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Was ist bei der Leerung von öffentlichen Mülleimern alles zu beachten?

KomNet Dialog 43256

Stand: 25.02.2021

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Belastungen durch Biostoffe > Gefährdungen, Belastungen (6.2)

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Frage:

Hallo ich arbeite beieinem kommunalen Baubetriebshof und bin dort zuständig für die Leerung der öffentlichen Mülleimer. Wir arbeiten in unserer privaten Kleidung, die auch zuhause gereinigt wird. Manchmal müssen wir auch tote Tiere einsammeln. Als Schutzausrüstung haben wir nur Schuhe, Handschuhe und Warnweste. Da wir die Eimer auf einer 1.2 m hohen Ladefläche von Hand entleeren, kommt es schon mal vor, dass Flüssigkeit aus den Eimern an der Kleidung herunterläuft. Meine Fragen: - Gibt es für Baubetriebshöfe spezielle Vorschriften? - Dürfen wir im Fahzeug frühstücken? - Welche Schutzmaßnahmen sind erforderlich? Uns wird gesagt, dass die vorhandenen Regelungen nur für die Müllabfuhr gelten, nicht jedoch für Baubetriebshöfe.

Antwort:

Ihr Arbeitgeber hat grundsätzlich auch für Beschäftigte des Bauhofs die Verpflichtung eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) durchzuführen. In diesem Zusammenhang sind mögliche gesundheitliche Gefährdungen zu beurteilen, Schutzmaßnahmen zu ermitteln und umzusetzen. 


Bei der Entleerung öffentlicher Mülleimer sind gesundheitliche Gefährdungen durch Biostoffe zu ermitteln. Die rechtliche Grundlage dafür bildet die Biostoffverordnung (BioStoffV). Auch sind branchenbezogene Technische Regeln wie die TRBA 213 "Abfallsammlung" anwendbar. Eine weitere Hilfestellung bietet die GESTIS Biostoffdatenbank. Hier wurde ein Datenblatt zur Abfallsammlung erstellt, dass entsprechende gesundheitliche Gefährdungen und notwendige Schutzmaßnahmen ausweist. Diese Unterlagen sind abrufbar unter:

https://biostoffe.dguv.de/data?name=700002


Die im Tätigkeitsblatt Abfallsammlung ausgewiesenen Maßnahmen zur Arbeitsorganisation und Arbeitshygiene einschließlich der Maßnahmen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind in jedem Fall auf das Tätigkeitsfeld der Entleerung von öffentlichen Mülleimern übertragbar. Die Umsetzung der nachfolgenden Maßnahmen wird vorgeschlagen:


Technische Maßnahmen:

Verwendung von Greifhilfen beim Entleeren, um Verletzungen vorzubeugen.


Persönliche Schutzmaßnahmen - Körperschutz

Geeignete, reinigbare, körperbedeckende Schutzkleidung tragen.

Die Beschäftigten sind in der Betriebsanweisung auf die Benutzungspflicht hinzuweisen.

Sicherheitsschuhe der Kategorie S2 tragen,

Schutzkleidung nach dem Arbeiten im Bauhof säubern oder entsorgen.


Persönliche Schutzmaßnahmen - Handschutz

Geeignete Schutzhandschuhe gegen mechnische Risiken mit einer wirksamen Feuchtigkeitsregulierung für die Hautoberfläche benutzen.

Die Schutzhandschuhe müssen die Anforderungen der Kategorie II „Mittlere Risiken“ erfüllen.

Potenziell kontaminierte Handschuhe nicht an den Mund führen.

Hautschutzplan erstellen und beachten.

Ggf. ist in Abhängigkeit von der Tragezeit die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge erforderlich.


Persönliche Schutzmaßnahmen - Atemschutz

Wenn die Gefährdung durch Biostoffe durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht verringert wird (besonders bei Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten) ist geeigneter Atemschutz zu tragen (mindestens Halbmaske mit Partikelfilter P2 oder Partikelfiltrierende Halbmaske FFP2). Filtrierende Halbmasken mit Ausatemventil sind zu bevorzugen.

Atemschutzfilter und Partikelfiltriedende Halbmasken sind täglich zu wechseln.

Die Beschäftigten sind in der Betriebsanweisung auf die Benutzungspflicht hinzuweisen.

Die Begrenzung der Tragezeiten für Atemschutzgeräte sind zu beachten. Je nach Tragezeit besteht die Notwendigkeit der arbeitsmedizinischen Vorsorge.


Arbeitshygiene

Schutzkleidung regelmäßig und bei Bedarf reinigen. Der Wechselrhythmus darf nicht länger als eine Woche betragen.

Das Essen, Trinken und Rauchen beim Umgang mit Abfällen ist untersagt.

Erfrischungsgetränke in der Nähe der Arbeitsplätze sollen so bereitgestellt oder aufbewahrt werden, dass kein Kontakt mit den Biostoffen möglich ist.

Auf den Fahrzeugen sollen Wasserbehälter sowie Spender für Seife und Einmalhandtücher zur hygienischen Händereinigung zur Verfügung gestellt werden.

Vor dem Essen, Trinken oder Rauchen Hände gründlich reinigen. Im Rahmen der Unterweisung Beschäftigte darauf hinweisen.

Umkleideräume mit Schwarz-Weiß-System zur getrennten Aufbewahrung für Schutz- und Straßenkleidung sind im Bauhof vorzusehen.

Waschräume mit Duschen sind einzurichten

Vor dem Pausenraum im Bauhof ist ein Waschbecken zu installieren.

Hautschutz-, Reinigungs-, Pflegemittelspender und Einmalhandtücher im Bereich der Waschbecken bereitstellen.

Vor Betreten der Pausenräume sind mindestens die Hände zu reinigen und zu desinfizieren. Geeignete Taschenbehälter für Händedesinfektionsmittel sind zur Verfügung zu stellen.

Die Maßnahmen sind in einem Hygieneplan festzuhalten.

Vor Betreten der Pausenräume Schutzkleidung (soweit mit Biostoffen verunreinigt) abgelegen oder ggf. durch saubere Kittel abdecken.

Verunreinigtes Schuhwerk vor dem Betreten des Sozialbereichs reinigen.

Essen, Trinken und Rauchen ist nur in dafür vorgesehenen Räumen gestattet.

Im Pausenbereich sind geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel vorzusehen.

Wasch-, Umkleide- und Pausenräume sollen nach jeder Schicht, mindestens jedoch arbeitstäglich nass gereinigt werden.

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, Arbeits- und Schutzkleidung in erforderlicher Menge bereitzustellen und bei Kontamination durch eine Wäscherei reinigen zu lassen.


Impfung

Bei regelmäßigem und intensivem Kontakt zu fäkalienbehafteten Abfällen sollte eine Impfung gegen Hepatitis A erwogen werden.

Besteht bei der Sammlung des Abfalls Verletzungsgefahr durch Spritzensysteme, ist eine Impfung gegen Hepatitis B anzubieten. Auch ist ein Maßnahmenplan mit Sofortmaßnahmen zu erstellen, wie bei einer Nadelstichverletzung verfahren werden muss, um eine Postexpositionsprophylaxe zeitnah sicherstellen zu können.


Sicher wurde eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder eine Betriebsärztin/ ein Betriebsarzt in Ihrer Verwaltung bestellt. Diese können auch Sie fachkundig beraten und in Ihrem Anliegen unterstützen, ebenso Ihre Mitarbeitervertretung.

Kommt Ihr Arbeitgeber den Verpflichtungen nicht nach, wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Arbeitsschutzbehörde mit der Bitte um Unterstützung. Diese muss von Amtswegen tätig werden.