Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Kann man bei der Ermittluung der Fluchtwegbreiten in einem Gebäude/Treppenhaus die Tabellen der ASR A2.3 mischen?

KomNet Dialog 43867

Stand: 27.12.2023

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

Favorit

Frage:

Ich habe eine Frage zu der ASR A 2.3 Fluchtwege und Notausgänge. Die Fluchtwegbreiten werden über die Tabelle 1 und alternativ Tabelle 2 für Treppen in Treppenräumen definiert. Tabelle 1 geht über die Summe der Personen im Gebäude und Tabelle 2 bezieht sich auf die Summer der Personen pro Ebene / Geschoss. Kann man in einem Gebäude / Treppenhaus die Tabellen mischen? Beispiel: Dachgeschoss abwärts bis ins 1. OG verwende ich Tabelle 2 (aufgrund der geringen Treppenbreite (1m satt 1,20)) und ab dem 1. OG abwärts verwende ich Tabelle 1, da ich ab dort 1,20 m Treppenbreite habe. Vielen Dank für eine Antwort.

Antwort:

Die Novellierung der ASR A2.3 wurde im März 2022 im gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben und brachte viele Neuerungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Fluchtwegen und Notausgängen mit sich. Basis für die Novellierung war ein simulationsbasierendes Fachgutachten zum Einfluss von Wegbreiten, Treppen, Türen und Einengungen auf das Fluchtverhalten von Menschen im Gefahrfall. In dem Gutachten wurde eine Studie betrachtet, in welcher verschiedene Räumungsszenarien in verschiedenen fiktiven Büro- und Verwaltungsgebäuden simuliert wurden.

Somit wurden erstmals auf Grund der Erkenntnisse einer Räumungssimulation Maßnahmen abgeleitet und diese in das technische Regelwerk aufgenommen. In der ASR A2.3 (Stand März 2022) werden nunmehr zwei wesentliche Verfahren für die Bestimmung der lichten Fluchtwegbreite beschrieben, welche in den Tabellen 1 und 2 aufgeführt sind. Direkt nach Tabelle 2 sind die Verfahren als Hinweis wie folgt beschrieben:

"Den Werten nach Tabelle 1 und Tabelle 2 liegen unterschiedliche Betrachtungsweisen zugrunde. Bei Anwendung der Tabelle 1 ist die Summe aller Personen maßgeblich, die über den jeweiligen Hauptfluchtweg flüchten müssen. Diese ergibt sich bei Treppenräumen oder Außentreppen aus der Summe aller Personen aus allen Ebenen im Einzugsgebiet (Gesamtzahl der Personen, die über alle Ebenen demselben Fluchtweg zugeordnet sind, unabhängig davon, ob die Personen Abschnitte des Hauptfluchtwegs im Fluchtfall zeitgleich oder zeitlich versetzt nutzen).

Die Tabelle 2 ist unabhängig von der Zahl der Ebenen anwendbar. Eine Anwendung von Tabelle 2 kann insbesondere bei einer überwiegend gleichmäßigen Personenverteilung über alle Ebenen sinnvoll sein. Bei einem direkten Vergleich von Werten nach Tabelle 1 und Tabelle 2 können sich unterschiedliche Werte für lichte Mindestbreiten für Treppen ergeben, die beide angewendet werden dürfen."


Für Tabelle 1 bedeutet dies folgendes Verfahren:

Tabelle 1 der ASR A2.3 (Stand März 2023) ist eine Weiterentwicklung der Tabelle 1 der „alten“ ASR A2.3. In dieser wird die lichte Mindestbreite der Hauptfluchtwege anhand aller auf den Hauptfluchtweg angewiesener Personen ermittelt. So ist beispielsweise bei einer Personenanzahl von 51 bis 200 eine lichte Mindestbreite des Hauptfluchtweges von 1,20 m nötig. Dies entspricht in der Regel den bestehenden Büro- und Verwaltungsgebäuden.


Für Tabelle 2 bedeutet dies folgendes Verfahren:

Die Werte sowie das Verfahren nach Tabelle 2 wurde aus den Ergebnissen der genannten Räumungssimulation abgeleitet. Hier wurde festgestellt, dass eine größere vertikale Verteilung von Personen innerhalb des Gebäudes weniger Begegnungen der Personen im Fluchtfall zur Folge hat. Dies liegt daran, dass bei einer Entfluchtung die Personen aus den unteren Stockwerken bereits die Flucht (zumindest teilweise) abgeschlossen haben, während Personen aus den oberen Stockwerken gerade erst mit der Flucht begonnen haben. Um bei einer lichten Mindestbreite des Hauptfluchtweges von 1,20 m zu bleiben, bedeutet dies nach Tabelle 2, dass bei einem Büro- oder Verwaltungsgebäude, unabhängig von der Geschosszahl, bis zu 40 Personen je Ebene (= Geschoss) eingeplant werden können, wenn diese überwiegend homogen verteilt sind. Rechnerisch macht dieses Verfahren somit ab 6 Obergeschossen Sinn, da beispielsweise für 40 Personen pro Geschoss (6 Geschosse x 40 Personen = 240 Personen) weiterhin eine lichte Mindestbreite von 1,20 m ausreicht, wohingegen nach Tabelle 1 bei dieser Personenzahl 1,80 m vorzusehen wären.


Das „Vermischen“ der Verfahren nach Tabelle 1 und Tabelle 2 ist demnach nicht möglich, da die beiden Verfahren jeweils nur auf das gesamte Gebäude bezogen einen Sinn ergeben. Letztlich muss rechnerisch betrachtet werden, welches der beiden beschriebenen Verfahren für das jeweilige Gebäude am sinnvollsten erscheint.