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Darf eine schwangere Zahnärztin Reihenuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen durchführen?

KomNet Dialog 2466

Stand: 28.02.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Darf eine im Gesundheitsamt angestellte Jugendzahnärztin während der Schwangerschaft Reihenuntersuchungen bei Kindern/Jugendlichen durchführen?

Antwort:

Regelungen zum Mutterschutz sind im Mutterschutzgesetz getroffen. Für Beamtinnen gelten spezielle Verordnungen, in NRW beispielsweise die Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW - FrUrlV NRW .


Erfahrungsgemäß sind schwangere Zahnärztinnen vielfältigen gesundheitlichen Risiken, insbesondere der Infektionsgefährdung gegenüber blutübertragenen Infektionskrankheiten wie z. B. Hepatitis B und C sowie HIV ausgesetzt. Daher sind alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr und Blutkontakt verboten.


Bei Reihenuntersuchungen von Kindern und Jugendlichen ist die werdende Mutter zusätzlich einer erhöhten Infektionsgefährdung gegenüber den Erregern von Kinderkrankheiten ausgesetzt. Diese Kinderkrankheiten treten bei Kindern/Jugendlichen (je nach Altersgruppe) fast doppelt so häufig auf wie bei Erwachsenen.

Die Krankheitserreger (sogenannte biologischer Arbeitsstoffe nach § 2 Biostoffverordnung) können bleibende Schäden sowohl bei Mutter als auch Kind auslösen.


Daher ist eine Weiterbeschäftigung der schwangeren Zahnärztin nur dann möglich:

  •  wenn die werdende Mutter am Arbeitsplatz keiner erhöhten Infektionsgefährdung gegenüber der Normalbevölkerung ausgesetzt ist. Die Infektionsgefährdung ergibt sich aus der Gefährdungbeurteilung, welche nach § 10 MuSchG (als Erweiterung zu § 5 Arbeitsschutzgesetz) und der Biostoffverordnung durchzuführen ist. In der Gefährdungsbeurteilung ist die Art der Tätigkeit, die Intensität des Körperkontaktes sowie Alter, Herkunft, Gesundheitszustand und Impfschutz der Kinder/Jugendlichen (kann aus der Statistik der Schuleingangsuntersuchungen entnommen werden) bzw. der Immunstatus der Schwangeren zu beurteilen.
  • wenn eine sichere Immunität bei der werdenden Mutter gegenüber den u. g. Infektionskrankheiten besteht. Ein sicherer Immunschutz ist anzunehmen, wenn die anamnestischen (Anamnese: Vorgeschichte einer Krankheit) Angaben über erfolgte Impfungen oder "durchgemachte" Erkrankungen anhand eines Impfpasses bzw. durch Bestimmung der spezifischen IgG-Antikörper im Blut bestätigt sind. Nur ein Arzt/eine Ärztin kann und darf dies feststellen und bescheinigen.


Die Immunitätslage ist gegenüber folgender Krankheitserreger zu klären:

- Röteln

- Windpocken

- Masern

- Mumps

- Ringelröteln

- Zytomegalie

- Keuchhusten

- Hepatitis A

- Hepatitis B


Beschäftigungsbeschränkungen bzw. -verbote greifen in nachstehenden Fällen ein:

  • Röteln: Bei fehlender oder nicht ausreichender Immunität ist ein generelles Beschäftigungsverbot bis zur 20. SSW auszusprechen (vorausgesetzt: beruflicher Umgang mit Kindern/Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr) .
  • Sollte die Schwangere gegen Masern und Mumps empfänglich sein, darf sie während der gesamten Schwangerschaft keinen beruflichen Umgang mit Kindern bis zum Vorschulalter haben. Bei Ausbruch beider Erkrankungen in der Region (in den Einrichtungen) ist ein Beschäftigungsverbot auszusprechen.
  • Bei fehlender Immunität gegenüber Zytomegalie ist ein generelles Beschäftigungsverbot beim beruflichen Umgang mit Kindern bis zum vollendeten 3. Lebensjahr für die gesamte Schwangerschaft notwendig.
  • Ringelröteln und Windpocken: Weiterbeschäftigung der Schwangeren ohne sicheren Immunschutz beim beruflichen Umgang mit Kindern/Jugendlichen bis zum 10. Lebensjahr für die gesamte Schwangerschaft untersagt


Bei älteren Kindern kann die Beschäftigung nur unter Beachtung von ausreichenden hygienischen Maßnahmen (z. B. Meiden von engen Körperkontakten und Tragen geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung (kurz: PSA) wie z. B. Handschuhe, Kittel bzw. Mundschutz) erfolgen.


Beim Auftreten von Keuchhusten, Scharlach, Hepatitis A oder Influenza in der Einrichtung (Kindertagesstätten, Schulen etc.) oder in der Region sollte ein befristetes Beschäftigungsverbot für Nicht-Immune ausgesprochen werden. Wegen der Hepatitis B-, C- und HIV-Gefahr sind alle Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr und Blutkontakt verboten.


Bei fehlender oder nicht ausreichender Immunität gegenüber o. g. Erkrankungen müssen Schutzmaßnahmen nach Reihenfolge des § 3 MuSchArbV getroffen werden, d. h. die werdende Mutter z. B. mit organisatorischen, administrativen, Kontroll- und/oder Überwachungstätigkeiten beschäftigt werden (Umgestaltung des Arbeitsplatzes/Arbeitsplatzwechsel).

 

Weitere Informationen zum Mutterschutz allgemein finden Sie im Leitfaden zum Mutterschutz.