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Muss auch der zweite Fluchtweg die vorgeschriebene Breite für Fluchtwege aufweisen?

KomNet Dialog 43364

Stand: 08.01.2021

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

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Frage:

Muss auch der 2. Fluchtweg die vorgeschriebene Breite von 0,875 m -0,15m (bei bis 5 Personen) aufweisen? Die Frage kam auf weil ein 2. Fluchtweg auch über einen Notausstieg verfügen darf und diese sind ja auch deutlich schmaler ausgeführt.

Antwort:

Grundsätzlich sind hier zwei verschiedene Rechtsbereiche zu betrachten, zum einen das Baurecht der Länder und zum anderen die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht. Zu Fragen des Baurechts bieten wir keine Beratung an. Hierzu wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Baubehörde.


Aus dem Arbeitsschutzrecht gilt folgendes:

Nach § 4 Absatz 4 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind. Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen so zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend diesem Plan zu üben.


Im Anhang der ArbStättV ist unter der Nummer 2.3 Absatz 1 folgendes nachzulesen:


"Fluchtwege und Notausgänge müssen

a) sich in Anzahl, Anordnung und Abmessung nach der Nutzung, der Einrichtung und den Abmessungen der Arbeitsstätte sowie nach der höchstmöglichen Anzahl der dort anwesenden Personen richten,

b) auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder, falls dies nicht möglich ist, in einen gesicherten Bereich führen,

c) in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein.


Sie sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszurüsten, wenn das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte für die Beschäftigten, insbesondere bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung, nicht gewährleistet ist."


Konkretisiert werden die Anforderungen der ArbStättV in den Technsichen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), hier die ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan". Hier ist in den Begriffsbestimmungen u. a. folgendes nachzulesen:


"3.1 Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der Flucht aus einem möglichen Gefährdungsbereich und in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Fluchtwege im Sinne dieser Regel sind auch die im Bauordnungsrecht definierten Rettungswege, sofern sie selbstständig begangen werden können.


Den ersten Fluchtweg bilden die für die Flucht erforderlichen Verkehrswege und Türen, die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume für notwendige Treppen sowie die Notausgänge.


Der zweite Fluchtweg führt durch einen zweiten Notausgang, der als Notausstieg ausgebildet sein kann.

...

3.6 Ein Notausgang ist ein Ausgang im Verlauf eines Fluchtweges, der direkt ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt.


Ein Notausstieg ist im Verlauf eines zweiten Fluchtweges ein zur Flucht aus einem Raum oder einem Gebäude geeigneter Ausstieg."


Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Fluchtwege eigenverantwortlich festzulegen. Hierbei hat er auch die Erfordernis eines zweiten Fluchtweges zu prüfen. Für diesen gelten, bis auf wenige Ausnahmen (wie z. B. der Notaussstieg, oder die Zulässigkeit von Fahrsteige, Fahrtreppen, Wendel- und Spindeltreppen sowie Steigleitern und Steigeisengänge), die selben Anforderungen wie für den ersten Fluchtweg. Ist ein zweiter Fluchtweg erforderlich, gelten für diesen die selben Anforderungen an die Breite wie für den ersten Fluchtweg.