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Wie ist grundsätzlich mit Abweichungen von einer ASR (hier: Fluchtwegbreite) in bestehenden Gebäuden umzugehen?

KomNet Dialog 42361

Stand: 18.07.2018

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

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Frage:

Im Rahmen einer Begehung eines Verwaltungsgebäudes wurde festgestellt, dass die Breite eines Fluchtweges von den Vorgaben der ASR A2.3 - Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan abweicht. Durch Einbauten beträgt die lichte Breite an der engsten Stelle lediglich 80 cm. Somit wäre dieser Bereich nur für ein Einzugsgebiet bis 5 Personen zulässig. In diesem Bereich finden jedoch Besprechungen mit mehr als 20 Personen statt. Abweichungen von der Arbeitsstättenverordnung müssen schriftlich bei der zuständigen Behörde beantragt werden. Wie ist grundsätzlich mit Abweichungen von einer ASR umzugehen? Kann der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung von Vorgaben der ASR abweichen und unter welchen Umständen wäre dies möglich? Gilt ggf. ein Bestandsschutz für einige Arbeitsstätten? Im genannten Fall ist das Gebäude bereits in den 1990er Jahren bezogen und eingerichtet worden.

Antwort:

Grundsätzlich müssen hier zwei verschiedene Rechtsbereiche betrachtet werden, zum einen das Arbeitsschutzrecht (ArbStättV) und zum anderen das Baurecht. Zu der Thematik des Baurechts, bieten wir keine Beratung an. Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, weitere Einzelheiten mit dem zuständigen Bauamt abzustimmen.


Die ASR sieht grundsätzlich keinen Bestandsschutz vor. Die ASR A2.3 konkretisiert im Rahmen des Anwendungsbereichs die Anforderungen der Verordnung über Arbeitsstätten. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.


Wie unter Punkt 5 Absatz 3 nachzulesen ist, bemisst sich die Mindestbreite der Fluchtwege nach der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die im Bedarfsfall den Fluchtweg benutzen müssen und ergibt sich aus Tabelle 1. Die lichte Breite für bis 5 Personen beträgt hier 0,875 m und für bis zu 20 Personen 1,00 m.


Folgende Einschränkung ist zulässig:


"Bei der Bemessung von Tür-, Flur- und Treppenbreiten sind sämtliche Räume und für die Flucht erforderliche und besonders gekennzeichnete Verkehrswege in Räumen zu berücksichtigen, die in den Fluchtweg münden. Tür-, Flur- und Treppenbreiten sind aufeinander abzustimmen.


Die Mindestbreite des Fluchtweges darf durch Einbauten oder Einrichtungen sowie in Richtung des Fluchtweges zu öffnende Türen nicht eingeengt werden. Eine Einschränkung der Mindestbreite der Flure von maximal 0,15 m an Türen kann vernachlässigt werden. Für Einzugsgebiete bis 5 Personen darf die lichte Breite jedoch an keiner Stelle weniger als 0,80 m betragen."


Die ASR A2.3 sieht lediglich eine Einschränkung der Mindestbreite der Flure an Türen vor. Diese Einschränkung ist jedoch nur bis zu 0,80 m möglich und gilt ausschließlich an Türen. Der von Ihnen beschriebene Flur muss für bis zu 5 Personen mindestens 0,875 m, außer an Türen, breit sein. Für bis zu 20 Personen, muss die lichte Breite mindestens 1,00 m betragen. Grundsätzlich ist eine andere Lösung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung denkbar, jedoch sehen wir hier keine Möglichkeit, die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz zu erreichen.


Ausnahmen von den Anforderungen der ArbStättV kann die zuständige Behörde auf Antrag genehmigen.

§ 3a Abs. 3 der ArbStättV führt hierzu aus:

"Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeit­gebers Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung ein­schließlich ihres Anhanges zulassen, wenn

1. der Arbeitgeber andere, ebenso wirksame Maßnahmen trifft oder

2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhält­nismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist.

Der Antrag des Arbeitgebers kann in Papierform oder elektronisch übermittelt werden. Bei der Beurteilung sind die Belange der kleineren Betriebe besonders zu berücksichtigen."