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Muss man eine erstellte Gefährdungsbeurteilung an eine Leiharbeitsfirma herausgeben, sofern vertraglich nichts geregelt ist?

KomNet Dialog 42702

Stand: 09.05.2019

Kategorie: Gesunde Arbeit / Arbeitsschutz > Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitnehmerüberlassung, Fremdfirmeneinsatz

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Frage:

Muss man eine erstellte Gefährdungsbeurteilung an Dritte (im expliziten Fall an eine Leiharbeitsfirma) herausgeben sofern vertraglich nichts geregelt ist? Das Unternehmen setzt Leiharbeitnehmer in der Produktion ein. Kann die Leiharbeitsfirma auf die Herausgabe der Gefährdungsbeurteilung für ihre bestimmte Tätigkeit bestehen?

Antwort:

Die einschlägige Rechtsvorschrift ist in diesem Fall der § 8 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der die Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber regelt:

"(1) Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten. Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen.

(2) Der Arbeitgeber muss sich je nach Art der Tätigkeit vergewissern, dass die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben."


Im § 5 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" wird im § 5 Abs.3 gefordert:

"Bei der Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen hat der den Auftrag erteilende Unternehmer den Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen."


Diese Forderung wird in der DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention" unter Nr. 2.4.3 konkretisiert:

"Unterstützen bedeutet, alles Mögliche und Zumutbare zu tun, damit der Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung für seine Beschäftigten die spezifischen Gefahren des Betriebes, in dem er tätig wird, berücksichtigt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kann. Dazu gehört auch das Informieren des Fremdunternehmers durch den Auftrag erteilenden Unternehmer über Erkenntnisse aus seiner Gefährdungsbeurteilung, z. B.

  1. auf die Tätigkeit des Fremdunternehmens bezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren,
  2. Hinweise auf Installationen, Einrichtungen und Geräte,
  3. Hinweise auf bestehende Betriebsanweisungen,
  4. Hinweise auf persönliche Schutzausrüstungen, die von Versicherten zu tragen sind,
  5. Hinweise auf Flucht- und Rettungswege,
  6. Hinweise auf Einrichtungen zur Ersten Hilfe.

Verfügt der Unternehmer nicht selbst über die notwendige Fachkunde, um das Fremdunternehmen über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit zu informieren, hat er sich der Hilfe fachkundiger Dritter zu bedienen. Dies können z. B. Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte sein."


Auch beim Einsatz von Leiharbeitnehmern sind Einsatzbetrieb und Zeitarbeitsunternehmen gleichermaßen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten der Zeitarbeit verantwortlich. Daher müssen sowohl der Einsatzbetrieb als auch das Zeitarbeitsunternehmen jeweils eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um sicherzustellen, dass die Beschäftigten der Zeitarbeit auf sicheren Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen ist die Basis der zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Einsatzbetrieb abzustimmenden Schutzmaßnahmen.


Ausführlich ist dies in der DGUV Regel 115-801 "Branche Zeitarbeit — Anforderungen an Einsatzbetriebe und Zeitarbeitsunternehmen" beschrieben. In Bezug auf die Abstimmung der Schutzmaßnahmen wird hierin bezogen auf den Einsatzbetrieb (den Entleiher) ausgeführt:

"Um mit dem Zeitarbeitsunternehmen einen sicheren und gesundheitsgerechten Einsatz abzustimmen, stellen Sie dem Zeitarbeitsunternehmen die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung oder nutzen Sie diese zumindest im Rahmen der Abstimmung mit dem Zeitarbeitsunternehmen. Das heißt, dass das Zeitarbeitsunternehmen die Gefährdungsbeurteilung mindestens einsehen kann. Das Zeitarbeitsunternehmen kann sich dann ein Bild machen, welchen Gefährdungen und Belastungen die Beschäftigten der Zeitarbeit unterliegen und welche Maßnahmen getroffen wurden oder, in Abstimmung mit Ihnen, noch zu treffen sind. Ermöglichen Sie dem Zeitarbeitsunternehmen die Besichtigung der zu besetzenden Arbeitsplätze noch bevor die Beschäftigten der Zeitarbeit dort tätig werden."


Hinweis: Das berufsgenossenschaftliche Vorschriften- und Regelwerk finden Sie im Internet unter https://publikationen.dguv.de