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Ist es zulässig, dass mein Arbeitgeber organisatorische Dinge (wie Erste-Hilfe-Kurse, DGUV Vorschrift 3 Prüfungen und arbeitsmedizinische Vorsorge) nicht regelt, sondern an die Beschäftigten delegiert?
KomNet Dialog 43976
Stand: 13.07.2024
Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsschutzmanagement > Verantwortlichkeit, Delegation von Verantwortung
Frage:
Ich möchte wissen, ob es zulässig ist, dass mein Arbeitgeber organisatorische Dinge (wie Erste-Hilfe-Kurse, DGUV V3 Prüfungen und arbeitsmedizinische Vorsorge) nicht regelt bzw. plant, sondern von den Arbeitnehmern verlangt, dass sie diese Termine selbstständig organisieren. Gibt es hierfür gesetzliche Regelungen oder Richtlinien, die diesbezüglich eingehalten werden müssen? Es ist klar, dass in den meisten Richtlinien bzw. Gesetzen Dinge stehen wie "Der Arbeitgeber hat..." aber kann der Arbeitgeber diese Aufgaben an die einzelnen Arbeitnehmer delegieren?
Antwort:
„der Arbeitgeber hat….“ ist hier der richtige Ansatz.
Gemäß § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.
Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten
1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie
2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.
Durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG wird geregelt, dass der Arbeitgeber für eine geeignete Organisation sorgen muss. Dies umfasst somit auch die Organisation der Ersten Hilfe, der Prüfung von Arbeitsmittel und die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Konkretisiert werden diese Pflichten durch die Arbeitsschutzvorschriften nach § 18 ArbSchG (Betriebssicherheitsverordnung, arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung).
Bereits die amtliche Überschrift des § 3 ArbSchG „Grundplichten des Arbeitgebers“ signalisiert, dass es sich um eine arbeitsschutzrechtliche Basisvorschrift handelt. In der Sache normieren die Grundpflichten des § 3 ArbSchG Anforderungen an folgende Aspekte des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes:
- Inhalt und Umfang der Verantwortung des Arbeitgebers für den Arbeitsschutz
- Vorgehens- und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz,
- Pflicht zur Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes sowie
- Regelungen der Kostentragungspflicht für Arbeitsschutzmaßnahmen.
Obgleich § 3 ArbSchG die Anforderungen sprachlich nur sehr abstrakt umreißt, handelt es sich nicht etwa nur um unverbindliche Programmsätze. Die Vorschrift ist vielmehr als Generalklausel zu verstehen, aus der rechtliche verbindliche Handlungspflichten folgen.
Die systematische Verknüpfung der Grundpflichten mit anderen Vorschriften des ArbSchG und der Arbeitsschutzvorschriften nach § 18 ArbSchG (hier auch die Betriebssicherheitsverordnung und die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung) lässt sich gut an der auf den ersten Blick recht offenen Forderung des § 3 Abs. 1 ArbSchG verdeutlichen, wonach der Arbeitgeber die „erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ zu treffen hat. Was „erforderlich“ ist, folgt systematisch aus der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG. Ferner werden die Grundpflichten durch andere Bestimmungen des ArbSchG und der Arbeitsschutzverordnungen inhaltlich aufgefüllt.
Die fehlende Planung bzw. Organisation des Arbeitsschutzes im Bereich von Fortbildungen, der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder bei der Prüfung von Arbeitsmitteln steht somit nicht im Einklang mit den Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes. Der Arbeitgeber ist als Normadressat für die Umsetzung des Arbeitsschutzes verantwortlich. Somit hat der Arbeitgeber den betrieblichen Arbeitsschutz zu organisieren. Denkbar wäre, dass der Arbeitgeber die grundsätzlichen Strukturen organisiert und die Beschäftigten im Einzelfall die Terminierung diverser Fortbildungen in eigener Zuständigkeit durchführen. Die Kontrolle und die Kosten für die Maßnahmen bleiben jedoch immer beim Arbeitgeber.