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Haben abgeleitete Schutzmaßnahmen Einfluß auf die vorher getroffene Einstufung der Schadensschwere ?
KomNet Dialog 43506
Stand: 13.04.2021
Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsschutzmanagement > Arbeitsschutzmanagement
Frage:
In einer Gefährdungsbeurteilung, die auch für den Umgang mit Gefahrstoffen Verwendung findet, werden mögliche Gefährdungen nach folgenden Kriterien bewertet. SS=Schadensschwere; EW=Eintrittswahrscheinlichkeit; ED=Expositionsdauer; GW=Gefahrenwahrnehmung Die Faktoren werden zu einem Risikowert multipliziert. Sollte der Risikowert oberhalb des zulässigen Grenzwertes sein, werden Schutzmaßnahmen festgelegt bis der Risikowert akzeptiert werden kann. Frage 1: Ist meine Annahme richtig, dass die abgeleiteten Schutzmaßnahmen niemals die vorher getroffene Einstufung der Schadensschwere verändern können? (außer bei Substitution!) Beispiel: Brauereikeller Hier kann CO2 ausströmen und zum Tod durch Ersticken führen. Schutzmaßnahme aus Gefährdungsbeurteilung ist eine Gaswarnanlage. Damit wurde nur die Gefahrenwahrnehmung verändert. Die mögliche Schadensschwere bleibt weiterhin „Tod“. Für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen ist die funktionale Sicherheit nach IEC 62061 zu gewährleisten, indem ein notwendiger Safety Integrity Level bestimmt wird. Hierbei ist die erste Eingangsgröße das Schadensausmaß. Frage 2: Ist die Schadensschwere aus der Gefährdungsbeurteilung gleichzusetzen mit dem Schadensausmaß nach IEC 62061?
Antwort:
Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung) gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und dessen Arbeitsschutzverordnungen werden in diesen keine Methoden oder Verfahren rechtsnormativ vorgegeben.
Vorrang hat stets das Treffen bzw. die Festlegung von erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen, wenn diese am Vorhandensein spezifischer Kriterien, die insbesondere in den Arbeitsschutzverordnungen zum Arbeitsschutzgesetz benannt werden, bei Tätigkeiten im Arbeitssystem gefordert werden. Diese sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, zu bewerten, zu beurteilen und zu treffen.
Wenn darüber hinaus spezifische Risikobewertungsmethoden, -verfahren bei der Gefährdungsbeurteilung eingesetzt werden, dann ist die Vorgehensweise für ermittelte Gefährdungen zunächst die mögliche Schadensschwere (Schadensausmaß, Schadensfolgen) zu ermitteln im Allgemeinen sehr vorteilhaft, ohne hierbei jedoch auf das spezifische Verfahren gemäß IEC 62061 einzugehen, welche eine Maschinensicherheitsnorm ist, die zuvörderst zur Risikobeurteilung gemäß der EU-Maschinenrichtlinie entwickelt wurde!
Im Übrigen kann es bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen auch erforderlich sein, für eine Gefährdung (mögliche Gefährdungssituation) mehrere Schadensausmaße anzunehmen (z. B. typisch zu erwartende Schadensschwere; Worst-Case-, Best-Case-Szenarium).
Zur 1. Frage:
Insbesondere bei hohen, großen Schadensschweren, wenn „nur“ die Faktoren der Eintretenswahrscheinlichkeit das Gesamtrisiko verringern, sollte die ermittelte Schadensschwere so verbleiben.
Bei anderen Risikobewertungsmethoden zur Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz etc. können auch Faktoren der Intensität sowie Faktoren der Dauer und Häufigkeit beiderseits skaliert werden (verringern, vermindern), um die Toleranz- und Akzeptanzrisikoschwelle gesichert zu unterschreiten. Dies gilt jedoch meist nur für „mittelgroße“ und „kleine“ Schadensschweren.
Zur 2. Frage:
Vorab: Der Begriff „Schadensschwere“ findet sich z. B. nicht im Arbeitsschutzgesetz und auch nicht in der Gefahrstoffverordnung. Jedoch findet sich im Produktsicherheitsgesetz (!) der Term „Schwere des möglichen Schadens“; also wiederum im Rechtsbereich des Inverkehrbringens von Produkten (vgl. Risikobeurteilung gemäß EU-Maschinenrichtlinie).
Ansonsten werden im Allgemeinen bei der Methoden(entwicklung) und in der Betriebspraxis bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz und der Risikobeurteilung gemäß EU-Maschinenrichtlinie die Begriffe „Schadensschwere“ und „Schadensausmaß“ meist synonym verwendet.