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Ist bei der Prüfung von Rohrleitungen der Reinigungs-/Instandsetzungsfall hinsichtlich Fluidgruppe und Druck zu berücksichtigen?
KomNet Dialog 43856
Stand: 27.11.2023
Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Leitungen unter innerem Überdruck
Frage:
Einstufung Druckgeräte (hier Rohrleitungen) nach BetrSichV - ist der Reinigungsfall / Instandsetzungsfall hinsichtlich Fluidgruppe und Druck zu berücksichtigen? Sind bei der Einstufung der Druckanlagen nach Anhang 2 der BetrSichV hinsichtlich der Prüfzuständigkeiten auch Zustände bei einer z.B. halbjährlich stattfindenden Reinigung zu berücksichtigen? Als Beispiel sei eine Rohrleitung genannt mit Fluidgruppe 1 (flüssig) in der Nennweite 100 die im Normalbetrieb mit z.B. 2 bar abgesichert ist. Diese Leitung wird beispielsweise alle 6 Monate gereinigt um Anhaftungen / Produktrückstände des Fluids der Fluidgruppe 1 zu entfernen. Die Reinigung erfolgt z.B. durch die Verwendung von 5 bar Wasserdampf, wobei durch Verblockungen der Druck in der Leitung auf 5 bar steigen kann. Bei der Auslegung des Druckgeräts wurde dieser Zustand hinsichtlich der Festigkeit und Temperatur (PS und TS) berücksichtigt. Ist aber der Reinigungsfall bei der Einstufung hinsichtlich der Prüfzuständigkeiten nach Anhang 2 der BetrSichV zu berücksichtigen, so dass dann eine Einstufung für den Reinigungsfall erfolgt, also gasförmig bei 5 bar? Es wird in diesem Beispiel unterstellt, dass der Wasserdampf und sein Kondensat aufgrund von Vermischung mit Produktresten der zu reinigen Rohrleitung der Fluidgruppe 1 zugeordnet werden kann. Handelt es sich in diesem konkreten Fall dann um ein Arbeitsmittel oder um eine überwachungsbedürftige Druckanlage die gem. BetrSichV § 15 und § 16 zu prüfen ist?
Antwort:
Nach § 2 Abs. 13 BetrSichV handelt es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage, wenn sie in Anhang 2 genannt wird oder nach § 18 Absatz 1 erlaubnispflichtig ist. Von einer erlaubnispflichtigen Anlage wird bei der Beantwortung der Frage nicht ausgegangen. In Anhang 2 Abschnitt 4 Nr. 2.1 Buchstabe d sind jedoch Rohrleitungsanlagen unter innerem Überdruck für bestimmte Gase, Dämpfe und Flüssigkeiten genannt. Gehört der enthaltene Stoff zu einer der hier aufgezählten Kategorien (Buchstaben aa bis ee), handelt es sich somit um eine überwachungsbedürftige Anlage.
Maßgeblich für die Prüfung vor Inbetriebnahme und die wiederkehrenden Prüfungen von Rohrleitungsanlagen sind die im Anhang 2 Abschnitt 4 BetrSichV enthaltenen Tabellen 8 bis 11. Bei den in den Tabellen aufgeführten Druckwerten handelt es sich um den maximal zulässigen Druck PS. Da im geschilderten Beispiel der Reinigungsdruck bei der Auslegung der Rohrleitungsanlage berücksichtigt wurde, muss der maximal zulässige Druck PS mindestens bei 5 bar liegen. Insofern kann nicht der im Normalfall vorherrschende Betriebsdruck von 2 bar als Beurteilungskriterium herangezogen werden.
Ginge man im geschilderten Beispiel von einem maximal zulässigen Druck PS von 5 bar aus, würde ein Druck-Nennweite-Produkt von 500 bar mal Millimeter vorliegen. Erst ab einem Druck-Nennweite-Produkt von größer 2000 bar mal Millimeter sind Prüfungen durch zugelassene Überwachungsstellen vorgesehen. Somit könnten unabhängig davon, ob es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage handelt oder nicht, alle Prüfungen von befähigten Personen durchgeführt werden (als überwachungsbedürftige Anlage nach § 15 und § 16 BetrSichV, ansonsten als Arbeitsmittel nach § 14 BetrSichV).