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Fällt der Transport und das Entleeren von z.T. offenen Säcken mit Restmüll unter die Biostoffverordnung?

KomNet Dialog 19215

Stand: 11.01.2017

Kategorie: Belastungen durch Biostoffe > Rechts- und Auslegungsfragen, Sonstiges (6.1) > Anwendungs- und Geltungsbereich

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Frage:

Beschäftigte transportieren in z.T. offenen Säcken Restmüll aus einem Verwaltungsgebäude zu einer Müllpresse und werfen die Säcke dort hinein. Der Abwurfschacht verfügt über einen Stahldeckel, der für den Abwurf jeweils geöffnet wird. Fällt die beschriebene Tätigkeit unter die Biostoffverordnung ? Ich bin der Ansicht, die Beschäftigten sollten bei der Beschickung der Müllpresse Staubmasken tragen. Wie ist Ihre Meinung dazu ?

Antwort:

Nach § 2 Begriffsbestimmungen Absatz 7 der Biostoffverordnung (BioStoffV) werden Tätigkeiten wie folgt definiert:

"(7) Tätigkeiten sind

1.das Verwenden von Biostoffen, insbesondere das Isolieren, Erzeugen und Vermehren, das Aufschließen, das Ge- und Verbrauchen, das Be- und Verarbeiten, das Ab- und Umfüllen, das Mischen und Abtrennen sowie das innerbetriebliche Befördern, das Aufbewahren einschließlich des Lagerns, das Inaktivieren und das Entsorgen sowie

2. die berufliche Arbeit mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Produkten, Gegenständen oder Materialien, wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen können."


Bei der von Ihnen beschriebenen Tätigkeit handelt es sich um eine so genannte "nicht gezielte Tätigkeit", die nach den Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen beim Portal Gefährdungsbeurteilung wie folgt charakterisiert sind: "Für nicht gezielte Tätigkeiten ist typisch, dass Biostoffe unbekannter Menge und Zusammensetzung am Arbeitsplatz vorkommen, die Tätigkeit jedoch nicht auf diese Biostoffe ausgerichtet ist."

Schutzmaßnahmen sind in diesem Fall nach § 6 Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung der BioStoffV zu treffen. Oftmals trifft der dortige Absatz 2 zu und es wird das Regelwerk nach Absatz 2 Nr. 1 verwendet, um die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und Schutzmaßnahmen zu treffen.


Im Falle der geschilderten Beschickung der Müllpresse können für die Gefährdungsbeurteilung und Maßnahmenfestlegung u. E. die Vorgehensweise incl. Maßnahmenrangfolge sowie viele hierin enthaltene Hilfestellungen der TRBA 213 "Abfallsammlung": Schutzmaßnahmen angepasst übernommen werden. Nachfolgend einige Auszüge:

"5.4 Arbeitsplätze im Bereich der Schüttung

(1) Die Beladung und Verdichtung des Abfalls im Aufbau soll möglichst staubarm erfolgen. Dieser Anforderung genügen z. B. Aufbauten mit Pressplattenverdichtung [6].

(2) Zur Minimierung der Exposition von Beschäftigten während des Lade- und Schüttprozesses sollen vorzugsweise automatische Ladesysteme eingesetzt werden.

(...)

5.4.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Die Schüttung und der Einfüllbereich sind regelmäßig, bei Heckladern mindestens wöchentlich von innen und von außen einer gründlichen Spritzreinigung zu unterziehen.

(...)

5.5 Persönliche Schutzmaßnahmen und -ausrüstungen (PSA)

Geeigneter Atemschutz muss folgende Anforderungen erfüllen:

– Mindestens Halbmaske mit Partikelfilter der Klasse P2 nach DIN EN 143 „Atemschutzgeräte, Partikelfilter; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung“ oder partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 gemäß DIN EN 149 „Atemschutzgeräte, partikelfiltrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikel; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung“.

– Filtrierende Halbmasken mit Ausatemventil sind bevorzugt einzusetzen. Atemschutzfilter und partikelfiltrierende Halbmasken sind täglich zu wechseln. Im Übrigen sind die Berufsgenossenschaftlichen Regeln für die Benutzung von Atemschutzgeräten (BGR 190) zu beachten [9]."


Fazit:

Die beschriebene Tätigkeit fällt unter die Biostoffverordnung (vgl. u. a. genannte TRBA 213 Nr. 4.1: "Bei der Abfallsammlung kann abhängig von der Art des Abfalls eine Vielzahl von Bakterien, Schimmelpilzen und Viren auftreten, die sich gegebenenfalls im Abfall vermehrt haben"). Die bestmögliche Vermeidung/Verringerung der Belastung der Beschäftigten hat mit Hilfe der Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe zu erfolgen. Vorgeschlagene Schutzmaßnahmen, wie in der angesprochenen TRBA 213 dargelegt, sind auf Umsetzungsmöglichkeit beim eigenen betrieblichen Szenario zu prüfen.