für das aus Sicherheitsgründen beigemischte Odoriermittel nach dem Stand der Technik eingehalten wird (vergleiche TRGS 900). Das ist grundsätzlich auch problemlos nach dem Stand der Technik möglich.

Der Arbeitsplatzgrenzwert beträgt 0,5 ppm, und zwar sowohl für THT als auch für Ethylmercaptan.

Dem gegenüber beträgt die untere Explosionsgrenze (UEG)

  • für THT 15.000 ppm und
  • für Ethylmercaptan 28.000 ppm.


Die maximale Beimengung der Odoriermittel im Erdgas überschreitet den Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) deutlich:

  • Tetrahydrothiophen (THT): 5,55 ppm (AGW: 0,5 ppm, also überschritten).
  • Ethylmercaptan: 5,90 ppm (AGW: 0,5 ppm, ebenfalls überschritten).


Die Beimengungen liegen also etwa 11-fach über dem AGW der Odoriermittel.

Dies verdeutlicht die Notwendigkeit von Sicherheitsvorkehrungen bei der Handhabung oder Freisetzung von Erdgas. Auf diese Weise kann gleichzeitig die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Gemische (Atmosphäre) von Erdgas/Luft-Gemischen rechtskonform im Sinne von §§ 7, 11 GefStoffV in Kombination mit geeigneten Gaswarngeräten im Sinne von 2014/34/EU und sicherheitstechnischen Koppelung der Absperrung der Gaszufuhr sowie Einsatz geeigneter technischer Raumlüftung (und ggf. Inertisierung der Anlagen) über Prozessleittechnik sicher verhindert werden.