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Müssen Rückhaltegurte bei Gabelstaplern auch dann genutzt werden, wenn Klappbügel vorhanden sind?

KomNet Dialog 27874

Stand: 15.11.2016

Kategorie: Sicherer Transport > Innerbetrieblicher Transport > Flurförderzeuge, Gabelstapler

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Frage:

Müssen Rückhaltegurte bei Gabelstaplern auch dann genutzt werden, wenn Klappbügel vorhanden sind? Hintergrund der Frage: Wegen der geringen Akzeptanz von Beckenguten rüsten wir neue Gabelstapler mit einer Klappbügel-Rückhalteeinrichtung aus. Beim Blick in die Betriebsanleitung des Staplers stellte ich fest, dass der Hersteller ausdrücklich beschreibt, dass das Schließen des Klappbügels nicht von der Gurtpflicht entbindet. Der Aussage endsprechend wäre der Klappbügel nicht als Ersatz, sondern nur als Ergänzung zum Beckengurt vorgesehen. Entspricht das den allgemeinen Vorgaben?

Antwort:

Ein Gabelstapler ist ein Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung -BetrSichV-. Im Anhang 1 finden sich unter den Punkten 1.3 und 1.4 folgende Aussagen:

"1.3 Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bei mobilen Arbeitsmitteln mitfahrende Beschäftigte nur auf sicheren und für diesen Zweck ausgerüsteten Plätzen mitfahren.

Besteht die Möglichkeit des Kippens oder Überschlagens des Arbeitsmittels, hat der Arbeitgeber durch folgende Einrichtungen sicherzustellen, dass mitfahrende Beschäftigte nicht durch Überschlagen oder Kippen des Arbeitsmittels gefährdet werden:
a) eine Einrichtung, die verhindert, dass das Arbeitsmittel um mehr als eine Vierteldrehung kippt,
b) eine Einrichtung, die gewährleistet, dass ein ausreichender Freiraum um mitfahrende Beschäftigte erhalten bleibt, sofern die Kippbewegung mehr als eine Vierteldrehung ausmachen kann, oder
c) eine andere Einrichtung mit gleicher Schutzwirkung.

Falls beim Überschlagen oder Kippen des Arbeitsmittels ein mitfahrender Beschäftigter zwischen Teilen des Arbeitsmittels und dem Boden eingequetscht werden kann, muss ein Rückhaltesystem für den mitfahrenden Beschäftigten vorhanden sein.

1.4 Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bei Flurförderzeugen Einrichtungen vorhanden sind, die Gefährdungen aufsitzender Beschäftigter infolge Kippens oder Überschlagens der Flurförderzeuge verhindern. Solche Einrichtungen sind zum Beispiel
a) eine Fahrerkabine,
b) Einrichtungen, die das Kippen oder Überschlagen verhindern,
c) Einrichtungen, die gewährleisten, dass bei kippenden oder sich überschlagenden Flurförderzeugen für die aufsitzenden Beschäftigten zwischen Flur und Teilen der Flurförderzeuge ein ausreichender Freiraum verbleibt, oder
d) Einrichtungen, durch die die Beschäftigten auf dem Fahrersitz gehalten werden, sodass sie von Teilen umstürzender Flurförderzeuge nicht erfasst werden können."

In der technischen Regel für Betriebssicherheit - TRBS 2111, Teil 1 "Mechanische Gefährdungen - Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen durch mobile Arbeitsmittel", werden dazu weitere Erläuterungen gegeben. Unter dem Punkt 3.2.12 Maßnahmen gegen Gefährdung durch herausgeschleudert werden von Beschäftigten aus dem mobilen Arbeitsmittel ist folgendes nachzulesen:

"(1) Der Arbeitgeber hat technische Maßnahmen zur Vermeidung oder, wenn das nicht möglich ist, zur Reduzierung der mechanischen Gefährdungen, die verursacht werden durch Einwirkung von Beschleunigungskräften, z. B. Peitscheneffekt bei Auslegerarbeitsbühnen, zu treffen.

(2) Solche Maßnahmen können z. B. sein:
− technische Systeme zur Vermeidung von Kollisionen,
− Einsatz von mobilen Arbeitsmitteln mit geschlossenen Kabinen,
− Anbringung von Anschlagpunkten mit Rückhaltesystemen,
− Verwendung von Rückhaltesystemen."


Kernaussage in allen Regelungen ist also, dass Gefährdungen durch ein Kippen der Flurförderzeuge begrenzt werden muss. In den Vorschriften findet sich eine "oder"-Auflistung, dass bedeutet, es ist ausreichend wenn die Klappbügel genutzt werden oder der Gurt. Wieso der Hersteller in seiner Bedienungsanleitung die Nutzung des Gurtes fordert, entzieht sich unserer Kenntnis und ist direkt bei dem Hersteller zu erfragen. 

Die von uns getätigten Aussagen finden sich ebenfalls in den Informationen der Arbeitsschutzverwaltung Hamburg, sowie in Kapitel 2.4 der DGUV Information 208-004 (bisher: BGI 545) "Gabelstapler".