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Ist es zulässig, dass nach einer 7,5-stündigen Spätschicht direkt eine Rufbereitschaft von 21.15 Uhr bis 7.00 Uhr angeordnet wird?

KomNet Dialog 43880

Stand: 21.02.2024

Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > zulässige Arbeitszeitdauer

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Frage:

Ist es zulässig, dass nach einer 7,5-stündigen Spätschicht direkt eine Rufbereitschaft von 21.15 Uhr bis 7.00 Uhr angeordnet wird? Meine Kollegin wurde bereits um 19.30 Uhr im Dienst kontaktiert und zum Rufdienst (der geplant war) geordert bzw. sie musste den kompletten Dienst arbeiten. Ist das überhaupt noch Rufbereitschaft? Sie hat von 13 Uhr bis 7.00 Uhr gearbeitet??? Und musste um 16. Uhr wieder ihren geplanten Spätdienst antreten. In der Nacht konnte sie keine Pause machen….

Antwort:

Die Verpflichtung zur Rufbereitschaft kann sich aus einem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag ergeben.

Rufbereitschaft liegt dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einem von ihm selber bestimmten Ort aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen.

Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die Rufbereitschaft keine Arbeitszeit, sondern Ruhezeit. Nur soweit der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft tatsächlich tätig wird, handelt es sich bei dieser sogenannten Heranziehungszeit um Arbeitszeit.


Das Arbeitszeitgesetz legt keine Obergrenze der Zahl der Rufbereitschaften fest. Eine Grenze ergibt sich jedoch mittelbar daraus, dass die Anordnung von Rufbereitschaft eine „Beschäftigung“ im Sinne des § 9 Abs. 1 ArbZG ist, die gemäß § 11 Abs.3 ArbZG einen Anspruch auf Gewährung eines sogenannten Ersatzruhetages für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung auslöst.

Eine weitere Begrenzung für Rufbereitschaften kann sich daraus ergeben, dass die innerhalb der Rufbereitschaft geleisteten Arbeitszeiten auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 8 Stunden/Werktag innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen (§ 3 ArbZG) anzurechnen sind.

 

Im Fall eines Einsatzes ist zu beachten, dass die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden gemäß § 5 Abs. 1 ArbZG „ununterbrochen“ zu gewähren ist und dass ein Einsatz innerhalb der Rufbereitschaft die Ruhezeit unterbricht. Für bestimmte Branchen gibt es die Möglichkeit der Ruhezeitverkürzung aufgrund gesetzlicher Regelung (§ 5 Abs. 2 ArbZG); darüber hinaus können Tarifverträge Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen innerhalb der Rufbereitschaft vorsehen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG).

Für Krankenhäuser sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen bestehen von Gesetzes wegen darüber hinaus sehr weitgehende Möglichkeiten der Ruhezeitverkürzung durch Inanspruchnahmen innerhalb der Rufbereitschaft (§ 5 Abs. 3 ArbZG).


Arbeitszeiten innerhalb der Rufbereitschaft sind Teil der werktäglichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers. Deshalb gelten auch für diese Arbeitszeiten die Grenzen der werktäglichen Höchstarbeitszeit von max. 10 Stunden/Tag. Dabei sind alle Arbeitszeiten innerhalb des Werktages zusammenzurechnen. Bei einer Tagesarbeitszeit von z. B. 8 Stunden bleiben also noch 2 Stunden für eventuelle Einsätze in der Rufbereitschaft. Deshalb kann es sinnvoll sein, vor Beginn der Rufbereitschaft nur einen verkürzten Arbeitstag vorzusehen, damit noch genug Abstand zur 10-Stunden-Grenze bleibt oder die tagesübliche Arbeitszeit „nach hinten“ zu schieben, damit potenzielle Einsätze noch in die zulässige Höchstarbeitszeit fallen.

Sofern zu Beginn eines Einsatzes bereits eine gesetzliche Ruhezeit eingehalten wurde, beginnt mit der Arbeitsaufnahme in der Rufbereitschaft ein neuer „individueller Werktag“ und die Arbeitszeit innerhalb der Rufbereitschaft zählt dann zum folgenden Arbeitstag (z. B. Beginn der Rufbereitschaft um 16:00 und Einsatz ab 03:30 Uhr: Bei Einsatzbeginn sind 11 Stunden Ruhezeit eingehalten und um 03:30 beginnt arbeitszeitrechtlich ein neuer „individueller Werktag“, der die Ausschöpfung der 10-Stunden Höchstarbeitszeit ermöglicht).

Für Krankenhäuser sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen bestehen aufgrund von Tarifverträgen regelmäßig Möglichkeiten der Überschreitung der 10-Stunden-Grenze durch Einsätze in der Rufbereitschaft.


Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BetrVG hat der Betriebsrat u.a. bei der Gestaltung des Rufbereitschaftsplans mitzubestimmen.