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Was meint die neue ASR A2.3 mit folgendem Passus zu Fluchtwegbreiten?

KomNet Dialog 43656

Stand: 03.05.2022

Kategorie: Gestaltung von Arbeitsplätzen > Arbeitsplatz- und Arbeitsstättenbeschaffenheit > Verlauf, Abmessung und Anzahl von Fluchtwegen

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Frage:

Was meint die neue ASR A. 2.3 mit folgendem Passus zu Fluchtwegbreiten? Hinweis: Die Werte der Spalten B und C entsprechen den Anforderungen für die Flucht und berücksichtigen nicht mögliche Auswirkungen durch den Einbau von Türen, z. B. können für Flure durch den Einbau von Türen gegebenenfalls entsprechend größere Breiten erforderlich werden.

Antwort:

Der Hinweis zu Tabelle 1 unter Nummer 5 "Hauptfluchtwege" der ASR A2.3 (Stand: März 2022), dass die Werte der Spalten B und C den Anforderungen für die Flucht entsprechen und nicht mögliche Auswirkungen durch den Einbau von Türen berücksichtigen, z. B. können für Flure durch den Einbau von Türen gegebenenfalls entsprechend größere Breiten erforderlich werden, wird durch folgende Textpassagen konkretisiert:


In Abschnitt 5 Abs. 10 und Abs. 11 der ASR A2.3 heißt es:

"(10) Die lichte Mindestbreiten des Hauptfluchtweges nach Tabelle 1, Spalte C, Nummern 1 bis 7 darf durch kurze Einbauten oder Einrichtungen, z.B. Feuerlöscher, Wandvorsprünge, Türflügel, Türzargen, Türdrücker und Notausgangsbeschläge, die Maße nach Spalte B nicht unterschreiten."


"(11) Für Hauptfluchtwege, die ausschließlich zur Flucht bestimmt sind, dürfen die lichten Mindestbreiten nach Tabelle 1, Spalte C, Nummern 1 bis 7 auf die Werte der lichten Mindestbreiten für Durchgänge nach Spalte B der Tabelle 1 reduziert werden. Solche Hauptfluchtwege können z.B. Fluchttunnel, Gänge und Außentreppen sein, die nur zur Evakuierung vorgesehen sind. Eine weitere Einengung durch kurze Einbauten oder Einrichtungen im Sinne von Absatz 10 ist dabei nicht zulässig."


In der ASR A1.8 (Stand: März 2022) heißt es in Abschnitt 4.2 Abs. 2 ebenso wie folgt:

"(2) Die lichte Mindestbreite des Verkehrswegs darf durch kurze Einbauten oder Einrichtungen, z.B. Feuerlöscher, Wandvorsprünge, Türflügel, Türzargen, Türdrücker und Notausgangsbeschläge, die lichten Mindestbreiten der Durchgängeund Türen nach Tabelle 2 Spalte B nicht unterschreiten."


In der "Gemeinsamen Bekanntmachung der Neufassung, Änderung und Aufhebung von ASR zum Themenkomplex Flucht- und Verkehrswege (März 2022)" der BAuA ist u.a. Folgendes nachzulesen:

"Um die Anforderungen an die Breite von Fluchtwegen in der ASR A2.3 validieren zu können und zur Klärung von Unterschieden zum Bauordnungsrecht, wurden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ein Fachgutachten beauftragt und daraus aufeinander abgestimmte Verkehrs- und Fluchtwegbreiten für die ASR A1.8 und ASR A2.3 abgeleitet. Zudem wurde mit dem Fachgutachten ein neuer Ansatz zur Bemessung der lichten Breite von Treppenräumen als Teil von Fluchtwegen entwickelt. Neben dem in der ASR A2.3 bisher bereits verwendeten Kriterium "höchstmögliche Anzahl Personen im gesamten Einzugsgebiet einer Treppe" (Abschnitt 5 Absatz 6) kann jetzt alternativ auch das Kriterium "ungehinderter Zugang zum Treppenraum“ (Abschnitt 5 Absatz 15) oder das Kriterium "vorrangige Evakuierung einzelner Etagen" (Abschnitt 5 Absatz 16) angewendet werden.


Die Anforderungen an die Breite der Verkehrswege in ASR A1.8 wurden mit den Anforderungen an Fluchtwege der ASR A2.3 abgeglichen. In den ASR A1.7, ASR A1.8 und ASR A2.3 werden nun in Abhängigkeit von der Personenzahl und der Nutzung aufeinander abgestimmte Vorgaben für die Bemessung der Breite von Verkehrs- und Fluchtwegen sowie von Türen, Toren und Durchgängen in deren Verlauf getroffen. Die bisherigen Vorgaben wurden im Bereich eines Einzugsgebietes zwischen 20 und 200 Personen durch zusätzliche Werte ergänzt; im Bereich zwischen 200 und 400 Personen können nun Zwischenwerte gebildet werden."


