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Führt die Tätigkeit bei Beladen eines Tankwagens mit flüssigem Schwefel zu Atemwegsbeschwerden?

KomNet Dialog 354

Stand: 22.03.2013

Kategorie: Chemische Belastungen und Beanspruchungen > Gefährdungen durch Gefahrstoffe > Gefährdungen durch bestimmte Gefahrstoffe

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Frage:

Ein Tankwagen wird mit flüssigem Schwefel beladen. Ist man beim Beladen giftigen Stoffen wie Schwefelwasserstoff oder Schwefeldioxid ausgesetzt?

Antwort:

Elementarer Schwefel, CAS-Nr. 7704-34-9 ist zwar nicht in der Stoffliste in Anhang VI der CLP-Verordnung enthalten, jedoch im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) als reizend eingestuft. Nach Gefahrgutrecht ist flüssiger Schwefel wie folgt zu kennzeichnen:

-UN-Nummer: 2448
-Gefahrgut-Bezeichnung: Schwefel, geschmolzen
-Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr: 44
-Klasse: 4.1 (Entzündbare feste Stoffe)
-Verpackungsgruppe: III (geringe Gefährlichkeit)
-Gefahrzettel: 4.1

Eine Verunreinigung des flüssigen Schwefels durch Schwefeldioxid, CAS-Nr. 7446-09-5, eingestuft als „Giftig“ (T, R23 Giftig beim Einatmen.“) und „Ätzend“ (C, R34 „Verursacht Verätzungen.“), ist möglich, eine bedeutende Freisetzung ist jedoch erst nach Entzünden des flüssigen Schwefels oberhalb des Flammpunktes von 160 °C zu erwarten (blaue Flamme). Eine massive Freisetzung von Schwefelwasserstoff, CAS-Nr. 7783-06-4, eingestuft als „Hochentzündlich“ (F+, R12 „Hochentzündlich.“), „Sehr giftig“ (T+, R26 „Sehr giftig beim Einatmen.“) und „Umweltgefährlich“ (N, R50 „Sehr giftig für Wasserorganismen.“), der als Spurenverunreinigung durchaus vorkommen kann, ist ebenfalls eher unwahrscheinlich.

Da es sich bei dem flüssigen Schwefel wahrscheinlich um ein technisches Produkt handelt, können flüchtige und geruchsintensive anorganische und organische Schwefelverbindungen als Verunreinigungen vorkommen. Deren giftige, ätzende und reizende Wirkungen sind mit denen von Schwefeldioxid und Schwefelwasserstoff vergleichbar und können auch Atemwegsbeschwerden verursachen. Je nach Herkunft des Schwefels können u. a. folgende Verunreinigungen vorliegen:

-Schwefeldichlorid, CAS-Nr. 10545-99-0, eine sehr reaktive Verbindung (R14 „Reagiert heftig mit Wasser.“), “Ätzend“ (C, R34 „Verursacht Verätzungen.“), „Reizend“ (Xi, R 37 „Reizt die Atmungsorgane.“) und „Umweltgefährlich“ (N, R50 „Sehr giftig für Wasserorganismen.“).

-Kohlenstoffdisulfid, CAS-Nr. 75-15-0, „Leichtentzündlich“ (F, R11 „Leichtentzündlich.“), „Fortpflanzungsgefährdend“ Kat. 3 (Xn, R62 „Kann möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.“, R63 „Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen.“), „Giftig“ (R48/23 „Giftig. Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition durch Einatmen.“) und „Reizend“ (Xi, R36/38 „Reizt die Augen und die Haut.“).

-Dimethylsulfid, CAS-Nr. 75-18-3, „Leichtentzündlich“ (F, R 11 „Leichtentzündlich.“), „Gesundheitsschädlich“ (Xn, R22 „Gesundheitsschädlich beim Verschlucken.“) und „Reizend“ (Xi, R36/38 „Reizt die Augen und die Haut.“).

Als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 "Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung" der GefStoffV und unter Beachtung der möglichen Verunreinigungen sind bei Tätigkeiten, bei denen die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach §9 GefStoffV nicht ausreichen, ergänzend die zusätzlichen Schutzmaßnahmen nach §10 der GefStoffV zuwenden. Das Beladen mit flüssigem Schwefel ist daher vorzugsweise in einem geschlossenen System durchzuführen. Dabei sind nach § 11 der GefStoffV auch ergänzende Schutzmaßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefahren vorzusehen.

Erst wenn die technischen Schutzmaßnahmen unter Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten sichergestellt sind und es immer noch zu Überschreitungen der Arbeitsplatzgrenzwerte kommt, kann der Einsatz von Atemschutzmasken mit geeignetem Filter indiziert sein. Bei der Auswahl des Filters sollte die Fachkraft für Arbeitssicherheit im Betrieb einbezogen und die Tragzeitbegrenzungen sowie die dafür notwendige Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen berücksichtigt werden.