Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Was ist beim Umgang mit Tierblut zu berücksichtigen?

KomNet Dialog 43852

Stand: 19.01.2024

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Belastungen durch Biostoffe > Gefährdungen, Belastungen (6.2)

Favorit

Frage:

Es sollen Untersuchungen an Textilien durchgeführt werden. Hierzu werden Textilien mit Tierblut (Schafsblut) getränkt. Nach Alterung der Textilien werden diese gewaschen und der Rückstand auf dem Textil beurteilt. Die Waschtemperatur beträgt 40 °C Was ist beim Umgang mit Tierblut zu berücksichtigen? 1) Belüftung des Raumes: Welcher Luftwechsels sollte mindestens vorliegen? Gehen auch Räume ohne Lüftungsanlage mit Fenstern? 2) Arbeitsmedizinische Vorsorge: - Welche arbeitsmedizinischen Maßnahmen sollten bei den Mitarbeitern durchgeführt werden unterteilt in Angebots-und Pflichtvorsorgen? - Müssen die Mitarbeiter gegen Hepatitis A, Hepatitis B etc. geimpft sein, um mit den Tierblut arbeiten zu können? Wenn ja, wäre die Impfung eine Angebot- oder Pflichtvorsorge? 3) Persönliche Schutzausrüstung - Sollte der Mitarbeiter beim Arbeiten mit den Tierblut bzw. tierblutgetränkten Textilien eine Atemschutzmaske und Handschuhe tragen? Wenn ja, welche Art von Maske? 4) Weitere Sicherheitsmaßnahmen - Ist das Wechseln der Arbeitskleidung notwendig? - Wie soll diese desinfiziert werden?

Antwort:

Das Tränken von Wäsche mit Tierblut (Schafsblut) in der Textilindustrie zum Zweck der Untersuchung ist eine nicht gezielte Tätigkeit mit Biostoffen und muss nach § 6 Biostoffverordnung (BioStoffV) keiner Schutzstufe zugeordnet werden. 


Der Arbeitgeber hat gemäß § 4 BioStoffV eine Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeiten mit Biostoffen durchzuführen und die Ergebnisse gemäß § 7 BioStoffV zu dokumentieren. Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für die Feststellung, 

- wie Expositionen vermieden oder wenn das nicht möglich ist, vermindert werden können,

- welche sicheren Arbeitsverfahren dazu anzuwenden sind und

- welche Maßnahmen zur Beherrschung nicht vermeidbarer Expositionen zu treffen sind.


Aufgrund der Art der Tätigkeit und der Übertragungswege der erfahrungsgemäß auftretenden bzw. diagnostizierten Biostoffe ist zu prüfen, welcher Gefährdung die Beschäftigten ausgesetzt sein können. Zu berücksichtigen, sind dabei auch die Dauer der Tätigkeit und die Häufigkeit, in der diese ausgeübt wird.

Arbeitsplatzaspekte, die Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten haben können, sind in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen. Hierzu gehören z. B. Fragen der Arbeitsorganisation, der Qualifikation der Ausführenden, psychische Belastungen und bestehender Zeitdruck.


Die Gefährdungsbeurteilung ist fachkundig durchzuführen, arbeits- und veterinärmedizinische Aspekte sind einzubeziehen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst oder nicht allein über die erforderlichen Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Es wird aus fachlicher Sicht empfohlen, den Betriebsarzt / die Betriebsärztin hinsichtlich der notwendigen Umsetzung arbeitsmedizinischer Aspekte (allgemeine arbeitsmedizinische Beratung, Durchführung der Vorsorge) und einen Veterinärmediziner/eine Veterinärmedizinerin (ggf. unter Rücksprache mit dem Veterinäramt) hinsichtlich der notwendigen Umsetzung veterinärmedizinischer Aspekte einzubinden.


Es ist zuerst im Rahmen des Substitutionsgebotes zu prüfen, ob Tierblut aus klinisch gesunden Tierbeständen Verwendung finden kann.

Würde die Tätigkeit mit Tierblut aus klinisch gesunden Tierbeständen durchgeführt, wäre diese Tätigkeit mit dem Umgang mit klinisch getestetem Tierblut in der Lebensmittelindustrie vergleichbar. Zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten ist deshalb unter Einhaltung des Substitutionsgebotes klinisch getestetes Tierblut (z. B. Blut aus Brucella oder Coxiella freien Schafbeständen) zu verwenden.


Soweit keine Erkenntnisse dazu vorliegen, muss bei Tätigkeiten mit Körperflüssigkeiten wie Blut mit der Möglichkeit des Vorhandenseins von Zoonoseerregern, z. B. beim Verarbeiten von Schafsblut mit einem möglichen Vorkommen von Bakterien wie beispielsweise Brucella melitensis, Listeria monocytogenes oder Staphyllokokken immer gerechnet werden.


Unabhängig davon sind grundsätzlich allgemeine Schutzmaßnahmen nach § 9 BioStoffV und nach der TRBA 500 "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" unter Einhaltung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen

(TOP-Prinzip) umzusetzen (1. technische/bauliche, 2. organisatorische/hygienische sowie 3. persönliche Schutzmaßnahmen):


Arbeits- und Straßenkleidung sind getrennt voneinander aufzubewahren. Abhängig von der Gefährdungsbeurteilung ist die Aufbewahrung der Straßenkleidung in einem separaten Bereich erforderlich, um die Verschleppung von Biostoffen in das private Umfeld zu vermeiden.


