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Ist es zulässig, einen Zwischenhandlauf nicht mittig, sondern beispielsweise in einer 1/3 und 2/3 Aufteilung der Treppe zu installieren?

KomNet Dialog 43922

Stand: 17.04.2024

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verkehrswege

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Frage:

Die ASR A1.8 fordert einen Zwischenhandlauf ab 4 m Treppenbreite, welcher mittig installiert werden soll. Ist es zulässig, diesen Zwischenhandlauf nicht mittig, sondern beispielsweise in einer 1/3 und 2/3 Aufteilung der Treppe zu installieren. Die Treppe wären auf beiden Seiten des Zwischenhandlaufs dann trotzdem nicht breiter als 4 m und gleichzeitig ausreichend breit, dass Personen an der einen Seite hoch und an der anderen runter laufen könnten.

Antwort:

Nein, das ist nicht zulässig.

In der ASR A1.8 "Verkehrswege" heißt es in Abschnitt 4.5 "Treppen" Absatz 10:

"(10) Treppen müssen:

1. einen Handlauf haben,

2. an beiden Seiten Handläufe haben, wenn die Stufenbreite mehr als 1,5 m beträgt und zusätzlich

3. Zwischenhandläufe haben, mit denen die Stufenbreite in zwei gleiche Breitenabschnitte unterteilt wird, wenn der Abstand zwischen den Handläufen mehr als 4,0 m beträgt.

In Arbeitsstätten, die bis zum 30.6.2013 errichtet worden sind oder deren Bauantragstellung bis zu diesem Termin erfolgt ist, müssen Treppen mit mehr als 4 Stufen (Steigungen) mindestens einen Handlauf haben, soweit das Bauordnungsrecht der Länder einen Handlauf nicht schon bei geringerer Stufenzahl fordert oder bis die jeweiligen Bereiche dieser Arbeitsstätten wesentlich erweitert oder umgebaut werden."

Die ASR A1.8 ist hier eindeutig und fordert zwei gleiche Breitenabschnitte.

Hinweis:

Die ASR A1.8 konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Verordnung über Arbeitsstätten. Bei Einhaltung dieser Technischen Regel kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Schutz der Gesundheit für die Beschäftigten erreichen. 


Zu Abweichungen von den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) ist in der LV 40 "Leitlinien zur Arbeitsstättenverordnung" des LASI Folgendes nachzulesen:

"23. Vermutungswirkung der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

Frage:

Was ist unter Vermutungswirkung der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) zu verstehen?


Antwort

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) beschreiben Maßnahmen und praktische Durchführungshilfen. Sie legen dar, wie die in der Arbeitsstättenverordnung gestellten Schutzziele und Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten vom Arbeitgeber erreicht werden können.

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten enthalten zum Zeitpunkt der Bekanntgabe den aktuellen Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie erleichtern dem Arbeitgeber die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV und die Festlegung der geeigneten Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten im Betrieb. Wendet der Arbeitgeber die Technischen Regeln für Arbeitsstätten an, kann er davon ausgehen, dass er in Bezug auf den Anwendungsbereich der Technischen Regeln für Arbeitsstätten die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung einhält (Vermutungswirkung).

Die auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung von 1975 erlassenen Richtlinien für Arbeitsstätten, welche (noch) nicht in neue Technische Regeln für Arbeitsstätten überführt wurden, können weiter als Erkenntnisquelle herangezogen werden, entfalten aber keine Vermutungswirkung.


24. Abweichung von den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

Frage:

Welche Pflichten obliegen dem Arbeitgeber, wenn er von den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) abweichen möchte?


Antwort:

Eine Verpflichtung zur Anwendung der Technischen Regeln für Arbeitsstätten schreibt die Arbeitsstättenverordnung nicht vor. Jedoch hat der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätten die Maßnahmen nach

§ 3 Absatz 1 ArbStättV durchzuführen und dabei den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene, die ergonomischen Anforderungen sowie insbesondere die Technischen Regeln für Arbeitsstätten zu berücksichtigen.

Falls erforderlich, kann der Arbeitgeber eigenständig von den Vorgaben der Technischen Regeln für Arbeitsstätten abweichen und die Schutzzielvorgaben der Arbeitsstättenverordnung einschließlich des Anhangs auch auf andere Weise erfüllen.

In diesem Fall muss er die ermittelten Gefährdungen, denen die Beschäftigten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, auf andere Weise so beseitigen oder verringern, dass damit mindestens die gleiche Sicherheit und der gleiche Schutz der Gesundheit der Beschäftigten erreicht wird, wie die Verordnung es vorgibt. Das zum Vergleich heranzuziehende Schutzniveau ergibt sich aus den Technischen Regeln für Arbeitsstätten. Der Arbeitgeber muss auf Nachfrage der Arbeitsschutzbehörde den Nachweis der Gleichwertigkeit erbringen. Dabei sind technische bzw. bauliche Maßnahmen vorrangig zu berücksichtigen. Ein entsprechender Nachweis muss aus der Dokumentation zur Gefährdungsbeurteilung hervorgehen.

Eine Abweichung von den Vorgaben der Technischen Regeln für Arbeitsstätten stellt keinen genehmigungsbedürftigen Ausnahmetatbestand gemäß § 3a Absatz 3 ArbStättV dar. Der Arbeitgeber hat kein Anrecht auf eine formelle Genehmigung bzw. Anerkennung seiner Kompensationsmaßnahmen.

Bei Zweifeln an der Zielerreichung kann die Behörde die Herstellung eines Soll-Zustandes mittels Anordnung nach § 22 Absatz 3 ArbSchG bewirken. Unter Sollzustand ist der in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten enthaltene Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene und sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten zu verstehen."