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KomNet-Wissensdatenbank

Darf eine schwangere Kinderkrankenschwester auf einer Frühgeborenenintensivstation beschäftigt werden?

KomNet Dialog 3306

Stand: 17.12.2023

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Ich bin Kinderkrankenschwester auf einer Frühgeborenenintensivstation. Ich bin in der 6.Woche schwanger und habe dieses meinem Arbeitgeber mitgeteilt. Nun soll ich die Intensivstation verlassen, obwohl ich dieses nicht möchte. Das Argument der Pflegedirektion ist die Gefahr der Infektion, die meines Erachtens aber mindestens genauso hoch, wenn nicht höher auf jeder anderen Station ist. Des weiteren behauptet sie, es hätte früher einen höheren Krankenstand auf Intensivstationen bei Schwangeren gegeben. Meine Frage lautet also, ob ich eine Möglichkeit habe, auf meiner Station bleiben zu dürfen?

Antwort:

Bei der Beschäftigung einer werdenden oder stillenden Mutter muss der Arbeitgeber von sich aus die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) einhalten und entsprechend erforderliche Schutzmaßnahmen treffen. Insbesondere ist der Arbeitgeber nach § 27 Abs. 1 MuSchG verpflichtet, unverzüglich nach Bekanntwerden der Schwangerschaft die zuständige Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen (in Nordrhein-Westfalen die Dezernate 56 der Bezirksregierungen) sowie den Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit von Mutter und Kind durch die berufliche Tätigkeit nicht gefährdet werden.

Der Arbeitgeber hat - unabhängig davon, ob eine Frau am Arbeitsplatz beschäftigt wird - bereits im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) für jede Tätigkeit jene Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer zu ermitteln, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt sein kann (anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG). Auf Grundlage dieser Beurteilung ist anschließend festzustellen, inwieweit Schutzmaßnahmen erforderlich werden. Mit Bekanntgabe der Schwangerschaft bzw. Stillbereitschaft hat der Arbeitgeber seine Beurteilung auf Aktualität zu überprüfen, die Schutzmaßnahmen festzulegen und der anzeigenden Arbeitnehmerin ein Gespräch zu weiteren Anpassungen anzubieten (§ 10 Abs. 2 MuSchG). In diesem Rahmen muss auch der Immunschutz für bestimmte Erkrankungen überprüft werden.

Ob Sie an ihrem Arbeitsplatz verbleiben können, ist daher von Ihrem Immunschutz abhängig. Einen sicheren Immunschutz kann nur eine Ärztin/ ein Arzt beurteilten und bescheinigen. Anamnestische Angaben gegenüber erfolgten Impfungen und stattgehabten Erkrankungen reichen nicht aus. Es müssen entweder in dem Impfpass dokumentierte Impfdosen (nach den Empfehlungen der STIKO zur Immunisierung) oder ein dokumentierter Antikörpernachweis (spezifische IgG) vorliegen. Diesbezüglich wenden Sie sich bitte an ihre Betriebsärztin /an ihren Betriebsarzt. Bei fehlendem Immunschutz muss Ihr Arbeitgeber die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsbeschränkungen beachten und Schutzmaßnahmen veranlassen. Umsetzungsmöglichkeiten sind zu prüfen. Wenn diese nicht möglich sind, soll ein generelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Falls Sie immun gegenüber den unten aufgezählten Erkrankungen sind, dürfen Sie auf ihrem Arbeitsplatz verbleiben.


Folgende Erkrankungen sind zu berücksichtigen:

Röteln: bei fehlendem Immunschutz Beschäftigungsverbot bis zum Ende der 20 Schwangerschaftswoche (SSW)

Ringelröteln: keine Impfung möglich, ein generelles Beschäftigungsverbot für nichtimmune (seronegative) Schwangere soll ausgesprochen werden.

Zytomegalie: keine Impfung möglich, bei fehlendem Immunschutz ist ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit Kindern bis zum vollendeten 3. Lebensjahr auszusprechen, danach ist unter Beachtung der erforderlichen Schutzmaßnahmen (Handschuhe, Freistellung vom Wickeln, keine Hilfestellung bei Toilettenbenutzung durch die Schwangere, Vermeidung jedes Kontaktes mit Urin und Speichel) eine Beschäftigung erlaubt

Windpocken: Beschäftigungsverbot für seronegative Schwangere für die gesamte Schwangerschaft

Masern: Beschäftigungsverbot für seronegative Schwangere für die gesamte Schwangerschaft

Mumps: Beschäftigungsverbot für seronegative Schwangere für die gesamte Schwangerschaft

Hepatitis B: Beschäftigungsverbot bei fehlendem Immunschutz und Tätigkeit in einer Einrichtung in einem Gebiet mit anzunehmender erhöhter Infektion der Bevölkerung (z.B. Kinder aus Familien bestimmter ausländischer Herkunft, Kinder aus sozial schwachen Familien z. B. Kinder von Drogensüchtigen...) oder auch bei bekannten Hepatitis B infizierten Kindern

Keuchhusten, Influenza, Scharlach, Hepatitis A: Befristetes Beschäftigungsverbot beim Auftreten der Erkrankung bzw. einer Epidemie in der Region

Einzelheiten über die Beschäftigung von Schwangeren beim beruflichen Umgang mit Kindern können Sie dem Merkblatt "Schwangere Frauen im beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen" der Arbeitsschutzverwaltung Baden-Württemberg entnehmen. 

Auf die Informationen des BMFSJF zum Thema "Mutterschutz bei luftgetragenen Infektionserregern" weisen wir hin.