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Muss nach aktueller Rechtslage die Qualifizierung eines Mitarbeiters zur Bedienung eines Elektro-Hochhubwagens durch eine theoretische oder praktische Prüfung dokumentiert werden?
KomNet Dialog 43979
Stand: 16.07.2024
Kategorie: Sicherer Transport > Innerbetrieblicher Transport > Flurförderzeuge, Gabelstapler
Frage:
Muss nach aktueller Rechtslage die Qualifizierung eines Mitarbeiters zur Bedienung eines Elektrohochhubwagens durch eine theoretische oder praktische Prüfung dokumentiert werden? Oder gilt immer noch die DGUV V68 in Verbindung mit DGUV G 308-001?
Antwort:
Der Begriff Mitgänger-Flurförderzeuge ist im § 2 Absatz 4 der DGUV Vorschrift 68 wie folgt definiert:
„(4) Mitgänger-Flurförderzeuge im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind Flurförderzeuge, die durch einen mitgehenden Fahrer gesteuert werden.“
In den Durchführungsanweisungen zur DGUV Vorschrift 68 ist zu § 2 Absatz 4 Folgendes aufgeführt:
„Für „Mitgänger-Flurförderzeuge“ wird vielfach auch der Begriff „Geh-Flurförderzeuge“ verwendet.
Mitgänger-Flurförderzeuge können auch mit Einrichtungen zum Mitfahren des Fahrers, z.B. mit hochklappbaren Fahrerstandplattformen, ausgerüstet sein."
In § 7 Absatz 2 der DGUV Vorschrift 68 heißt es wie folgt:
„(2) Der Unternehmer darf mit dem Steuern von Mitgänger-Flurförderzeugen nur Personen beauftragen, die geeignet und in der Handhabung unterwiesen sind.“
In den Durchführungsanweisungen zur DGUV Vorschrift 68 wird zu § 7 Absatz 2 erläutert:
„Mitgänger-Flurförderzeuge mit Fahrerstandplattform, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit mehr als 6 km/h beträgt, gelten als Flurförderzeuge mit Fahrerstand. Insofern gilt dann § 7 Abs. 1."
In den Hintergrundinformationen für die Lehrkraft „Mitgänger-Flurförderzeuge“ wird zur Beauftragung Folgendes geschrieben:
„Egal ob Auszubildende oder Aushilfen, Neulinge oder langjährig Beschäftigte, wer Mitgänger-Flurförderzeuge steuert, trägt Verantwortung für sich selbst und für andere. Deshalb dürfen für diesen Job auch nur Personen beauftragt werden, die körperlich, geistig und charakterlich geeignet, 18 Jahre alt, gründlich in die Handhabung eingewiesen und unterwiesen worden sind.1“
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wird durch die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) konkretisiert, wie den TRBS 1116, TRBS 2111 und TRBS 2111 Teil 1.
Die TRBS 1116 „Qualifikation, Unterweisung und Beauftragung von Beschäftigten für die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln“ nennt im Abschnitt 3.2 Absatz 5 Folgendes:
„Zu den Arbeitsmitteln, für deren Verwendung eine Beauftragung nach § 12 Absatz 3 BetrSichV erforderlich ist, zählen beispielsweise
1. Flurförderzeuge mit Fahrersitz,
2. Flurförderzeuge mit Fahrerstand,
3. Flurförderzeuge, die durch Mitgänger geführt werden,
[…]“
Der Abschnitt 3.7 der TRBS 1116 befasst sich mit der Beauftragung von Beschäftigten. Dort heißt es:
„(1) Die Beauftragung von Beschäftigten hat nachvollziehbar zu erfolgen. Dies kann z. B. durch einen Fahrer- oder Bedienerausweis, einen dokumentierten Arbeitsauftrag, einen Erlaubnisschein oder durch entsprechende betriebliche Dokumentation wie Organisationshandbücher erfolgen. Die Beauftragung gilt immer nur für den Arbeitsbereich, die Tätigkeiten oder die Arbeitsmittel, für die sie erteilt wurde. […]"
Der in der TRBS 1116 genannte DGUV Grundsatz 308-001 umfasst im Anwendungsbereich unter Abschnitt 1.2 Folgendes:
„Dieser DGUV Grundsatz findet keine Anwendung auf Flurförderzeuge, die durch eine mitgehende Bedienperson, auch Mitgänger genannt, gesteuert werden.“
Nach der TRBS 1116 ist eine Beauftragung für Flurförderzeuge, die durch Mitgänger geführt werden, nach Abschnitt 3.7 erforderlich.
