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Wäre bei hohen Infektionszahlen (Ringelröteln) in Krankenhäusern ein berufliches Beschäftigungsverbot gerechtfertigt, oder sollten andere Maßnahmen getroffen werden?
KomNet Dialog 43938
Stand: 30.04.2024
Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen
Frage:
Ich betreue als Arbeitsmediziner Krankenhäuser. Bei aktuell hohen Infektionszahlen von Ringelröteln stellt sich mir die Frage, wie mit schwangeren Mitarbeiterinnen (hauptsächlich Pflegekräften und Ärztinnen) umzugehen ist, die immunologisch keinen Schutz gegen Parvovirus B19 haben. Eine beruflicher Kontakt zu jüngeren Kindern sollte ausgeschlossen werden. Aber reicht das? Aktuell ist ja auch von erhöhten Infektionszahlen bei Erwachsenen auszugehen, insbesondere im Krankenhaussetting. Wäre an der Stelle ein berufliches Beschäftigungsverbot gerechtfertigt, oder sollten andere Maßnahmen getroffen werden, solange es hohe Infektionszahlen gibt? Gemäß des Schulministerium müssen schwangere Lehrkräfte mit fehlendem Immunschutz gegen Ringelröteln die Schule verlassen, wenn irgendwo an der Schule ein Fall gemeldet wird.
Antwort:
Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Erfasst werden die Gefährdungen, die bei der Arbeit bzw. im Rahmen beruflich bedingter Tätigkeiten oder bei der Ausbildung entstehen und das allgemeine Lebensrisiko übersteigen (Nr. 3 Abs. 2 AfMu-Regel Nummer 10.1.01, MuSchR, Gefährdungsbeurteilung).
Im Hinblick auf den Infektionsschutz ist für jede Schwangere eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, da sich die Durchführungsform der Tätigkeiten, sowie die Arbeits-, Raum- und Lüftungsbedingungen auch bei an sich gleichen Berufsgruppen und Tätigkeiten erheblich unterscheiden können. Werden im Rahmen der anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung für die Schwangere berufliche Situationen identifiziert, die mit einer erhöhten Infektionsgefährdung einhergehen können, sind Schutzmaßnahmen festzulegen. Art und Umfang der Schutzmaßnahmen sind auf Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung und konkret für jede einzelne Schwangere festzulegen (FAQ "Mutterschutz bei luftgetragenen Infektionserregern" des Ausschusses für Mutterschutz beim BMFSFJ).
Es ist derzeit davon auszugehen, dass unter den schwangerschaftsrelevanten Biostoffen die CMV- und die Parvovirus B19-Infektionen für Schwangere das größte Risiko darstellen. Beide Viren sind nicht impfpräventabel und werden vor allem durch Kontakt zu Ausscheidungsprodukten (Speichel, Nasensekrete, Urin etc) von unter drei- beziehungsweise unter sechsjährigen Kindern übertragen, die an den Infektionen überwiegend nicht erkranken oder nur leichte Symptome aufweisen. In diesen beiden Fällen erfolgt der Großteil der Übertragungen jedoch durch außerberufliche Exposition (Nr. 4 AfMu - Hintergrundpapier [MuSchH] Nr. 01.2022 - Information zur Relevanz von Infektionserregern in Deutschland aus Sicht des Mutterschutzes [Stand 15.09.2022]).
Empfohlene Schutzmaßnahmen bei erhöhtem Infektionsrisiko mit Parvovirus B19:
· Persönliche Schutzausrüstung, Basishygiene.
· Bei Seronegativität: Alternative Tätigkeit oder befristetes Beschäftigungsverbot in SSW 1 - 20 bei Betreuung/Kontakt von Kindern unter 6 Jahren (AfMu - Hintergrundpapier [MuSchH] "Information zur Relevanz von Infektionserregern in Deutschland aus Sicht des Mutterschutzes" Nummer 01.2022 [Stand 15.09.2022]).
Den aktuellen Presseinformationen ist zu entnehmen, dass in diesem Jahr neben Kindern im Kindergartenalter insbesondere auch Schulkinder gehäuft an Ringelröteln erkranken. Offizielle Infektionszahlen sind allerdings nicht verfügbar, da es sich bei Ringelröteln nicht um eine meldepflichtige Erkrankung im Sinne des IfSG handelt. Berichte über eine erhöhte Zahl von Ringelrötelninfektionen bei Erwachsenen sind bisher nicht bekannt.
Fazit:
Es ist immer eine Einzelfallentscheidung und die letztendlichen Schutzmaßnahmen sind im Rahmen der individuellen Gefährdungsbeurteilung festzulegen, wobei das Beschäftigungsverbot immer die letzte Schutzmaßnahme darstellt. Weiter ist für die Beurteilung der Gefährdungslage durch Parvovirus B19 am Arbeitsplatz das regionale Infektionsgeschehen grundsätzlich ein wichtiger Faktor. Liegen Erkenntnisse vor, dass das Infektionsrisiko mit dem Parvovirus B19 an dem konkreten Arbeitsplatz gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko erhöht ist, sind diese zu berücksichtigen. In Ihrem konkreten Fall kann dies auch bedeuten, dass ein beobachtetes erhöhtes Auftreten von Ringelröteln in die Betrachtung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung mit einbezogen wird. Zu beachten ist dabei jedoch, inwieweit sich das Infektionsgeschehen tatsächlich auf den Einzugsbereich der jeweiligen Arbeitsstätte auswirkt.