Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Wie ist bei der Konformitätsbetrachtung eines Motorprüfstands vorzugehen?

KomNet Dialog 43632

Stand: 06.02.2022

Kategorie: Sichere Produkte > Inverkehrbringen und Kennzeichnung > Konformitätserklärung, Einbauerklärung

Favorit

Frage:

Wir bauen einen Motorprüfstand für den Eigengebrauch mit folgenden Elementen: Ein feststehender Schaltschrank mit Energieversorgung, Steuerung und Regelung sowie ein Rollwagen, auf dem eine Lastmaschine, das Messequipment, ein PC und der (auswechselbare) zu prüfende Motor aufgebaut sind. Dieser Rollwagen soll an verschiedenen Orten im Labor eingesetzt werden. Es wird mehrere Anschlusspunkte an den Wänden geben, an denen die 400V/230V/24V Energieversorgung des Schaltschranks und die Kommunikation mit dem Schaltschrank abgegriffen werden können. Geplant ist, einen weiteren Rollwagen aufzubauen, auf dem andere Baugrößen vermessen werden können. Wir fragen uns, wie wir bei der Konformitätsbetrachtung vorgehen sollen. Das gesamte System kann als Maschine eingestuft werden, also CE-Kennzeichnung, auch im Falle des Eigengebrauchs. Andererseits kann der Schaltschrank mit seinen Anschlusspunkten auch für andere Anwendungen genutzt werden, muss dieser dann die Schutzziele der Niederspannungs- und EMV-Richtlinie einhalten ohne CE-Kennzeichnung (wegen Eigengebrauch) und der Rollwagen wird als unvollständige Maschine bewertet? Über Ihre Einschätzung würden wir uns sehr freuen.

Antwort:

Wie Sie richtig schildern, unterscheidet die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, die in Deutschland durch die 9. ProdSV in nationales Recht umgesetzt wird, zwischen einer unvollständigen und einer „vollständigen“ Maschine.

 

Der wesentliche Unterschied dieser beiden Typen besteht darin, dass die „vollständige“ Maschine allen anwendbaren Anforderungen zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz aus Anhang I der Maschinenrichtlinie entsprechen muss, bevor sie in Verkehr gebracht oder – wie in diesem Fall – erstmals verwendet wird. Bei unvollständigen Maschinen kann das nicht gänzlich der Fall sein.

Nach der Schilderung scheint es so zu sein, dass der Rollwagen als unvollständige Maschine betrachtet werden kann, da im Schaltschrank nicht nur die reine Energieversorgung, sondern auch Steuerungs- und Regeltechnik verbaut ist. Angenommen, diese sorgt für ein sicheres Funktionieren der schließlich „vollständigen“ Maschine „Prüfstand“, wäre sie bei der Konformitätsbewertung auf jeden Fall mit einzubeziehen.

Eine unvollständige Maschine ist per Definition in Art. 2 Buchstabe g) der Maschinenrichtlinie aber nur dazu bestimmt, nach der Montage mit anderen Komponenten eine „vollständige“ Maschine zu bilden. Das heißt, dass unvollständige Maschinen zwar in Verkehr gebracht und auf dem Markt bereitgestellt werden können, nicht aber im Sinne der Schutzziele der Maschinenrichtlinie grundsätzlich verwendet oder in Betrieb genommen werden können. Sie müssen immer in eine „vollständige“ Maschine eingebaut werden.

 

Somit ist es unerheblich, ob der Teil „Rollwagen“ eine unvollständige Maschine darstellt oder nicht. Er kann nur Teil einer vollständigen Maschine sein, wenn er vom Arbeitgeber den Beschäftigten als Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zur Verfügung gestellt werden soll.

Gemäß § 5 Abs. 3 BetrSichV „darf der Arbeitgeber nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören neben den Vorschriften dieser Verordnung insbesondere Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt wurden und die für die Arbeitsmittel zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt gelten (hier die 9. ProdSV in Verbindung mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG). Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber für eigene Zwecke selbst hergestellt hat, müssen den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der anzuwendenden Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen. Den formalen Anforderungen dieser Richtlinien brauchen sie nicht zu entsprechen, es sei denn, es ist in der jeweiligen Richtlinie ausdrücklich anders bestimmt.“

Die Maschinenrichtlinie schießt ausdrücklich auch die Inbetriebnahme von Maschinen ein. Daher müssten Sie für den Motorprüfstand schlussendlich ein vollständiges Konformitätsbewertungsverfahren einschließlich aller formalen Vorgaben durchführen und am Ende die CE-Kennzeichnung an der Maschine „Prüfstand“ anbringen.