Inhaltsbereich

KomNet-Wissensdatenbank

Kann ich in Bezug auf ein Beschäftigungsverbot ein weiteres Attest von einem anderen Arbeitsmediziner verlangen?

KomNet Dialog 26683

Stand: 24.05.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

Favorit

Frage:

Ich arbeite als pädagogische Mitarbeiterin in einem Offenen Ganztag an einer Grundschule. Nun bin ich schwanger und besitze keine Immunität gegen Zytomegalie, Pertussis, Hepatitis A, B und C. Wir haben mittlerweile auch viele Flüchtlingskinder ohne bekannten Impfstatus. Die Arbeit mit diesen Kindern kann nicht unterbunden werden, da Sie im ganz normalen Betrieb mitlaufen. Für die Schulsozialarbeiterin an unserer Schule wurde daraufhin ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Mein Betriebarzt hält dies nicht für nötig, obwohl unser Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern enger ist. Wie sollte ich mich nun verhalten? Kann ich ein weiteres Attest von einem anderen Arbeitsmediziner verlangen?

Antwort:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet nach Bekanntgabe der Schwangerschaft eine individuelle und tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsbedingungen der Schwangeren durchführen. Ziel dieser Gefährdungsbeurteilung ist die Abschätzung aller Gefahren und deren Auswirkungen auf die Schwangerschaft sowie die Bestimmung der Schutzmaßnahmen. Hierbei sind auch alle infektionsgefährdenden Tätigkeiten zu bewerten. Wichtig dabei ist z. B. die Art, Häufigkeit, und Intensität des Kinderkontakts etc. zu bewerten. Die Gefährdungsbeurteilung muss von fachkundigen Personen ( z. B. Betriebsarzt ) durchgeführt werden. Falls der Arbeitgeber selbst nicht fachkundig ist, so muss er sich fachkundig, also von dem Betriebsarzt, beraten lassen, was offensichtlich in diesem Fall auch geschehen ist.


Eine mögliche höhere Infektionsgefährdung der Schwangeren durch Hepatitis A, B, C Viren bei täglichem Umgang mit Kindern ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen. Die Hepatitis B und C Viren werden hauptsächlich durch Blut und Blutprodukte übertragen. Eine denkbare Übertragungsmöglichkeit in Schulen besteht bei Verletzungen (Kratz- oder Bissverletzungen...). Daher sind Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr und gleichzeitiger Blutkontakt zu vermeiden.


Der Betriebsarzt als fachkundige Person berät den Arbeitgeber bezüglich der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen. Dabei muss er die gesetzlich vorgegebene Reihenfolge der Schutzmaßnahmen nach § 13 Mutterschutzgesetz (MuSchG) beachten!


Das Infektionsrisiko kann man bei Schmierinfektionen (CMV, Hepatitis A) durch Unterbindung der Infektionswege effektiv senken bzw. vermeiden. Dieses erreicht man durch das Tragen von geeigneter persönlicher Schutzausrüstung z. B. Handschuhe, durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen und durch konsequente Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften. Außerdem ist eine regelmäßige Schulung und Unterweisung der Beschäftigten über Hygiene und Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung der Infektionskrankheiten unerlässlich. Sollte die erste Schutzmaßnahme nicht durchführbar sein, kann man über einen Arbeitsplatzwechsel oder über eine Umsetzungsmöglichkeiten ohne Kinderkontakt nachdenken. Wenn diese zweite Schutzmaßnahme aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, greift erst dann ein Beschäftigungsverbot als allerletzte Schutzmaßnahme.


Hinweis:

Für den Mutterschutz sind in Nordrhein-Westfalen im allgemeinen die Dezernate 56 der Bezirksregierungen zuständig. Für Schulen liegt die mutterschutzrechtliche Zuständigkeit aber beim Schulministerium. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier.