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Fragen zur Konformität bei der Nachrüstung von Altanlagen sowie dem Bau einer Anlage aus Altanlagenkomponenten

KomNet Dialog 43062

Stand: 25.11.2020

Kategorie: Sichere Produkte > Inverkehrbringen und Kennzeichnung > Konformitätserklärung, Einbauerklärung

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Frage:

Ich habe eine Frage zu zwei Anlagenkonstellationen. 1. Fall Es wird in einem Betrieb eine Draht-Anlage aus verschiedenen Anlagenteilen (hier: Abwicklung, Aufwicklung, Kühlbad, Extruder, Messeinrichtung u,ä.) zusammengestellt. Der Großteil der Anlagenkomponenten besteht aus Altanlagen mit Baujahr 1985 bis 1992, drei Anlagenteile besitzen aber eine CE-Kennzeichnung ( Baujahr 2007 und 2015). Reicht es, wenn eine Betrachtung nach Betriebssicherheitsverordnung durchgeführt wird und die Anlage danach sicher gestaltet wird, oder muss ich für die gesamte Anlage einen Gesamtkonformität erstellen. Das würden einige Altanlagenteile wahrscheinlich nicht überstehen. 2. Fall In eine bestehene Altanlagenkonstellation mit mehreren Anlagenteilen und Baujahr der kompletten Anlage 1982 (Anlagenteile wie bei 1. Fall) wird eine Aufwicklung hinzugefügt. Die Aufwicklung ist CE-gekennzeichnet Baujahr 2015. Muss nun die gesamte Anlage nach neuer Maschinenrichtlinie konformitiert werden, oder reicht auch hier eine Schnittstellenbetrachtung und Risikoanalyse für den neu hinzugefügten Bereich, natürlich mit Abarbeituzng erkannter Maßnahmen?

Antwort:

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur Frage, wann mehrere (auch unvollständige) Maschinen eine sogenannte Gesamtheit von Maschinen sind, ein Interpretationspapier veröffentlicht. Diese Hilfestellung enthält ein aussagekräftiges Schaubild. Demnach sind mehrere zusammenhängende Maschinen dann als Gesamtheit zu betrachten, wenn sowohl ein produktions- als auch ein sicherheitstechnischer Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Der produktionstechnische Zusammenhang wird vorausgesetzt.


Nun muss durch den Verantwortlichen geprüft werden, ob auch ein sicherheitstechnischer Zusammenhang besteht. Zu beachten ist hier Folgendes: „[Der sicherheitstechnische Zusammenhang ist dann gegeben,] wenn [Einzelmaschinen] so miteinander verbunden sind, dass ein Ereignis, das bei einem Bestandteil der Anlage auftritt, zu einer Gefährdung bei einem anderen Bestandteil führt und für diese „Gesamtheit“ sicherheitstechnische Maßnahmen ergriffen werden müssen, um im Gefährdungsfall alle diese Bestandteile in einen gefahrlosen Zustand zu bringen. […] Werden Einzelmaschinen ausschließlich durch ein gemeinsames NOT-HALT-Befehlsgerät verbunden, entsteht nicht allein durch diese Verbindung bereits eine Gesamtheit von Maschinen.“

Wird nun auch die Frage des sicherheitstechnischen Zusammenhangs positiv beantwortet, handelt es sich um eine Gesamtanlage.


Gemäß § 5 Abs. 3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) darf der Arbeitgeber „nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören neben den Vorschriften dieser Verordnung insbesondere Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt wurden und die für die Arbeitsmittel zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt gelten [hier die Neunte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung – 9. ProdSV) in Verbindung mit der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG]. Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber für eigene Zwecke selbst hergestellt hat, müssen den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der anzuwendenden Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen. Den formalen Anforderungen dieser Richtlinien brauchen sie nicht zu entsprechen, es sei denn, es ist in der jeweiligen Richtlinie ausdrücklich anders bestimmt.“ Da die 9. ProdSV nicht nur für die Bereitstellung, sondern auch für die Inbetriebnahme von Maschinen gilt, gelten auch deren formale Anforderungen für selbst hergestellte Maschinen (incl. Risikobeurteilung und Prüfung anhand aktueller Rechtsgrundlagen und Anbringen der CE-Kennzeichnung für die Gesamtanlage).


Dementsprechend müsste für diese neue Gesamtheit von Maschinen ein neues, vollständiges Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden. Dieses Vorgehen zur Entscheidung, ob eine neue Gesamtheit von Maschinen vorliegt, ist in beiden Fallbeispielen gleich.