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Kann der Arbeitgeber aufgrund einer durchgeführten Gefährdungsbeurteilung die Anschnallpflicht an Flurförderzeugen aussetzen, da nur kurze Strecken gefahren werden?

KomNet Dialog 13244

Stand: 11.04.2019

Kategorie: Sicherer Transport > Innerbetrieblicher Transport > Flurförderzeuge, Gabelstapler

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Frage:

Kann der Arbeitgeber unter Berücksichtigung einer durchgeführten Gefährdungsbeurteilung und einer Eigeneinschätzung einer Risikobewertung, die Anschnallpflicht (da kein anderes Rückhaltesystem vorhanden ist) an Flurförderzeugen derart aussetzen, dass er für bestimmte Bedingungen (z.B. kurze Wegstrecken im Lager mit Palettenregalen) die Mitarbeiter ohne Nutzung eines Rückhaltesystems fahren lässt?

Antwort:

Der Arbeitgeber hat gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz  (ArbSchG) durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. 


In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wird unter der Nummer 1.4 des Anhang 1 folgendes ausgeführt:


"Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bei Flurförderzeugen Einrichtungen vorhanden sind, die Gefährdungen aufsitzender Beschäftigter infolge Kippens oder Überschlagens der Flurförderzeuge verhindern. Solche Einrichtungen sind zum Beispiel

a)eine Fahrerkabine,

b)Einrichtungen, die das Kippen oder Überschlagen verhindern,

c)Einrichtungen, die gewährleisten, dass bei kippenden oder sich überschlagenden Flurförderzeugen für die aufsitzenden Beschäftigten zwischen Flur und Teilen der Flurförderzeuge ein ausreichender Freiraum verbleibt, oder

d)Einrichtungen, durch die die Beschäftigten auf dem Fahrersitz gehalten werden, sodass sie von Teilen umstürzender Flurförderzeuge nicht erfasst werden können."


Die einschlägige Unfallverhütungsvorschrift für den Betrieb von Flurförderzeugen ist die DGUV Vorschrift 68 "Flurförderzeuge". Danach hat der Arbeitgeber für den Betrieb von Flurförderzeugen eine Betriebsanweisung zu erstellen, in der die vom Hersteller oder Lieferer des Flurförderzeuges mitgegebene Betriebsanleitung sowie die örtlichen und betrieblichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind.


Zur Anschnallpflicht wird in der DGUV Vorschrfit 68 sowie der zugehörigen Durchführungsanweisung (DA) folgendes ausgeführt:

"Flurförderzeuge dürfen nur bestimmungsgemäß verwendet werden." (§ 6 der BGV D 27).

und

"Die bestimmungsgemäße Verwendung ergibt sich aus der Betriebsanleitung des Herstellers.

Hierzu zählt auch, dass bei Vorhandensein einer Fahrerrückhalteeinrichtung diese benutzt wird. Dies bedeutet z. B., dass

- bei einer Fahrerkabine die Türen geschlossen,

- Bügeltüren geschlossen,

- Fahrersitzbügel in Schutzstellung gebracht

oder

- Fahrersitzgurte angelegt

werden." (zu § 6 der DA zur BGV D 27)

Ausnahmen von dieser Regelung werden nicht genannt und können auch nicht durch eine Gefährdungsbeurteilung erreicht werden.


Hinweise:

Für den Betrieb von Flurförderzeugen in Schmalganglagern enthält Abschnitt F zusätzlich besondere Bestimmungen.