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Ist es richtig, dass es bei Zytomegalie-positiven Schwangeren zu einer Reaktivierung oder Superinfektion während der Schwangerschaft kommen kann?

KomNet Dialog 21632

Stand: 27.02.2019

Kategorie: Besonders schutzbedürftige Personengruppen > Werdende und stillende Mütter > Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

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Frage:

Stimmt es, dass es bei Zytomegalie-positiven Schwangeren zu einer Reaktivierung oder Superinfektion während der Schwangerschaft kommen kann? Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass man auch Seropositive Schwangere nicht mit Kindern unter 3 Jahren arbeiten lassen könnte und man sich somit auch die Antikörperbestimmung sparen könnte. Bezug Artikel aus ASU 48 von 11/2013 "Zytomegalie" von Jutta Kindel

Antwort:

zu 1: "Stimmt es, dass es bei Zytomegalie-positiven Schwangeren zu einer Reaktivierung oder Superinfektion während der Schwangerschaft kommen kann?"


Ja, es stimmt. Nach einer Erstinfektion verbleibt das Virus lebenslang im Körper.


Bei immungeschwächten Personen kann es zum Wiederaufleben des Virus bzw. zur Zweitinfektion mit einem anderen CMV Genotyp kommen. Die klinische Bedeutung von Zweitinfektionen mit einem genotypisch unterschiedlichen Virus sowie die genaue Prognose dieser Infektion sind noch ungeklärt. Dies kann auch in der Schwangerschaft vorkommen, schätzungsweise etwa bei 1% der durchseuchten Schwangeren.


Da diese Schwangeren bereits eine bestehende Immunität (IgG-Antikörper) haben, wird durch mütterliche IgG-Antikörper auch die Leibesfrucht teilweise geschützt. Die Übertragungsrate beträgt nur 1%.


Dagegen ist die transplazentare Übertragungsrate bei der Erstinfektion der Schwangeren deutlich höher. Sie hängt von dem Infektionszeitpunkt während der Schwangerschaft ab:

1. Trimenon 30 - 42%

2. Trimenon 38 - 45%

3. Trimenon 64 - 77%


zu 2. "Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass man auch Seropositive Schwangere nicht mit Kindern unter 3 Jahren arbeiten lassen könnte und man sich somit auch die Antikörperbestimmung sparen könnte."


Das stimmt so nicht! Ohne Antikörperbestimmung kann man seronegative, nichtimmune Schwangere nicht identifizieren. Die Abklärung des Immunstatus hat neben der mutterschutzrechtlichen Schutzauftrages vor allem primärpräventive und diagnostische Relevanz. Im Handbuch „Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“ der DGPI wird darauf hingewiesen, dass werdende Mütter möglichst vor Schwangerschaftsbeginn ihren CMV-Antikörperstatus bestimmen lassen sollten.


Eine CMV-Infektion verläuft in der Regel symptomlos. Asymptomatisch infizierte Kinder scheiden große Mengen von Viren über den Urin und den Speichel aus, so dass das Übertragungsrisiko häufig schwer erkennbar ist. Deswegen sollen Schwangere die Kinder unter 3 Jahren betreuen über Infektionsrisiken, Übertragungswege und Schutzmaßnahmen aufgeklärt werden.


Ein Beschäftigungsverbot ist als letzte Schutzmaßnahme indiziert. Die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Mutterschutzgesetz vorgegebenen Rangfolge der Schutzmaßnahmen muss eingehalten werden. Vorrang hat eine andere Tätigkeitszuweisung, wie z. B. nicht pflegerischen Tätigkeiten, strikte Einhaltung der Hygienemaßnahmen, etc.


Falls dies nicht möglich ist, sollte man die Möglichkeiten einer Umsetzung prüfen. Erst wenn die ersten zwei Schutzmaßnahmen nicht möglich bzw. nicht realisierbar sind, kommt ein Tätigkeitsverbot in Frage.


Weiterführende Literatur:


1. RKI-Ratgeber für Ärzte :Zytomegalievirus-Infektion

2. Handbuch „Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“ der DGPI

3. AWMF Leitlinie "Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen"