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Hat es Auswirkungen auf die Gültigkeit, wenn ein Mitarbeiter im Besitz eines Staplerscheins ist, aber mehrere Jahre keine jährliche Unterweisung bekommen hat?

KomNet Dialog 29297

Stand: 19.09.2022

Kategorie: Betriebliches Arbeitsschutzsystem > Beauftragte / Bestellte > Staplerfahrer

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Frage:

Hat es Auswirkungen auf die Gültigkeit, wenn ein Mitarbeiter im Besitz eines Staplerscheins ist, aber mehrere Jahre keine jährliche Unterweisung bekommen hat ?

Antwort:

Bei der Fragestellung ist zwischen der grundlegenden Befähigung zur Führung eines Flurförderzeuges und den regelmässig durchzuführenden Unterweisungen der Staplerfahrer zu unterscheiden.


Befähigung:

Fahrer von Flurförderzeugen sind für diese Tätigkeit ausgebildet und befähigt (sog. "Staplerschein"), wenn sie nach dem DGUV Grundsatz 308-001 "Ausbildung und Beauftragung der Fahrer von Flurförderzeugen mit Fahrersitz und Fahrerstand" geschult worden sind, eine Prüfung in Theorie und Praxis bestanden haben und darüber einen Nachweis vorlegen können. Weiteres ist der Durchführungsanweisung zu § 7 DGUV Vorschrift 68 zu entnehmen.


Nach der DGUV Vorschrift 68 "Flurförderzeuge", § 7 "Auftrag zum Steuern von Flurförderzeugen" gilt zudem:


"Der Unternehmer darf mit dem selbständigen Steuern von Flurförderzeugen mit Fahrersitz oder Fahrerstand Personen nur beauftragen, die

• mindestens 18 Jahre alt sind,

• für diese Tätigkeit geeignet und ausgebildet sind und

• ihre Befähigung nachgewiesen haben. Der Auftrag muss schriftlich erteilt werden. "


Unterweisung:

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) trifft zur Unterweisungspflicht unter § 12 folgende Regelung:


"(1) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden."

In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) (§ 12 Absatz 1) wird dazu folgendes konkretisiert:

"Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über

1. vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung,

2. erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregelungen und

3. Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.

Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten vor Aufnahme der Verwendung von Arbeitsmitteln tätigkeitsbezogen anhand der Informationen nach Satz 1 zu unterweisen. Danach hat er in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, weitere Unterweisungen durchzuführen. Das Datum einer jeden Unterweisung und die Namen der Unterwiesenen hat er schriftlich festzuhalten."

In der zur DGUV Vorschrift 1 veröffentlichten DGUV Regel 100-001 heißt es dazu unter dem Punkt 2.3.1:

"Zeitpunkt und Fristen für die Unterweisung

Die Unterweisung der Versicherten muss gemäß § 12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen, d. h. abhängig von der Größe des Betriebes und der Arbeitssituation/Gefährdung erfolgen. Bei unveränderter Gefährdungssituation und Arbeitsaufgabe ist die Unterweisung mindestens jährlich zu wiederholen, um die Unterweisungsinhalte den Versicherten wieder in Erinnerung zu rufen und aufzufrischen. Treten innerhalb der Jahresfrist Unterweisungsanlässe ein (siehe oben), muss eine zusätzliche und auf den Unterweisungsanlass bezogene Unterweisung durchgeführt werden. Kürzere Unterweisungsintervalle können sich aus speziellen Arbeitsschutzvorschriften ergeben, z. B. § 29 Jugendarbeitsschutzgesetz, der eine halbjährliche Unterweisung fordert.

Liegen keine relevanten Änderungen der Gefährdungen oder Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung vor, wird man bei den zeitlichen Abständen der Unterweisung von etwa einem Jahr ausgehen können.

Davon erhebliche Abweichungen sollte der Arbeitgeber begründen können.

Arbeitsschutzrechtlich ist stets der Arbeitgeber für die Unterweisung verantwortlich. Der Arbeitgeber kann seine Pflichten an zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich delegieren.

Auch bei einer Pflichtendelegation trägt der Arbeitgeber ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Der Arbeitgeber hat, auch bei entsprechender Delegation, immer die letzte Verantwortung für sein Unternehmen. Das bedeutet: Er muss sich überzeugen, dass die von ihm gestaltete Organisation funktioniert. Dafür ist eine regelmäßige Überprüfung der Funktion und des Erfolgs der geschaffenen Strukturen durch den Arbeitgeber erforderlich.


Eine fehlende Unterweisung hat jedoch keine Auswirkungen auf die "Gültigkeit" des Staplerscheins. Die fehlenden Unterweisungen sollten unverzüglich nachgeholt und dokumentiert werden.


Auf das Merkblatt der BG-Verkehr "Unterweisungen" weisen wir hin. Dort wird ausgeführt:

"Welche Folgen hat eine unzureichende oder fehlende Unterweisung?

Der Arbeitgeber bzw. Vorgesetzte trägt die Verantwortung für einen Unfall bei ungenügender oder nicht erfolgter Unterweisung. Neben eventuellen strafrechtlichen Konsequenzen sind auch zivilrechtliche Forderungen zu erwarten. Wird der Unterweisungspflicht nicht Genüge getan, kann dies Schadenersatzansprüche des verletzten Beschäftigten auslösen. Auch hat der Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, den Arbeitgeber in Regress zu nehmen, wenn Beschäftigte aufgrund unzureichender oder fehlenden Unterweisung schwere oder tödliche Verletzungen erleiden. Nicht zuletzt kann der Unfallversicherungsträger eine Anordnung erlassen und bei Verstoß gegen diese ein Bußgeld verhängen.

Übrigens verliert der Arbeitgeber seinen Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer, da bei fehlender Unterweisung eine grobe Fahrlässigkeit aufseiten des Beschäftigten nicht angenommen werden kann."


Hinweis:

Das berufsgenossenschaftliche Regelwerk wird unter www.dguv.de/publikationen angeboten.