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Wie werden Einsätze während der Rufbereitschaft bei der Regelarbeitzeit und den Ruhezeiten berücksichtigt?
KomNet Dialog 44043
Stand: 23.11.2024
Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > zulässige Arbeitszeitdauer
Frage:
Unsere Abteilung muss an einer Rufbereitschaft teilnehmen. Nach einem Einsatz in der Rufbereitschaft beispielsweise am Dienstag von 04:00 Uhr bis 06:00 Uhr steht dem Mitarbeiter nach § 5 ArbZG eine Ruhezeit von 11 Stunden zu. Wenn sich der Mitarbeiter an die Ruhezeit hält, könnte dieser frühestens um 17 Uhr mit seiner regulären Tätigkeit beginnen. Durch die gleitende Arbeitszeit können wir bis 20 Uhr arbeiten. Jedoch kommt der Mitarbeiter dann nicht auf seine Regelarbeitszeit und baut somit Minusstunden auf. Der Arbeitgeber gleicht nach Dienstvereinbarung nur die Mindestarbeitszeit (Bei Vollzeit 4 Stunden) aus. Gibt es eine Möglichkeit, dies auf die Regelarbeitszeit aufzustocken? Aus unserer Sicht wäre die Aufstockung auf Mindestarbeitszeit zum Nachteil für den Mitarbeiter, wenn er sich an die Ruhezeiten hält.
Antwort:
Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rufbereitschaft richtet sich nach dem jeweiligen Arbeits- oder Tarifvertrag.
In Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (z.B. TVöD, TV-L, TV-Ärzte/VKA, TV-Ärzte/TdL) sowie den kirchenrechtlichen Arbeitsvertragsrichtlinien ist regelmäßig eine Verpflichtung des Beschäftigten zur Rufbereitschaft enthalten (für Teilzeitbeschäftigte u.U. unter dem Vorbehalt entsprechender individualrechtlicher Regelung).
Arbeitszeiten innerhalb der Rufbereitschaft sind Teil der werktäglichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers. Deshalb gelten auch für diese Arbeitszeiten die Grenzen der werktäglichen Höchstarbeitszeit von max. 10 Stunden/Tag. Dabei sind alle Arbeitszeiten innerhalb des Werktages zusammenzurechnen.
Bei einer Tagesarbeitszeit von z. B. 8 Stunden bleiben also noch 2 Stunden „Luft“ für eventuelle Einsätze in der Rufbereitschaft. Deshalb kann es sich empfehlen, vor Beginn der Rufbereitschaft nur einen verkürzten Arbeitstag vorzusehen, damit noch genug Abstand zur 10-Stunden-Grenze bleibt oder die tagesübliche Arbeitszeit „nach hinten“ zu schieben, damit potenzielle Einsätze noch in die „normale“ Arbeitszeit fallen.
Sofern zu Beginn eines Einsatzes bereits eine gesetzliche Ruhezeit eingehalten wurde, beginnt mit der Arbeitsaufnahme in der Rufbereitschaft ein neuer „individueller Werktag“ und die Arbeitszeit innerhalb der Rufbereitschaft zählt dann zum folgenden Arbeitstag (z. B. Beginn der Rufbereitschaft um 16:00 und Einsatz ab 03:30 Uhr: Bei Einsatzbeginn sind 11 Stunden Ruhezeit eingehalten und um 03:30 beginnt arbeitszeitrechtlich ein neuer „individueller Werktag“, der die Ausschöpfung der 10-Stunden-Höchstarbeitszeit ermöglicht).
Im Fall eines Einsatzes ist zu beachten, dass die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden gemäß § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) „ununterbrochen“ zu gewähren ist und dass ein Einsatz innerhalb der Rufbereitschaft die Ruhezeit unterbricht..
Für bestimmte Branchen gibt die Möglichkeit der Ruhezeitverkürzung aufgrund gesetzlicher Regelung (§ 5 Abs. 2 ArbZG); darüber hinaus können Tarifverträge Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen innerhalb der Rufbereitschaft vorsehen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG).
In der Praxis finden sich sehr unterschiedliche Vergütungsstrukturen. Soweit die Vergütung nicht in Tarifverträgen festgelegt ist, gibt es häufig betrieblich geregelte Tages- oder Wochenpauschalen (ggf. differenziert nach Rufbereitschaften an Tagen Montag bis Freitag vs. Samstag, Sonntag, Feiertag).
Gleiches gilt für den pauschalen Ausgleich für die Rufbereitschaft in Form von Arbeitszeit.
Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und einer vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Zwar ist die Rufbereitschaft Ruhezeit und nicht Arbeitszeit (vgl. Ziff. 2). Da es innerhalb der Rufbereitschaft aber zur Arbeitsaufnahme kommen kann, besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach Auffassung der Rechtsprechung auch für die Anordnung von Rufbereitschaft. Dies gilt nur für den Rufbereitschaftsplan („wer hat wann Rufbereitschaft“) - der konkrete Abruf aus der Rufbereitschaft löst das Mitbestimmungsrecht nicht aus.