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Ist die arbeitsmedizinische Eignungsuntersuchung für die Fahrer/Besatzungen von Rettungsfahrzeugen erforderlich oder zumindest zulässig?

KomNet Dialog 42721

Stand: 27.11.2023

Kategorie: Gesundheitsschutz > Arbeitsmedizinische Vorsorge > Untersuchungspflichten

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Frage:

In einem von mir neu betreuten Rettungsdienst ist die Frage nach der Zulässigkeit/Erfordernis von Eignungsuntersuchungen (G 25-Untersuchung) für die Fahrer/Besatzungen von Rettungsfahrzeugen aufgetaucht. Im Prinzip handelt es sich bei der Tätigkeit um Personenbeförderung, für die andere Berufsgruppen den Personenbeförderungsschein erwerben oder verlängern müssen (hier hat die Fahrerlaubnisverordnung ohne Sachgründe für Rettungsdienste eine Ausnahme festgelegt). Da zumindest bei „Blaulicht“-Fahrten die Eigen- und Fremdgefährdung im Rettungsdienst deutlich höher angesetzt werden muss als bei Taxifahrern, meine Frage: Ist die Eignungsuntersuchung für Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten vor dem geschilderten Hintergrund nicht – unabhängig von der genannten Regelung der Fahrerlaubnisverordnung – absolut erforderlich oder zumindest zulässig?.

Antwort:

Nach § 4 - Besetzung von Rettungsmitteln des Rettungsgesetzes NRW (RettG NRW) gilt Folgendes:

"(1) Die in der Notfallrettung und im Krankentransport eingesetzten Personen müssen für diese Aufgaben gesundheitlich und fachlich geeignet sein.

(2) Die gesundheitliche und körperliche Eignung ist aufgrund einer ärztlichen Untersuchung durch ein ärztliches Zeugnis vor Aufnahme der Tätigkeit nachzuweisen. Die ärztliche Untersuchung ist alle drei Jahre zu wiederholen.

(...)"


Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen auch nach der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen (§ 11 Abs. 1 FeV). Das gilt gleichermaßen für Führer von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr, Polizei, Rettungsdiensten, Krankenwagen u.v.m. Für das Führen der Einsatzfahrzeuge ist, ebenso wie für das Führen ziviler Fahrzeuge, eine wiederholte Prüfung auf geistige und körperliche Eignung der Fahrzeugführer nicht obligatorisch, sofern es sich nicht um LKW mit mehr als 7,5 Tonnen handelt und der Fahrer das 50. Lebensjahr noch nicht erreicht hat.

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen (§ 11 Abs. 2 FeV).


Fahrten der Einsatzfahrzeuge dienen nicht der (gewerbsmäßigen) Personenbeförderung bzw. Fahrgastbeförderung. Daher gelten die Regelungen zu Prüfungen (z. B. Sehtest, Wahrnehmungstest, Reaktionstest usw.), die zum Erneuern des Personenbeförderungsscheins erforderlich sind, für Führerinnen und Führer von Einsatzfahrzeugen nicht.


Die Straßenverkehrsverordnung (StVO, § 35) sieht für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, soweit es dringend geboten ist, Sonderrechte im Straßenverkehr für Polizei, Zolldienst, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Weitere vor. Auch Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften der Straßenverkehrsverordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.


Einsatzfahrten, also „Fahrten mit Blaulicht und Einsatzhorn“ setzen keine arbeitsmedizinische Angebots- oder Pflichtvorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) voraus.

Grundsätzlich gilt jedoch: Arbeitgeber müssen, nach § 11 des Arbeitsschutzgesetzes, Beschäftigte auf ihren Wunsch hin regelmäßig über gesundheitliche Risiken bei der Arbeit aufklären und beraten (lassen). Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten gefahrenbezogene arbeitsmedizinische Untersuchungen ermöglichen, sofern eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann.


In Bezug auf Unterweisungen siehe DGUV Information 205-024 "Unterweisungshilfen für Einsatzkräfte mit Fahraufgaben"


Die DGUV Empfehlungen für arbeitsmedinische Beratungen und Untersuchungen (früher: G-Untersuchungen) sind in der Arbeitsmedizin allgemein anerkannt. Sie liefern dem Betriebsarzt bei der Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren verlässliche Grundlagen für angemessene und standardisierte, arbeitsmedizinische Untersuchungen und ermöglichen eine Einschätzung des Gesundheitszustandes. Das gilt auch für die DGUV Empfehlung Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten (früher: G 25-Untersuchung). Die Anwendung der DGUV Empfehlungen ist jedoch nicht rechtsverbindlich.


Um für Unternehmern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rechtsicherheit zu schaffen wird in vielen Unternehmen, und insbesondere bei Feuerwehren und Rettungsdiensten, eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die eine Durchführung der Empfehlung Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten obligatorisch festlegt. Dadurch entsteht eine verbindliche innerbetriebliche Verfahrensanweisung für das Unternehmen.


Zur Unterscheidung von arbeitsmedizinischer Vorsorge nach der ArbMedVV und Untersuchungen zur beruflichen Eignung für bestimmte Tätigkeiten verweisen wir auf die DGUV Information 250-010 "Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis" und die VBG-Broschüre "Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchungen - Tipps für die betriebliche Praxis"