Es dürfen zum Steuern von Mitgänger-Flurförderzeugen nur Personen beauftragt werden, die körperlich, geistig und charakterlich geeignet, 18 Jahre alt, gründlich in die Handhabung eingewiesen und unterwiesen worden sind.
Im Abschnitt 3.5 Absatz 3 der TRBS 1116 ist Folgendes aufgeführt:
„(3) Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass Beschäftigte ausreichend qualifiziert sind, wenn die Qualifizierung gemäß Abschnitt 4 durchgeführt und mit einer erfolgreichen Lernerfolgskontrolle abgeschlossen wurde."
Im Abschnitt 4.6 „Lernerfolgskontrolle" der TRBS 1116 heißt es wie folgt:
„Lernerfolgskontrollen dienen dem Nachweis, dass die Beschäftigten über die für eine Beauftragung nach Abschnitt 3.7 erforderliche Qualifikation verfügen. Der Arbeitgeber kann diesbezügliche Nachweise nutzen, um sich von den erforderlichen Kompetenzen zu überzeugen. Bestandteil der Qualifizierung sind daher eine oder mehrere Lernerfolgskontrollen, die sich auf die theoretischen und auf die praktischen Inhalte beziehen."
Demnach kann davon ausgegangen werden, dass für die Bediener von Mitgänger-Flurförderzeugen ein Nachweis der erforderlichen Qualifikation als Grundlage für die Beauftragung nach Abschnitt 3.7 vorhanden sein muss.
Die Qualifizierung umfasst somit eine theoretische und praktische Prüfung. An die Qualifizierung werden höhere Anforderungen gestellt als an die Unterweisung.
Ausführliche Informationen hierzu können dem Artikel „Fahrer von Flurförderzeugen im Fokus - Erforderliche Qualifikation und Beauftragung in TRBS 1116 neu geregelt" von Herrn Dr.-Ing. Hans-Peter Kany, Leiter des Fachbereichs Handel und Logistik der DGUV, Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), Mannheim entnommen werden. Dort ist u. a. Folgendes nachzulesen:
"[...]
Allgemein muss der Arbeitgeber im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung festlegen, welche Arbeitsmittel betroffen sind. Für folgende Arbeitsmittel gibt die TRBS vor, dass bei deren Einsatz von einer besonderen Gefährdung auszugehen ist:
❙ Flurförderzeuge mit Fahrersitz
❙ Flurförderzeuge mit Fahrerstand
❙ Flurförderzeuge, die durch Mitgänger geführt werden
❙ Teleskopstapler
❙ Hubarbeitsbühnen
❙ Krane
❙ Bagger und Lader.
Bediener bzw. Fahrer dieser Geräte benötigen eine besondere Qualifikation und eine besondere Beauftragung.
Für das Bedienen eines Gabelstaplers sind – wie schon in der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Flurförderzeuge“ festgelegt – eine besondere Qualifikation und eine besondere Beauftragung, meist schriftlich, erforderlich. Für die anderen aufgeführten Geräte, wie Mitgängerflurförderzeuge, war dies bisher nicht oder nur mit geringer Verbindlichkeit gefordert. Dieses wird durch die TRBS 1116 jetzt neu geregelt.
Für die in der TRBS 1116 aufgeführten Arbeitsmittel muss der Unternehmer festlegen, welche Qualifikation für das Bedienen des jeweiligen Arbeitsmittels erforderlich ist. Als rechtssichere Umsetzung dieser allgemeinen Forderung wird auf die entsprechenden DGUV-Grundsätze zur Qualifizierung der Bediener bzw. Fahrer verwiesen (s. Info-Kasten).
[...]"
Hinweis:
Auf die Informationen der BGHW und der BG BAU möchten wir hinweisen.