In dem Fachgutachten zur Bemessung der Fluchtwegbreiten in Arbeitsstätten wird unter Nummer 4.1 Szenario 1 Folgendes aufgeführt:

"Einfluss von Einengungen

Es wurde der Einfluss von Einengungen bei horizontalen Fluchtwegen auf einem 35 m langen Gang untersucht. Vor dem Gang befindet sich ein Raum, in dem sich die Personen zu Beginn befinden und gleichzeitig loslaufen. In Variation von Personenzahl, Gangbreiten und Einengungen verschiedener Tiefe und Länge wurde untersucht, welchen Einfluss diese Faktoren auf die Gesamtentfluchtungszeiten sowie auf die individuellen Passagezeiten haben. Als Vergleichsbasis werden die Werte für Gesamtentfluchtungszeiten für Fluchtwegbreiten und Personenzahl entsprechend ASR A2.3 Tabelle 1 herangezogen (siehe auch Abbildung 4).

(...)

Die Ergebnisse der Variationen zeigen, dass kurze Einengungen auf horizontalen Fluchtwegen kaum Auswirkungen auf die Gesamtentfluchtungszeit sowie auf die Passagezeit einzelner Personen haben. Selbst bei einer Einengung von zweimal 15 cm (Türzarge) können keine signifikanten Verzögerungen in der Entfluchtungszeit für die Personenzahl gemäß den Werten der ASR A2.3 festgestellt werden. Die Zeiten liegen in einer gewissen Streuung abhängig von der Personenzusammensetzung.

Bei längeren Einengungen stellen sich hingegen Einflüsse auf die Gesamtentfluchtungszeit sowie auf die Passagezeit ein. Dies reduziert die Entfluchtungsrate und führt zu Verzögerungen.


Insgesamt ist zu erkennen, dass ein steter linearer Zusammenhang zwischen Fluchtwegbreite und Gesamtentfluchtungszeit besteht, was bereits in durchgeführten Studien festgestellt wurde. Je breiter der Gang, desto höher ist auch der spezifische Personenstrom (Anzahl Personen pro Meter und Sekunde). Dies findet sich auch in der Muster-Versammlungsstätten-verordnung (MVStättVO), die Zwischenwerte durch Interpolation zulässt.


Für die in ASR A2.3 Punkt 5 Tabelle 1 enthaltenen Werte konnte ein großer Sprung in der Gesamtentfluchtungszeit von 1,00 m (für bis 20 Personen) auf 1,20 m (ab 21 bis 200 Personen) lichte Fluchtwegbreite festgestellt werden (siehe Abbildung 4). Um diesen Sprung näher zu untersuchen, wurden Fluchtwegbreiten von 0,9 m, 1,0 m und 1,1 m variiert und festgestellt, dass kaum ein Unterschied in der Gesamtentfluchtungszeit für bis zu 50 Personen zu erkennen ist und damit eine Breite von 0,9 m für bis zu 50 Personen ausreichend erscheint."


Unter Nummer 2 werden die maßgeblichen Ergebnisse des Fachgutachtens zusammengefasst:

"Die Untersuchungen im Rahmen des Fachgutachtens zeigen folgende maßgebliche Ergebnisse:

• Wesentlich für die Bewertung geometrischer, baulicher Situationen sind deren Einflüsse auf Gesamtentfluchtungszeit und individuelle Passagezeit. Diese Zeiten wurden im Fachgutachten im Vergleich zu den sich nach ASR A2.3 Tabelle 1 ergebenden Zeiten bewertet.

• Kurze Einengungen auf horizontalen Fluchtwegen haben kaum Auswirkungen auf die Gesamtentfluchtungszeit sowie auf die Passagezeit einzelner Personen. Selbst bei Einengungen von zweimal 15 cm, die in der Praxis beispielsweise an Türen in Gängen vorhanden sein können, ließen sich keine signifikanten Verzögerungen der Entfluchtungszeiten für Personenzahlen gemäß den Werten der ASR A2.3 feststellen.

• Längere Einengungen auf horizontalen Fluchtwegen, die in der Praxis beispielsweise durch Abstellen von Möbeln in Gängen vorhanden sein können, haben Einflüsse auf die Gesamtentfluchtungszeit sowie auf die individuelle Passagezeit. Dies reduziert die Entfluchtungsrate und führt zu Verzögerungen.

Insgesamt besteht ein steter linearer Zusammenhang zwischen Fluchtwegbreite und Gesamtentfluchtungszeit. Dies ist bislang in der ASR A2.3 Tabelle 1 für den Bereich zwischen 20 und 100 Personen nicht berücksichtigt

(...)"


In dem Bericht "Vorschläge für Verkehrs- und Fluchtweg­breiten für die Fort­schreibung der ASR A1.8 und ASR A2.3" von Stephan Gabriel und Kersten Bux sind dazu unter Nummer 3 "Ableitung von Vorschlägen für notwendige lichte Breiten von Verkehrswegen und Fluchtwegen" weitere Informationen und Erläuterungen zu finden.