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Wie ist eine unverantwortbare Gefährdung durch Kälte und Nässe im Sinne des MuSchG konkret definiert?

KomNet Dialog 42288

Stand: 14.05.2018

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Gefährdungen für werdende / stillende Mütter

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Frage:

Wie ist eine unverantwortbare Gefährdung durch Kälte und Nässe im Sinne des MuSchG konkret definiert? Kälte: 1. welche Temperaturen 2. welche Expositionszeiten 3. welche Tätigkeiten Nässe: Definition, Expositionsdauer

Antwort:

Rechtsbegriff der unverantwortbaren Gefährdung

Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist (§ 9 MuSchG). Mit dem Begriff „unverantwortbare Gefährdung“ soll also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gefährdung eintreten wird in Bezug auf die Höhe der zu erwartenden Schadens ermittelt werden.


Bei der Beurteilung der Gefährdungen ist der hohe Rang des vom Mutterschutz verfolgten Schutzziels - die gesundheitliche Unversehrtheit der schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes – zu berücksichtigen.


Der im neuen Mutterschutzrecht genannte Ausschuss für Mutterschutz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend soll anhand des Standes der Technik unbestimmte Rechtsbegriffe genauer definieren. Solange keine Definitionen vorliegen, gelten die Vorgaben des bisherigen Mutterschutzgesetzes.


Kälte

Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5 „Raumtemperaturen“ konkretisiert die Anforderungen an Raumtemperaturen.


4.2 Lufttemperaturen in Räumen

(1) In Arbeitsräumen muss die Lufttemperatur in Abhängigkeit von der Arbeits-

schwere und Körperhaltung mindestens den Werten in Tabelle 1 entsprechen, wobei diese Lufttemperatur während der gesamten Nutzungsdauer zu gewährleisten ist.

(2) Werden die Mindestwerte nach Tabelle 1 in Arbeitsräumen auch bei Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten nicht erreicht, ist der Schutz gegen zu niedrige Temperaturen in folgender Rangfolge durch zusätzliche

-      arbeitsplatzbezogene technische Maßnahmen (z. B. Wärmestrahlungsheizung, Heizmatten),

-      organisatorische Maßnahmen (z. B. Aufwärmzeiten) oder

-      personenbezogene Maßnahmen (z. B. geeignete Kleidung)

sicher zu stellen.

 

Tabelle 1: Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen

 

Überwiegende Körperhaltung     Arbeitsschwere

                                               leicht           mittel           schwer

Sitzen                                       +20 °C        +19 °C        -

Stehen, Gehen                       +19 °C       +17 °C       +12 °C

 

Üblicherweise reichen für die Klassifizierung der Arbeitsschwere die Angaben aus Tabelle 2 aus.

 

Tabelle 2: Arbeitsschwere

 

Arbeitsschwere Beispiele

leicht leichte Hand-/Armarbeit bei ruhigem Sitzen bzw. Stehen verbunden mit gelegentlichem Gehen 

mittel mittelschwere Hand-/Arm- oder Beinarbeit im Sitzen, Gehen oder Stehen

schwer schwere Hand-/Arm-, Bein- und Rumpfarbeit im Gehen oder Stehen

   

Von Kältearbeit wird gesprochen, wenn bei Lufttemperaturen unter +15 °C mindestens eine Stunde pro Schicht gearbeitet werden muss. Entsprechend der DIN 33403-5 „Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung: Ergonomische Gestaltung von Kältearbeitsplätzen“ werden folgende Kältebereiche unterschieden:

 

Kältebereich                             Lufttemperatur in ° C

I       Kühler Bereich                Von +15 bis +10

II      Leicht kalter Bereich       Unter +10 bis -5

III     Kalter Bereich                 Unter -5 bis -18

IV     Sehr kalter Bereich         Unter -18 bis -30

V      Tiefkalter Bereich            Unter -30


Als extreme Kälte können der kalte, sehr kalte und tiefkalte Bereiche, also Temperaturen unter -5 °C angesehen werden. In diesen Bereichen sollten Schwangere Frauen grundsätzlich nicht beschäftigt werden.

 

Nässe

 

Tätigkeiten, bei denen schwangere Frauen ständiger Nässe ausgesetzt sind, sind ggf. nicht mehr zulässig, sofern durch technische oder persönliche Schutzmaßnahmen eine Gefährdung nicht beseitigt werden kann.

Nicht gemeint sind Arbeitsplätze, bei denen die Nässe durch Witterungseinflüsse gelegentlich einwirkt.

 

Weiterhin möchten wir in diesem Zusammenhang auf die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) hinweisen:

Anhang "Arbeitsmedizinische Pflicht- und Angebotsvorsorge"

Teil 1 Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Sonstige Tätigkeiten mit Gefahrstoffen


Danach soll für Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden oder mehr je Tag eine Pflichtvorsorge veranlasst werden und bei Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden je Tag eine Angebotsvorsorge angeboten werden.