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Inwieweit muss ein Betreiber die neue Atex-Richtlinie 2014/34 beachten?

KomNet Dialog 30037

Stand: 17.08.2017

Kategorie: Sichere Anlagen / Sicherer Betrieb > Explosionsschutz, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen > Rechts- und Auslegungsfragen, Sonstiges (1.4.4)

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Frage:

Neue Atex 2014/34/EU Diese neue Verordnung regelt ja das Inverkehrbringen und den Handel mit explosionsgeschützten Maschinen. In erster Linie ist es ja eine Herstellerrichtlinie. In der Leitlinie der BGRCI heißt es unter § 33 Altprodukte und Produkte aus zweiter Hand Im Allgemeinen ist ein "Altprodukt" ein Produkt, dass bereits verwendet wurde; in diesem Absatz ist unter "Altprodukt" ein Produkt zu verstehen, dass bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie 2014/34/EU auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht und innerhalb der EU in Betrieb genommen wurde. Dieses Produkt erfüllte die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gesetzesvorschriften, und zwar je nach Datum nationale oder EU-Vorschriften (in Form der Richtlinie 94/9/EG, die vom 1. Juli 2003 bis zum 19. April 2016 in Kraft war). In diesem Fall ist die Richtlinie 2014/34/EU nicht anwendbar. Altprodukte, die vor dem Datum des Inkrafttretens der Richtlinie 2014/34/EU in der EU in Verkehr oder im Einsatz waren, fallen nicht unter diese Richtlinie. Diese Produkte wurden in Übereinstimmung mit den zu der Zeit geltenden Vorschriften vermarktet und verwendet. Sie sind innerhalb der EU gemäß der Artikel 28/30 (u.a.) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zum freien Warenverkehr in Umlauf, solange sie nicht so modifiziert werden, dass ihre gesundheits- und sicherheitsbezogenen Merkmale beeinträchtigt werden. Auf Altprodukte, die aus einem Nicht-EU-Land importiert und zum ersten Mal nach dem 20. April 2016 zum Zwecke des Vertriebs und/oder der Verwendung in der EU verfügbar gemacht wurden, findet die Richtlinie 2014/34/EU Anwendung. Bezieht sich dieser Absatz auch auf Maschinen, z.B. Rührwerke, die bereits in der Produktion verwendet werden? Oder bezieht sich dieser Absatz auf Maschinen, die eingebaut waren oder wieder für den Verkauf zur Verfügung stehen. Inwieweit muss der Betreiber die neue Atex 2014/34 beachten?

Antwort:

Die Richtlinie 2014/34/EU ist ein Rechtsakt der Europäischen Union und als solcher Teil des sekundären Unionsrechts. Sie wird national durch die Elfte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Explosionsschutzprodukteverordnung - 11. ProdSV) umgesetzt. In Deutschland ist dementsprechend die 11. ProdSV anzuwenden. Diese Verordnung ist ausschließlich auf neue Produkte, die auf dem Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals verwendet werden, anzuwenden. Dies (d. h. die erstmalige Verwendung) schließt für den Eigenbedarf hergestellte Produkte eines Unternehmens ein. Gemäß § 2 Nr. 16 des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) ist Inverkehrbringen die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt; die Einfuhr in den Europäischen Wirtschaftsraum steht dem Inverkehrbringen eines neuen Produkts gleich. Daraus folgt, dass für die Einfuhr gebrauchter Produkte in den Europäischen Wirtschaftsraum ebenfalls diese Verordnung anzuwenden ist.

Für bereits im Unternehmen verwendete Produkte ist diese Verordnung nicht anzuwenden. Jedoch gilt für ihre Zurverfügungstellung und Verwendung als Arbeitsmittel § 5 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Gemäß Absatz 3 Sätze 1 und 2 darf der Arbeitgeber nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören neben den Vorschriften der BetrSichV insbesondere Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt wurden und die für die Arbeitsmittel zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt gelten.

Das bedeutet, dass die angefragten Arbeitsmittel mindestens den Rechtsvorschriften entsprechen müssen, die zum Zeitpunkt ihres Bereitstellens auf dem Markt galten. Unabhängig davon ist gemäß § 4 Abs. 1 BetrSichV vom Arbeitgeber zu gewährleisten, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist. Dazu ist die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig zu überprüfen (§ 3 Abs. 7 BetrSichV) und, soweit erforderlich, sind die Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln entsprechend anzupassen. Informationen dazu finden sich insbesondere in der BekBS 1114 "Anpassung an den Stand der Technik bei der Verwendung von Arbeitsmitteln".

Zusammenfassend bedeutet dies, dass der Arbeitgeber (Verwender) bei der Zurverfügungstellung neuer oder für den Eigengebrauch hergestellter oder in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführter gebrauchter Produkte, die der 11. ProdSV als Arbeitsmittel unterliegen, gewährleisten muss, dass die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt sind. Bei gebrauchten, d. h. bereits in Verwendung befindlichen Arbeitsmitteln muss er dahingegen gewährleisten, dass deren Verwendung nach dem Stand der Technik sicher ist.