Oberflächen (Fußböden, Arbeitsflächen, Oberflächen von Arbeitsmitteln und Geräten) sind in einem dem Arbeitsablauf entsprechenden sauberen Zustand zu halten, sie sind regelmäßig zu reinigen und im Bedarfsfall zu desinfizieren. Bei der Auswahl dieser ist darauf zu achten, dass sie leicht zu reinigen und desinfektionsmittelbeständig sind.


Lüftungstechnisch gibt es aus der BioStoffV und dem bestehenden Regelwerk keine Vorgaben. Hier sind die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) einschließlich der ASR A3.6 "Lüftung" zu berücksichtigen. Die Entscheidung, ob eine RLT-Anlage einzubauen ist, ist auf der Grundlage der ASR A3.6, Punkt 6, zu treffen.


Den Beschäftigten sind leicht erreichbare Handwaschplätze mit kontaktarmen Armaturen (z. B. Einhebelmischbatterien, Druckarmaturen oder sensorgesteuert), fließendem warmem und kaltem Wasser, Spendern für Hautreinigungsmitteln und Einmalhandtücher sowie geeignete Hautschutz- und Hautpflegemittel zur Verfügung zu stellen.

Es sind Desinfektionsmittelspender mit zugelassenen Desinfektionsmitteln bereitzustellen, bei ständigen Arbeitsplätzen bevorzugt mittels einhändig oder berührungslos zu betätigenden Wandspendern.


Der Arbeitgeber hat entsprechend des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung eine Betriebsanweisung und einen geeigneten Hygieneplan zu erstellen.

Vor Verlassen des Arbeitsbereichs sowie nach Kontakt zu Tierblut oder potenziell infektiösen Oberflächen und Arbeitsmitteln und nach Ausziehen der Schutzhandschuhe ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Ein Hautschutzplan muss erstellt werden und zugänglich sein.


Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, müssen Hände, Fingernägel und Unterarme frei von jeglichen Gegenständen, wie z. B. Schmuck, einschließlich Eheringen, künstlichen Fingernägeln, Armbanduhren und Piercings sein; Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen. Den Beschäftigten müssen geeignete Schutzhandschuhe gestellt und von diesen getragen werden, solange eine Gefährdung besteht.

 

Beschäftigte dürfen in Arbeitsbereichen, in denen die Gefahr einer Kontamination mit Biostoffen besteht, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen oder lagern. Hierfür sind Pausenräume oder von Arbeitsplätzen abgetrennte Bereiche vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.


Arbeitskleidung ist regelmäßig sowie bei Bedarf (nach Kontamination oder Verschmutzung) zu wechseln und durch den Arbeitgeber zu reinigen. Arbeits- und Straßenkleidung sind getrennt voneinander aufzubewahren.


Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass nach § 8 Absatz 4 Nummer 4 BioStoffV und § 2 PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) zusätzlich Persönliche Schutzausrüstungen (PSA), einschließlich Schutzkleidung in ausreichender Stückzahl zur Verfügung stehen. Dazu können je nach Gefährdung Schutzkittel, Handschuhe, FFP-Masken, Schutzbrillen/Visiere, Stiefel, Schürzen etc. gehören.

PSA muss dem Anwender individuell passen. Deshalb ist auf entsprechende Größen zu achten. Einmalprodukte sind fachgerecht zu entsorgen.

Beispielsweise sind bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten flüssigkeitsdichte, ungepuderte, allergenarme und gegen die eingesetzten Produkte beständige Schutzhandschuhe bei Notwendigkeit mit verlängertem Schaft zum Umstülpen, damit Haut-

kontakte vermieden werden, bereitzustellen.


Arbeitsmedizinische Vorsorge ist nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), Anhang Teil 2 „Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen einschließlich gentechnischen Arbeiten mit humanpathogenen Organismen" im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung in Absprache mit dem Betriebsarzt / der Betriebsärztin durchzuführen. Soweit das Blut von klinisch gesunden Tieren Verwendung findet, kann die Vorsorge durch Angebotsvorsorge und bei Bedarf des Beschäftigten mit Wunschvorsorge abgedeckt werden.


Der Arbeitgeber darf Jugendliche, werdende oder stillende Mütter mit Tätigkeiten mit Biostoffen nur beschäftigen, soweit dies auch mit den speziellen arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen (Jugendarbeitsschutzgesetz und Mutterschutzgesetz) vereinbar ist. Dies ist in der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen.


Es muss ein chemothermisches desinfizierendes Waschverfahren mit den Wirkungsbereichen A für Bakterien, Pilze, Sporen und B für Viren nach RKI-Liste Anwendung finden. Nach den in der RKI-Liste gelisteten chemothermischen desinfizierenden Waschverfahren muss eine Temperatur von 60 °C während des Waschens gehalten werden, um eine desinfizierende Wirkung zu erzielen.